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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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ich mich auf Ihr edles Schuhwerk übergebe.»
    Die nächsten Minuten schwieg ich. Für mein zivilisiertes Herz war das eindeutig zu viel. Für meinen Magen sowieso. Ich vermisste mein Zuhause, mein Sofa, meinen Holgi... Ich würde es nie im Leben aushalten, hier gefühlte Jahre zu verbringen!
    Was hatte dieser bescheuerte Magier noch gesagt? Wann würde ich wieder aufwachen? Wenn ich herausgefunden hatte, was die wahre Liebe ist. Aber ich dachte doch immer, meine Liebe zu Jan ist die wahre Liebe?
     

16
    Je länger wir durch die Stadt fuhren, desto wohlhabender wurde es. Die Kutschen auf den Straßen häuften sich, an vielen Häusern gab es goldene Türbeschläge, es roch kaum noch nach Urin, und die Frauen trugen Kleider, deren Korsagen aussahen, als wären sie von äußerst kreativen Sadisten erdacht. Die Männer liefen jetzt fast alle in edlen Strumpfhosen herum, also waren diese doch kein Anzeichen für eine homosexuelle Orientierung - denn wenn alle diese Strumpfhosenträger hier schwul waren, wäre England wohl schnell ausgestorben. Allerdings sprach die Mode der Männer stark dafür, dass die angesagten Designer keine Heteros waren. Aber in welcher Zeit waren sie das schon?
    Ein Mann in schwarzer Kleidung, er hatte etwas von einem Mönch, stand auf einer Stadtmauer und rief aus: «Es ist zwölf Uhr, und alles ist gut im Staate Engeland!» Der Kerl war wohl so etwas wie die hiesige Zeitansage.
    «Alles gut?», spottete Walsingham. «Das ist eine etwas euphemistische Betrachtungsweise.»
    Ich wollte gar nicht erst nachfragen, warum es im Staate Engeland vielleicht doch nicht gut war, schließlich ging es mir gerade deutlich schlechter als dem ollen Engeland.
    «Ob es England wirklich gut geht, wird von Ihnen abhängen, Shakespeare.»
    Ich blickte ihn erstaunt an. Das Schicksal des Landes hing von einem Stückeschreiber ab? Wie das? Und wenn dem so war und ich in dem Körper von Shakespeare steckte, dann war das sicherlich keine gute Nachricht für das Land.
    Oder für mich.
    «Und wenn Sie Ihre Aufgabe nicht erfüllen, wird es auch Ihnen schlecht ergehen, so schlecht wie dem Herrn, den wir eben gesehen haben.»
    Hatte ich's doch geahnt!
    Die Kutsche bog nun auf einen Kiesweg ein und fuhr auf einen Palast zu. Es war nicht Buckingham Palace, den ich aus Dokus über Prinzessin Diana kannte. Dieser war viel weniger schmuckvoll. Hier lebte offenbar eine Queen, die sich über andere Dinge Gedanken machte als über die Außendeko. Die Kutsche hielt an, und eine Garde von Soldaten in schmucken blau-roten Uniformen empfing uns. Die Halskrause bedeutete ihnen, zur Seite zu treten, die Soldaten folgten dem Befehl eilig - Walsingham war nun mal ein Mann, dem man einfach unglaublich gerne aus dem Weg ging. Wir betraten die hohen Hallen des Palastes. Überall standen mächtige Säulen, an den Wänden hingen riesige, hässliche Teppiche und viele Gemälde, auf denen mittelalterliche Schlachten zu sehen waren, bei denen man nicht gerne dabei gewesen wäre. Walsingham ging mit mir auf eine große Eichentür zu, vor der Soldaten standen. Er hielt an und sagte zu mir:«Ich will, dass Sie mir ein Liebessonett schreiben.»
    Ein Sonett? Das war eine Art Gedicht, so viel wusste ich gerade noch, aber warum wollte er so eins haben? War er in mich verknallt? Waren etwa doch alle schwul?
    «Das ist wohl kaum für England», fragte ich.
    «Nein», erwiderte er, und plötzlich blühte so etwas wie Gefühl in ihm auf: «Ich will es einer ganz besonderen Frau überreichen.»
    Der Mann hatte Gefühle ? In wen konnte sich so einer wohl verlieben? In die böse Hexe von Oz? Walsingham merkte, dass ich ihn skeptisch anblickte, wurde daraufhin wieder strenger, packte mich am Arm und ging zu der Eichentür. Die Soldaten öffneten sie geschwind, und wir betraten einen Saal, an dessen Ende auf einem goldenen Thron eine Frau saß. Sie war schätzungsweise Mitte fünfzig, trug ein gewaltiges golden-weißes Korsagenkleid und hatte ein Diadem auf dem Kopf. Ihr nach oben gestecktes Haar war feuerrot, und ihr blasses Gesicht schien zu sagen: Mit mir ist nicht gut Kirschen essen.
    Walsingham sagte «Eure Hoheit» und machte eine Verbeugung. Als er merkte, dass ich keine machte, stieß er mir den Ellenbogen in die Rippen, und ich verbeugte mich daraufhin auch.
    «Lassen Sie uns allein, Walsingham», befahl die Queen. Ihm gefiel das nicht, aber er beugte sich ihrem Willen und ging -
    «Schön, Sie zu sehen, Shakespeare», begrüßte mich die Queen, ohne dass

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