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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Vergangenheit richtig Spaß. Um genau zu sein, ich hatte das erste Mal seit ziemlich langer Zeit richtig Spaß.
     
    Ich hatte das erste Mal seit langem aufrichtige Freude. Um ehrlich zu sein, ich hatte das erste Mal seit der großen Katastrophe in Stratford richtige Freude.
     
    Sollte ich meine Seele vielleicht doch mögen können?
     

33
    Rosa und ich fabulierten die Geschichte vom Schäfer, dem Pfarrer und dem Stängelein weiter, stellten dabei unter anderem fest, dass der Begriff jetzt eine Sodomie-Konnotation besaß, und hatten dabei wirklich viel Freude. Aus unserem gemeinsamen Gelächter wurde nach und nach - je schläfriger Rosa wurde - gemeinsames Schmunzeln, und am Ende schlief sie zufrieden ein. Ich fragte mich, wie Rosa wohl als Mensch ausgesehen hatte, wie es wohl sein mochte, sie als Frau so auf der Liege zu sehen. War sie bezaubernd? Gar betörend? So betörend, wie sie geistreich war?
    Doch ich vertrieb diesen Gedanken, ich durfte nicht erneut wertvolle Zeit verlieren. Ich erlangte wieder die Kontrolle über meinen Körper, zog die dreckigen Kleider aus, ging mich eilig waschen, fand neue Kleidung in den Truhen des Theaters und begab mich auf den Weg zu dem Alchemisten Dee. Ich wandelte durch das nächtliche Southwark, dessen Straßen so gut wie menschenleer waren. Um diese Zeit befand sich nur noch das Gesindel unter dem Gesindel auf den Straßen und in den Hurenhäusern: Diebe, Räuber, Finanzbeamte. Ich hastete vorbei an Henslowes Bordell, das soeben seine Pforten schloss. Die Freier torkelten auf die Straßen, einige mussten sich bereits am Gemächt kratzen. Ich überlegte mir, ob ich nicht vielleicht auch einen kleinen Abstecher in das Bordell machen sollte - wir Theaterleute bekamen dort Rabatt und wurden auch nach Schließung des Ladens bedient - doch da torkelte der betrunkene Kempe mit einigen von Henslowes Schlägern aus dem Hurenhaus heraus. Warum war er mit diesen verachtungswürdigen Lumpengestalten da gewesen? Warum bedankten sie sich bei ihm für die Einladung ? Und vor allen Dingen: Warum bedeutete er mir händefuchtelnd, ich solle verschwinden?
    Irgendein Unheil, so kombinierte ich, musste Rosa mit Phoebe angerichtet haben. Entweder hatte sie das kleine Biest entjungfert. Oder sie hatte genau das nicht getan. Und wenn man bedachte, welche Scham Rosa bei der Idee empfand, mich zu waschen, lag das Problem wohl eher in einer Nicht-Defloration begründet. Doch mit diesem vergleichsweise unbedeutenden Dilemma würde ich mich ein andermal beschäftigen. Zunächst einmal musste ich Rosa aus meinem Körper loswerden.
    Ich hastete von dem Bordell durch die leeren Gassen in Richtung Themse. Dort lieh ich mir ein kleines Boot, ruderte auf dem von Fackeln erleuchteten Fluss hinab zu einem alten, von den Normannen während ihrer Herrschaft erbauten Steingemäuer. Hier war der Sitz des Alchemisten Dee. Ich klopfte an das schmiedeeiserne Tor, und binnen weniger Sekunden öffnete mir ein kleiner Chinese mit einem Schnurrbart, einer schwarzen Kappe und einem grünen Gewand. Er fragte mich: «Was ist Ihr Begehl?»
    «Mein Begehr ist es, John Dee zu sehen. Mein Name ist William Shakespeare.»
    Der Asiate strahlte mit einem Male, als er meinen Namen hörte: «Shakespeale?... Ich liebe
    Er war ein Liebhaber meiner Kunst! Ich wusste es schon immer: Meine Stücke vermochten Menschen aus aller Herren Länder zu begeistern.
    «Was genau lieben Sie denn an dem Stück?»,fragte ich, als wir die große steinerne Eingangshalle betraten. Ich hörte immer wieder gerne Komplimente über meine Arbeit.
    «Die schönen Menschen dalin stellen sich immel so dumm an.»
    Ja, dies war eins der großen Geheimnisse von guten Geschichten: Man wollte sehen, dass schönere und reichere Menschen es auch schwer hatten. Daher schrieb ich über die Ängste von Herrschern, die liebestollen Spiele von Grafen und die Inzestlieben der Könige.
    Der chinesische Theaterfreund führte mich in einen Raum, in dem sich viele Sternkarten befanden, mit deren Hilfe Dee Adeligen - und wie man munkelte, sogar der Königin - Horoskope erstellte. Es hingen zudem überall Teppiche aus Asien an den Wänden. Sicherlich waren diese - wie auch der kleine Chinese - alles Mitbringsel von Dees legendären Reisen in das ferne Asien. Der Alchemist selbst war an seinem steinernen Schreibtisch mit einer Lupe über ein chinesisches Pergament gebeugt, auf dem eine Sternkarte abgebildet war. Womöglich erstellte er

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