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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Meinung mit Shakespeare, der wohl gerade in Gedanken sein zukünftiges, von der Gräfin finanziertes einstürzen sah. Ich konnte diese Frau zwar nicht besonders leiden, aber sie hatte weder eine Zwangsehe noch eine Hinrichtung verdient.
    Ich rannte daher der Queen hinterher und rief: «Warten Sie, Eure Majestät.»
    Sie blieb stehen, drehte sich um, und ich bat sie: «Geben Sie mir noch etwas Zeit.»
    Die Queen betrachtete mich eindringlich. Nach einer Weile antwortete sie: «Ich mag Sie, Shakespeare. Ich werde in zwei Tagen ein großes Fest auf dem Armada-Schiff des Admirals Drake geben. Bis zu diesem Fest sollten Sie Erfolg haben. Andernfalls werde ich Essex und die Gräfin dort miteinander vermählen. Aber ich warne Sie, enttäuschen Sie mich nicht!»
    «Das werde ich gewiss nicht», plapperte ich dankbar, «ich steh nämlich überhaupt nicht auf Enttäuschungen. Die sind immer so enttäuschend und ...»
    «Ich habe Sie verstanden», sagte die Queen in scharfem Ton und rauschte mit wehendem Kleid aus dem Labyrinth. Ich setzte mich wieder auf die Bank und tupfte mir den Schweiß von der Stirn: Ich hatte - für den Moment wenigstens - die Gräfin gerettet. Und unwillkürlich dachte ich: Jetzt war ich wohl nicht mehr ganz so ein Klischee: Welche Hollywoodheldin in den romantischen Komödien setzte sich schon für die makellose Gegnerin ein? Mann, sollte ich durch die Reise in die Vergangenheit etwa zu einem reiferen Menschen geworden sein?
    Ich blickte mit diesem schönen Gedanken hoch in den Himmel, sah über die Hecken in die Bäume und betrachtete die Wipfel. Es war ein so schöner Sommertag, der Himmel war blau, und die Luft war warm, mit genau der richtigen Brise Wind, dass man nicht schwitzen musste. In den Ästen saßen singende Vögel, hüpfende Eichhörnchen und schwarzgekleidete Männer mit Pfeil und Bogen...
    Ich erkannte sie sofort wieder, es waren die spanischen Spione, die mir in Shakespeares Wohnung gedroht hatten, mich zu killen, falls ich der Queen helfen sollte, Essex mit der Gräfin zu verkuppeln.
    Tja, in der Vergangenheit gibt es nun mal keine Verschnaufpause.
     

38
    «Wer sind diese Männer, die da oben in den Bäumen hocken?», begehrte ich zu wissen.
    «Nun, es sind jedenfalls keine Ornithologen», antwortete ich lakonisch und hatte tierischen Schiss, dass sie jeden Moment ihren Bogen auf mich richten würden.
    « Was sind < Ornithologen> ?»
    «Menschen, die Vögel beobachten.»
    «Warum in drei Teufels Namen sollte man Vögel beobachten?»
    «Das ist eine Freizeitbeschäftigung für diese Leute ...»
    «Wer ist denn so töricht, dass er so einer tristen Freizeitbeschäftigung nachgeht?»
    «Nun, da gibt es diesen Schriftsteller Jonathan Franzen, und... ach, das ist doch jetzt völlig scheißegal!»
    « Oder meintest du: Leute, die Menschen beim < Vögeln> beobachten? Wir nennen diese Sorte von Mensch allerdings nicht Ornithologen...»
    «Könnten wir uns vielleicht auf das vorliegende Problem konzentrieren? Diese Leute wollen uns umbringen, verdammt nochmal!!!»
    «Oh», schluckte ich, «in dem Falle wäre es mir lieber, es wären < Ornithologen >.»
    Hastig erklärte ich Shakespeare, dass es sich bei den Männern um spanische Spione handelte und weswegen sie uns an den Kragen wollten. Ihn überraschte dies alles nicht, lebte er ja schon länger als ich in politisch komplexen Zeiten. Ich fragte Shakespeare, wer wohl der Anführer dieser Männer sein mochte. Aber er erwiderte nur, dass er es nicht wisse und dass es unglaublich schwer sei, solche Machenschaften auch nur ansatzweise zu durchschauen:
    « Wer versucht, die Politik zu verstehen, wird zwangsläufig im Wahnsinn enden.»
    Shakespeare beruhigte mich, dass diese Leute in Anwesenheit der königlichen Garden nicht versuchen würden, uns zu killen. Ich ging daraufhin zurück ins Schloss, durch einen anderen Ausgang wieder hinaus und verließ so das Gelände durch ein Tor, das sich weit abseits von den Bäumen befand, in denen die Spione saßen. Sie konnten uns nicht sehen, aber es war gewiss, dass sie den Weg überwachen würden, der nach London führte. Die Frage war daher: Wohin sollten wir nun? Bleiben war zu gefährlich. In die Stadt zurückzukehren war noch gefährlicher. Da machte Shakespeare einen Vorschlag:
    «Es gibt nur einen Ort, an dem wir sicher untertauchen können: Stratford-upon-Avon. Meine Heimat.»
     

39
    Am Abend erreichten wir Stratford-upon-Avon, einen kleinen Ort mit wenigen Straßen, die sehr

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