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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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fragte ich.
    Sie antwortete nicht, mochte wohl nicht mit jedem dahergelaufenen Queren über ihre Probleme reden.
    «Verzeihen Sie, meine Königin, ich war wohl etwas zu neugierig», sagte ich.
    «Nein, nein, verehrter Shakespeare, es ist schon gut. Lassen Sie uns reden. Ich benötige jemanden, dem ich mein Herz ausschütten kann.»
    «Okay...»
    «Aber ich muss Sie warnen. Der letzte Quere, dem ich mein Herz ausschüttete, tratschte am Hof meine Geheimnisse weiter.»
    «Und was ist mit ihm passiert?»
    «Das wollen wir nicht wissen!»
    «Ich habe ihn an seiner Zunge aufhängen lassen», lächelte die Queen, und ich musste mich schütteln.
     «Was hob ich dir gesagt, Rosa? Wir wollen das nicht wissen.»
    «Ich werde Ihnen jetzt erzählen, was mein Herz beschwert», hob die Königin an. «Eine Königin darf nie privat sein. Sie darf sich nie verlieben. Höchstens in einen Mann königlichen Geblüts. Doch wissen Sie, wer die Männer königlichen Geblüts sind, die derzeit um mich werben?» «Nein, das weiß ich nicht.»
    «Der König von Dänemark ist ein grobschlächtiger Mann, der mir bei einem Bankett anvertraute, dass er gerne mehrere Zofen gleichzeitig in seinem Bett beglückt, und mich fragte, ob ich nicht gerne Zeuge seiner legendären Potenz sein möchte. Der schwedische König hingegen kann seine Blase nicht mehr kontrollieren, und der italienische Prinz liebt es dem Vernehmen nach, sich als Frau zu verkleiden.»
    Wow, dachte ich bei mir, die Königin hatte ja eine noch schlechtere Auswahl als ich bei Elite-Liebe.de.
    «Und die adeligen Edelmänner, in die ich mich verliebe, sind für mich tabu.»
    «Wie Essex», sagte ich leise.
    Sie antwortete nicht. Aber ihr trauriger Blick gestand, dass ich damit ins Schwarze getroffen hatte. Sie tat mir nun richtig leid.
    Ich erinnerte mich daran, dass irgendwann um 1930 oder so ein englischer Thronfolger auf die Krone verzichtet hatte, um seine bürgerliche Liebe zu heiraten. Daher fragte ich, zugegeben etwas naiv: «Und was wäre, wenn Sie einfach abdanken würden? Jemand anderes die Krone übergeben?»
    «In diesem Falle würde meine Halbschwester Maria die Thronfolge erlangen. Sie würde das Land in die Hände der Spanier geben, und mein England würde seine Größe, seine Würde und seinen Stolz verlieren. Es würde vor die Hunde gehen!»
    Man konnte an ihrem angewiderten Gesicht erkennen, wie unerträglich ihr dieser Gedanke war.
    «Sie lieben England mehr als Ihr eigenes Glück?»
    «Ja», antwortete sie aufrichtig und mit würdevollem Stolz in der Stimme.
    Ich betrachtete sie. Diese Frau liebte ihr Land. Sie hatte damit etwas, was ihrem Leben einen Sinn gab. Damit hatte sie mehr Lebensinhalt als die meisten Menschen. Auch mehr als ich.
    Sollte ich von ihr lernen? Dass die wahre Liebe nicht einem Menschen gilt, sondern einer höheren Sache?
    «Ich bin sogar bereit», redete die Queen weiter, «den Mann, den ich liebe, nach Irland zu schicken, in den Krieg. Für England setze ich sein Leben aufs Spiel.»
    Für einen ganz kurzen Moment war ihre Stimme zittrig, doch dann fand sie ihre Contenance wieder und verkündete aus tiefster Überzeugung: «Für England tue ich dies aus vollem Herzen.»
    Sie war bereit, ihre Liebe zu opfern. War es das: Wahre Liebe heißt, Opfer zu bringen?
    Ich wehrte mich gegen diesen Gedanken. Mit aller Macht! Ich wollte nicht wie die Queen enden. Als eine unglückliche Frau, die sich für ein höheres Ziel opfert. Es musste doch noch einen anderen Weg geben. Einen schöneren. Einen freudvolleren.
    «Wird die Gräfin nun Essex aufsuchen und lieben?», fragte die Königin und kam damit zurück auf das Geschäftliche.
    «Dies braucht sicherlich noch etwas Zeit», antwortete ich, ohne ihr mehr zu verraten.
    «Wir haben aber keine Zeit. Unsere Armee in Irland wird zurückgeschlagen. Essex muss sie bald anführen, oder die Niederlage Englands ist gewiss. Ich werde meine Garde anweisen, die Gräfin zu holen.»
    «Sie zu holen?», fragte ich irritiert.
    «Ich werde sie zwingen, den Earl zu heiraten», erklärte die Queen und stand von der Bank auf. Es war unglaublich: Die Queen wollte ihre große Liebe nicht nur in den Krieg schicken, sie wollte ihn auch noch mit einer anderen Frau verheiraten!
    «Aber», fragte ich die Königin, «was ist, wenn die Gräfin nicht heiraten will... ?»
    «Wenn sie dazu nicht bereit sein sollte, werde ich sie hinrichten lassen.»
    «Rosa, das... das dürfen wir nicht zulassen...»
    Da war ich doch glatt mal einer

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