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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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streitbaren Häusern. Und es gelang mir, wie ich stolz feststellen durfte. Doch dieser Friede wurde von Annes Cousin Tybalt hintertrieben. Ein Mann, den Anne von Kindesbeinen an wie einen Bruder liebte. Aus falschem Stolz hetzte Tybalt gegen William, behauptete, er wäre untreu.»
    Und das klang wie .
    «Shakespeare indes verspottete mit flinker Zunge seinen Cousin und bezeichnete ihn als einen . Tybalt wurde immer hasserfüllter und verunsicherte die sensible, gutgläubige Anne mit immer neuen Lügen. Schließlich wollte er seiner Cousine beweisen, um was für einen untreuen Lump es sich bei Shakespeare handelte. Und da sich dieser von sich aus keine Fehltritte erlaubte - dafür liebte er seine Anne viel zu sehr -, beauftragte Tybalt vier edle Huren, ihn zu verführen.»
    «Und Shakespeare ließ sich von ihnen verführen...», flüsterte ich. Da war es William also genauso ergangen wie mir mit dem Sportlehrer Axel. Dass unsere dusselige Seele in jedem Jahrhundert den gleichen blöden Fehler begehen würde...
    «Nein!», protestierte Lorenzo. «Er blieb standhaft. Selbst der Schuft Tybalt musste dies einsehen.»
    Ich war nun völlig überrascht. Der Frauenvernascher Shakespeare war viel treuer als ich?
    «Du hast schon immer gesagt», erklärte Lorenzo, «dass ein Geschlechtsakt ohne Liebe dir so viel Freude bereitet wie das Halten deines Hodens in einen Brennnesselbusch.»
    Shakespeare war also ein Mann, dem Sex ohne Liebe nichts bedeutete. Das machte ihn noch viel sympathischer.
    Und jetzt hatte der arme Kerl anscheinend nur noch Brennnessel-Sex ohne Liebe.
    «Die Huren setzten ihre ganze Weiblichkeit ein bei dem Versuch, ihn zu verführen, und wahrlich, sie hatten Unmengen an Weiblichkeit aufzubieten. Doch William Shakespeare blieb standhaft, und damit meine ich nicht sein Geschlechtsteil.»
    Ich schaute unwillkürlich zu meiner Strumpfhose, dann hastig wieder weg.
    «Die edlen Huren waren danach so geknickt, dass sie ins Kloster gingen. Allerdings darf ich nicht vergessen zu erwähnen, dass dieses Kloster seit jenem Tag sehr häufig von Edelmännern besucht wird und diese Herren dem Kloster anschließend viel Geld spenden.»
    Ja, in dieser Zeit hätte Papst Benedikt sicherlich Ausschlag gekriegt.
    «Tybalt war zornig, dass seine Scharade nicht fruchtete, wollte aber nicht aufgeben. Er parfümierte heimlich Shakespeares Hemd, berichtete Anne von dessen angeblichem Fehltritt, ließ die Huren, noch bevor sie ins Kloster verschwanden, als Zeugen auftreten - natürlich bestach er sie mit Geld -, und die arme, leichtgläubige, zerbrechliche Anne lief tränenüberströmt aus dem Hause, in unsere Dorfkirche hinein, um dort Zuflucht für ihre geschundene Seele zu finden. Shakespeare folgte ihr und setzte sich zu ihr auf die Kirchenbank. Er bat sie flehentlich, ihm zu vertrauen, aber egal, was er auch sagte, sie konnte es nicht. Die jahrelange Feindschaft zwischen den Familien war stärker als ihr Glaube an Shakespeare. Sie lief hoch in den Glockenturm, kletterte auf die Brüstung und wollte hinabspringen in den Tod.»
    Die Leute in diesem Jahrhundert neigten wirklich zum Drama. Andererseits: Diese Frau hatte sich umgebracht, weil sie glaubte, die wahre Liebe ihres Lebens verloren zu haben. Als ich Jan verloren hatte, aß ich nur Schokolade und trank Ramazzotti. Sollte Jan am Ende gar nicht meine wahre Liebe gewesen sein? War ich deswegen einfach bereit gewesen, ihn mit dem Sportlehrer zu betrügen? Shakespeare jedenfalls wollte seine Anne nicht betrügen ...
    «Shakespeare rannte hinauf zu seiner Anne in den Glockenturm. Er weinte, flehte sie an, von der Brüstung zu kommen, sonst würde er selber springen, doch sie konnte ihn nicht hören, denn just in diesem Moment wurden die Glocken zur vollen Stunde geschlagen. Shakespeare, der erkannte, dass er sie in ihrem Kummer nicht erreichen konnte, trat nun von hinten an sie heran. Er wollte rasch ihre Hand packen, sie im letzten Moment davor bewahren zu springen, doch da stürzte sie sich beim letzten Glockenschlag herab... in die Tiefe...»
    Mir stockte der Atem.
    «Shakespeare rannte zu ihr und sah, dass ihr Genick gebrochen, ihr liebliches Gesicht zerschmettert war. Er würde nie wieder ihr wunderbares sanftes Lächeln erleben. Völlig aufgelöst ging er daraufhin zu dem kleinen Flüsschen Avon, um nun auch sich das Leben zu nehmen. Doch da kam eine Schauspieltruppe vorbei - was,

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