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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Gedanke: Wenn ich genau wüsste, wem wir dieses Sonett widmen, wen wir lieblicher als einen Sommertag finden, könnte es auf den letzten Zeilen noch mehr Kraft entfalten. Bisher hatte es ja noch keinen konkreten Adressaten. Wer könnte es also sein, der lieblicher ist? Jan?
    Ich wünschte mir in diesem Augenblick wirklich sehr, Shakespeare wieder bei mir zu haben, um über alles mit ihm zu reden: über das Schreiben. Über die Liebe.
    Doch wie heißt es so schön: «Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst.»
    Nachdem ich mich in mein kleines Schwarzes gezwängt und mir im Flur meine einzigen hochhackigen Schuhe angezogen hatte, wurde mir mit einem Male schwarz vor Augen, und ich verlor das Bewusstsein.
     

46
    Das Erste, was ich nach dem Aufwachen spürte, war, dass ich auf sehr unsicheren Füßen stand. Ich blickte an mir herab und erkannte, dass ich Schuhe mit hohen, schmalen Absätzen trug. Und dass mein Leib mit einer Art Kleid bedeckt war. Verblüffend. Wer hatte mich wohl derart skurril ausstaffiert? War es der Alchemist? Jedoch, warum sollte er dies tun? Befand ich mich überhaupt noch in seinem Haus?
    Ich sah mich um: Ich befand mich nicht mehr bei Dee, sondern in einem fremdländischen Hause. An einer Wand hing ein eigenartiges Bild. Auf diesem wälzte sich in strahlend blauen Meereswellen ein nackter Mann, der, dem Schriftzug nach zu urteilen, auf den Namen Davidoff hörte. Wer hängte sich ein dermaßen gewagtes Bild an die Wand?
    Ich wollte mich weiter umsehen, knickte jedoch bei meinem ersten Schritt sofort um und fiel der Länge nach auf den hölzernen Boden. Laut schrie ich auf: «Verflucht noch eins, wer erfindet solche üblen Schuhe?»
    Erschrocken musste ich bei diesem Ausruf bemerken: Meine Stimme war nicht mehr die meine. Sie klang hoch, geradezu... weiblich...?
    Verwirrt richtete ich meinen Oberkörper auf, um diese Teufelswerkzeuge von Schuhen auszuziehen, von denen man annehmen musste, sie wären von den Folterern im Tower geschustert worden. Befand ich mich womöglich im berüchtigtsten Gefängnis der Menschheitsgeschichte? Hatte Walsingham mich verhaften lassen? War dies gar ein besonders übler Folterraum?
    Ich zog die Schuhe aus und entdeckte, dass meine Füße in einer dünnen schwarzen Strumpfhose steckten. Eine, die bei weitem nicht so wärmen konnte wie die, die ich sonst trug. Und vor allen Dingen bemerkte ich, dass es sich bei diesen Füßen nicht um meine handelte. Meine waren nicht so schmal wie diese hier, und vor allen Dingen waren meine Zehennägel nicht rot bemalt, außer wenn ich eine betrunkene Nacht mit meinen queren Freunden verbracht hatte.
    Eine machtvolle Panik stieg in mir auf. Ich fasste mir an mein rasend pochendes Herz und merkte dabei, dass ich im Brustbereich eine merkwürdige Wölbung aufwies. Genau genommen waren es zwei Wölbungen.
    Im Geiste resümierte ich die Tatsachen: Ich trug ein Kleid, meine Zehennägel waren rot, und ich besaß zwei Wölbungen auf der Brust. Ich zählte eins und eins und zwei zusammen und gelangte zu dem Ergebnis: «Heilige Mutter Gottes!!!»
    Mit aller Macht versuchte ich mich zu beruhigen, womöglich hatte ich einfach nur alles falsch zusammen addiert. Ich betastete nun ausführlich meine Brust, und da ich in Fragen weiblicher Anatomie durchaus eine Koryphäe war, ergab meine Analyse zweifelsfrei: Ich hatte einen Busen. Er hing etwas, aber das war in diesem Augenblick nicht wesentlich. Entscheidend war nur folgende Erkenntnis: «Himmelherrgott, ich habe einen Busen!!!»
     
    Das Erste, was ich instinktiv seufzte, als ich wieder aufwachte, war: «Shakespeare, könntest du bitte aufhören, mich zu befummeln?»
    Erst da realisierte ich, dass ich nicht mehr Herrin über meinen Körper war. Es war schon wieder etwas schief gelaufen, diesmal bei der Hypnose des Alchemisten. Diese verdammten Shinyen-Mönche müssten ihre ganze Pendel-Rückführungs-Sache mal schleunigst optimieren.
    «Bist... bist du das, Rosa?»
    «Nein, Frank-Walter Steinmeier», antwortete ich gereizt.
    «Frank-Walter Steinmeier?»
    «Natürlich bin ich Rosa!», erwiderte ich. War ich etwa auch so schwer von Begriff gewesen, als ich in seinem Körper gelandet war?
    «Ich ...ich befinde mich in deinem Körper... ?»
    «Ja, das tust du», bestätigte ich. Es war furchtbar, nur als Stimme im eigenen Körper zu agieren, ohne etwas anfassen oder spüren zu können. Ich fühlte mich so verdammt ohnmächtig, und das schmerzte mich so sehr, dass ich nicht mal darüber

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