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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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ich nicht lange warten: Zum Vorschein kamen Fässer. An denen Lunten befestigt waren.
     

59
    Bei den drei Männern, so wurde mir schlagartig klar, handelte es sich um die spanischen Spione, die mich im Auftrag ihres mysteriösen Chefs in Shakespeares Wohnung bedroht hatten. Die Lunten ließen schwer darauf schließen, dass sich in den Fässern Schwarzpulver befand. Offenbar wollten die Typen das Admiralsschiff in die Luft jagen. Keine Ahnung, ob das ein Selbstmordanschlag werden sollte oder ob sie rechtzeitig von Bord springen und die Sprengladung einfach in das Schiff treiben lassen würden, aber im Ergebnis kam es aufs Gleiche raus.
    Da ich als Einzige hinten am Heck stand, hatte die Attentäter außer mir noch niemand entdeckt. Mein erster Gedanke war, einfach ins Wasser zu springen und so schnell vom Schiff wegzuschwimmen, wie es mir möglich war.
    «Wir sollten einfach ins Wasser springen und so schnell wie möglich von hier wegschwimmen...»
    Shakespeare und ich dachten auch in dieser Hinsicht gleich. Jedoch würde die ganze Festgesellschaft in die Luft fliegen, wenn ich sie nicht warnte. Ich dachte an all die Leute, die sterben würden: die Königin, Walsingham, Drake und Adelige, die darüber lachen, wenn sich jemand die Nase verbrennt. Dabei stellte ich fest: Wow, von denen ist ja niemand auch nur ansatzweise sympathisch! Sollte ich für diese Menschen mein Leben riskieren? Und das von Shakespeare damit gleich mit? Das wäre ja so, als ob man das Leben seiner Liebe für eine Partygesellschaft, bestehend aus russischen Oligarchen, Investmentbankern und Paris Hilton, aufs Spiel setzte. Außerdem würde ich dann sterben, bevor ich William meine Gefühle gestehen könnte. Es wäre furchtbar, das Leben zu beenden, ohne ihm mein Herz geöffnet zu haben.
    Ich stand schon auf der Reling, um ins Wasser zu springen, da hielt mich just der Gedanke an mein Liebesgeständnis vom Sprung ab. Wie konnte ich, falls Shakespeare meine Gefühle erwiderte, unsere Liebe mit dem Tod unzähliger Menschen belasten?
    Ich stieg wieder von der Reling und erklärte: «Wir müssen die Festgesellschaft warnen.»
    «Die Wahrscheinlichkeit ist mir eindeutig zu groß, dass wir in diesem Fall sterben», hielt ich dagegen.
    «Wenn wir es nicht tun, haben wir viele Leben auf dem Gewissen», erwiderte ich bestimmt.
    «Von Menschen, deren Menschlichkeit arg zu wünschen übrig lässt.»
    Shakespeare hatte genauso viel Angst wie ich, aber er musste sie noch überwinden, deswegen provozierte ich ihn: «Was bist du? Ein Mann oder eine Maus?»
    «Ich hasse diese Frage.»
    «Antworte, William!»
    «Maus», erwiderte ich zögerlich.
    «Schon wieder die falsche Antwort.»
    «Mann», korrigierte ich nach einer Weile des Zögerns. Und es war die Wahrheit, hatte ich mich doch in der gemeinsamen Zeit mit Rosa von der jämmerlichen Maus, die ich vor wenigen Tagen noch gewesen war, zu einem Mann gewandelt. Einem, der sogar so viel Mut besaß, sich seinem Schmerz zu stellen.
     
    Ich rannte nun los in Richtung Hauptdeck. Admiral Drake kam mir entgegen, anscheinend wollte auch er mal etwas Ruhe abseits der Festgesellschaft finden. Sogleich wollte ich ihn warnen und rief aus: «Sir Francis ...»
    «Ich habe dir doch gesagt, du sollst das Schiff verlassen, Schmierfink!», zürnte er.
    «Schon ... aber da ist ein Boot, das sich dem Heck nähert ...», plapperte ich aufgeregt.
    «Ich weiß», unterbrach er mich.
    «Und auf dem sind spanische Spione!»
    «Ich weiß.»
    «Die wollen das Schiff in die Luft sprengen!»
    «Ich weiß.»
    «Der Admiral sagt für meinen Geschmack etwas zu oft », erklärte ich Rosa unangenehm berührt.
    Das war mir mittlerweile auch aufgefallen, daher stammelte ich verunsichert: «Ähem ... wir sollten die Königin warnen...»
    «Och ... ich weiß nicht», grinste Drake breit. Dann riss er mir mit einem Ruck brutal die Halskrause ab und packte mich fest an der Gurgel.
    «Mein Eindruck ist, er hat andere Pläne», stellte ich mit zitternder Stimme fest.
    Drake würgte mich und machte aus seinem Herzen keine Mördergrube: «Wie selbst ein Spatzenhirn wie du jetzt begriffen haben solltest, mache ich mit Spanien gemeinsame Sache.»
    Er war also der geheimnisvolle Chef der Spione. Die Frage war nur, warum? Drake hatte die englische Flotte zum Sieg gegen die spanische Armada geführt. Warum tat er sich jetzt mit den Gegnern der Krone zusammen?
    Prahlerisch erklärte er sich: «Die Königin hat mich trotz meiner Verdienste nicht zum

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