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Ploetzlich verliebt

Ploetzlich verliebt

Titel: Ploetzlich verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Henkel
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zum Park brauchten wir nur wenige Minuten. Hier gab es lange, geschwungene Wege, Pavillons, jede Menge Bänke und Papierkörbe zum Drüberhüpfen und einen schönen See. Perfekt fürs Freerunning. Zumindest solange es hell war.
    Jetzt in der Dunkelheit war der Park einfach nur unheimlich.
    Marli konnte sich gut an ihre Strecke erinnern, weil man sich bei so einem Run alle Hindernisse einprägt, die man überwindet. Mit unseren Taschenlampen bewaffnet leuchteten wir den Weg ab, ließen den Lichtstrahl hin und her wandern, suchten unter Bänken und in Papierkörben.
    Um uns herum knackte und raschelte es. Zum ersten Mal in meinem Leben fragte ich mich, ob es hier wilde Tiere gab. Also, große wilde Tier. Im fahlen Mondlicht sah alles ganz anders aus als sonst. Mir kam es so vor, als ob die Bäume und selbst die Pavillons zum Leben erwachten und sich bewegten. Und zwar auf uns zu. Fehlte gerade noch, dass sie die Arme nach uns ausstreckten.
    Einmal glaubte ich auch, ein lautes Atmen hinter mir zu hören, und fuhr hektisch herum. Im Strahl meiner Taschenlampe war niemand zu sehen.
    Â»Habt ihr das gehört?«, wisperte ich.
    Â»Ja«, hauchte Lunas Stimme. »Das ist bestimmt der Finstermann.«
    Â»Der Finster-was?«, fragte Marli.
    Â»Kennst du die Geschichte etwa nicht?« Luna hielt die Taschenlampe extra so, dass ihr Gesicht von unten angestrahlt wurde und sie aussah wie ein Zombie. Grünliches Gesicht, schwarze Augenhöhlen, und dann bleckte sie auch noch die Zähne. Wenn es nicht so gruselig gewesen wäre, hätte ich vielleicht gelacht.
    Â»Hier in diesem Park«, flüsterte sie, »treibt sich nachts der Finstermann rum. Er ist ungefähr zwei Meter groß und hat rot leuchtende Augen. Und immer, wenn er gesehen wurde, ist am nächsten Tag ein Mädchen verschwunden.« Luna riss jetzt die Augen weit auf.
    Marli keuchte leise.
    Â»Hör auf mit dem Schwachsinn, Luna«, zischte ich. »Das hast du dir doch gerade ausgedacht.«
    Luna kicherte und Marli stieß sie wütend in die Seite. Trotzdem jagte mir ein eiskalter Schauer nach dem andern über den Rücken. Irgendetwas … stimmte hier nicht. Was für eine idiotische Idee, mitten in der Nacht mit Taschenlampen nach einem Ring zu suchen. Ich wickelte meinen Schal fester um den Hals. »Das bringt doch sowieso nichts«, flüsterte ich so leise, dass ich meine Worte fast selbst nicht hören konnte.
    Â»Du hast recht, lasst uns schnell verschwinden«, gab Marli genauso leise zurück. »Ich glaube nämlich wirklich, dass da jemand ist.« Sie knipste ihre Taschenlampe aus und steckte sie in den Hosenbund. »Ich kenne den Weg in- und auswendig«, wisperte sie. »Falls uns jemand folgt, ist es besser, wenn er uns auch nicht sehen kann. Gebt mir eure Hand.« Sie streckte die Arme zu beiden Seiten aus.
    In diesem Moment hörten wir wirklich ein Keuchen. Lauter diesmal. Marli schrie auf und selbst Luna, der das Lachen vergangen war, packte meine Hand so fest, dass sie zu kribbeln anfing. Mir pochte das Herz bis zum Hals.
    Und dann rannten wir los, mitten durch die Dunkelheit. Einmal stolperte ich, aber Luna riss mich wieder hoch. Ich schnaufte laut vor Anstrengung und meine Beine fühlten sich an wie Pudding vor Angst. Eine Ewigkeit später, als wir endlich die beleuchtete Straße erreichten, glaubte ich, keine Luft mehr zu bekommen. Schwer atmend drehten wir uns alle drei um und blickten in den Park, der wie ein Ungeheuer zurückstarrte und seinen heißen Atem ausstieß. Fand ich zumindest, weil mir trotz der Abendkälte heiß war und der Schweiß über die Schläfen lief.
    Â»Nix wie weg hier«, stieß ich hervor, »wir können morgen bei Tageslicht weitersuchen.« Auf immer noch ganz wackeligen Knien staksten wir in Richtung von Marlis Wohnung.
    Erst als ich mich wieder einigermaßen gesammelt und stumm ermahnt hatte, mich verdammt noch mal zusammenzureißen, bemerkte ich das Unfassbare: Die Taschenlampe, die ich vor Marlis Haus aus meiner Hosentasche nahm, um sie ihr zurückzugeben, war … schwarz. »Das gibt es doch nicht!«, japste ich.
    Â»Was ist denn jetzt schon wieder?«, wollte Luna wissen.
    Â»Die … die Taschenlampe ist schwarz.« Ich hielt sie ihnen beiden vor die Nase. »Und vorhin, da hatte ich die rote. Tausendprozentig. Ich weiß das ganz genau, weil sie so gut zu meinem Kleid gepasst

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