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Poirot Rechnet ab

Poirot Rechnet ab

Titel: Poirot Rechnet ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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überhaupt erst durch die Berichte über seinen Tod. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mr Bleibner und er sehr viel Gemeinsames hatten. Er sprach auch nie davon, dass er Verwandte hatte.«
    »Wer waren die anderen Mitglieder des Unternehmens?«
    »Ja, da ist Dr. Tosswill, ein Angestellter des Britischen Museums; Mr Schneider vom Metropolitan Museum in New York; ein junger amerikanischer Sekretär; Dr. Ames, der Arzt, und Hassan, der treue ägyptische Diener meines Mannes.«
    »Können Sie sich an den Namen des amerikanischen Sekretärs erinnern?«
    »Harper, glaube ich, aber ich bin nicht sicher. Ich weiß nur, dass er noch nicht lange bei Mr Bleibner war. Ein sehr netter junger Mann.«
    »Vielen Dank, Lady Willard. Überlassen Sie das Weitere nur mir. Ich werde das Menschenmöglichste tun, um Ihren Sohn zu schützen.«
    Poirots Versicherungen klangen nicht gerade übermäßig beruhigend, und ich bemerkte, dass Lady Willard eine kummervolle Miene machte. Indessen schien es sie doch zu erleichtern, dass er ihre Sorgen sehr ernst genommen hatte. Als wir nachhause gingen, zog ich Poirot, bei dem ich nie zuvor eine Ader für das Übersinnliche hatte entdecken können, ein bisschen damit auf. Aber er blieb ernst.
    »Aber Hastings, ich glaube durchaus an diese Dinge. Sie sollten die Macht des Glaubens an überirdische Kräfte nicht unterschätzen.«
    »Was haben Sie nun vor?«
    »Toujours pratique, der gute Hastings! Eh bien, zunächst werden wir nach New York telegrafieren, um nähere Details über den Tod des jungen Mr Bleibner zu bekommen.«
    Er sandte das Telegramm ab. Die Antwort war ausführlich und präzise. Der junge Rupert Bleibner hatte schon einige Jahre in undurchsichtigen Verhältnissen gelebt. Er hatte dunkle Geschäfte auf verschiedenen Südsee-Inseln vermittelt; dann mehr oder weniger als beachcomber gelebt, war vor zwei Jahren nach New York zurückgekehrt und immer tiefer gesunken. Die wichtigste Frage war – nach meiner Ansicht –, wie er es fertig gebracht hatte, so viel Geld zu leihen, um nach Ägypten fahren zu können. »Ich habe dort einen guten Freund, der mir etwas Geld leihen wird«, hatte er erklärt. Seine Hoffnungen hatten sich jedoch nicht erfüllt. Enttäuscht und seinen Halsabschneider von Onkel verfluchend, der sich mehr für die Gebeine der toten Könige als für sein eigenes Fleisch und Blut interessierte, war der junge Rupert nach New York zurückgekehrt.
    Dort hatte er sich erneut in ein wüstes Leben gestürzt, dann, ohne ersichtlichen Grund, Selbstmord begangen und einen Brief hinterlassen, der einige merkwürdige Sätze enthielt. Er schien in einem etwas sonderbaren Anfall von Reue geschrieben worden zu sein. Er nannte sich selbst einen Aussätzigen und Ausgestoßenen, und der Brief endete mit der Erklärung, dass es besser sei, wenn Menschen wie er tot seien.
    Eine schattenhafte Idee ging mir durch den Kopf. Ich hatte nie richtig an den Fluch eines längst verstorbenen ägyptischen Königs zu glauben vermocht. Vielmehr ahnte ich hier ein ganz modernes Verbrechen. Vielleicht hatte der junge Mann geplant, seinen Onkel zu beseitigen – wahrscheinlich durch Gift. Durch einen Irrtum bekommt Sir John Willard die tödliche Dosis. Von seinem Gewissen geplagt, kehrt der junge Mann nach New York zurück. Dort erreicht ihn die Nachricht von dem Tod seines Onkels, und er erkennt, wie unnötig sein Verbrechen war, und von Gewissensqualen gepeinigt, nimmt er sich das Leben. Ich teilte Poirot meine Theorie mit. Er hörte interessiert zu.
    »Recht genial, was Sie sich da ausgedacht haben – wirklich recht genial! Vielleicht ist es so gewesen. Aber sollten Sie nicht doch auch den fatalen Einfluss des Grabes in Betracht ziehen?«
    Ich zuckte die Schultern. »Glauben Sie denn immer noch, dass das etwas damit zu tun hat?«
    »Ich bin sogar überzeugt davon, mon ami, so sehr, dass wir morgen nach Ägypten abreisen.«
    »Was?«, rief ich erstaunt.
    »Ja, Sie haben richtig gehört.« Ein Ausdruck von betontem Heldentum breitete sich über Poirots Gesicht. Dann stöhnte er: »Wenn bloß dieses Meer nicht wäre! Dieses vermaledeite Meer!«
     
    Eine Woche später: Unter unseren Füßen breitete sich der Sand der Wüste. Eine heiße, unbarmherzige Sonne schien auf unsere Köpfe. Poirot, ein Bild des Jammers, trottete an meiner Seite. Das Reisen bekam dem kleinen Mann ganz und gar nicht. Unsere viertägige Fahrt von Marseille aus war für ihn eine einzige Qual. Als er in Alexandria landete, war er nur

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