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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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an, bitte sie, zum Großmarkt zu fahren, eine Menge Äpfel, Orangen, Bananen zu kaufen – ich habe seine Saftpresse gefunden, Gemüse brauche ich auch, Tee, Sprudelwasser usw.
    »Bist du krank?«, fragt sie mich. »Nein, aber ein Freund.« Ich gebe ihr die Adresse, und sie verspricht mir, mir alles gegen sieben vorbeizubringen, wenn sie Feierabend macht. Derweil nehme ich seinen größten Topf, fülle ihn mit Wasser und koche es auf, werfe die Brühwürfel hinein und koche ihm eine Hühnerbrühe mit Petersilie, die Kraft geben soll. Er muss ja schließlich was essen und trinken, sonst trocknet er aus.
    »Danke, dass du für ihn da bist.« Die Stimme hinter mir lässt mich herumfahren. Hinter mir steht diese durchscheinende Frau, die sich gerade die Hände wäscht.
    »Sie ... du ... Ihr ... seid sein Schutzgeist, nicht wahr?«, frage ich, kurze Zeit verwirrt.
    »Ich bin seine Tante«, erwidert sie mit einem unergründlichen Lächeln. »Seine Eltern sind schon lange tot, und er ist bei mir aufgewachsen, bis auch ich gestorben bin«, antwortet sie auf meine nicht gestellte Frage. »Dann haben meine lieben Verwandten ihn ein Jahr herumgeschubst, bis er in ein Internat gekommen ist.«
    Ich überlege kurz, frage sie dann: »Hatte er viele Menschen, die ihm etwas bedeuteten?« – »Nein. Nur mich, soweit ich weiß. Und dich. Er liebt dich, aber er traut es sich selbst nicht zu.« Sie spricht etwas aus, was ich geahnt habe.
    »Er macht es Menschen sehr schwer, an ihn heranzukommen«, entgegne ich ihr, während ich mich wieder der Brühe zuwende und sie umrühre. »Ich sehe doch selbst, wie er sich windet und dreht, aber ich kann und werde es ihm nicht zu leicht machen.« Das ist es.

    Und seine Tante? Sie streut ein paar Kräuter in die Brühe, die einen angenehmen Duft verbreiten, und legt den Deckel wieder drauf, während ich mich abwartend gegen seinen Kühlschrank lehne.
    »Er liebt dich, und das weißt du auch«, sagt sie mit Bestimmtheit. »Und du liebst ihn auch, sonst wärest du nicht bei ihm.«
    Ich nicke, denn sie hat recht. »Wirst du ihn heilen?« – »Kann ich das?«, frage ich sie.
    »Ja«, sagt sie. »Deine Verbindung zu der Göttin ist stark genug, um ihre Energie in seine Heilung zu lenken.«
    Ich nicke. »Dann werde ich ihm helfen.«
    Sie lächelt zufrieden, kommt auf mich zu, streicht mir übers Haar. »Du bist lieb. Pass gut auf ihn auf, wenn es klappen sollte mit euch, ja?«
    Ich nicke stumm, und sehe, dass die Frau durchscheinend wird, sich auflöst. Zeit, nach Brix zu sehen und Energie in ihn zu pumpen.

62
    Brix
     
    Ich laufe durch einen dunklen Wald, renne vor dem Wolf weg, der mich verfolgt. Es ist ein ausgesprochen großer Wolf, schwarz, mit langen Zähnen. Er hat mich bereits einmal gebissen, in die Brust, als ich über die Wurzel gestolpert bin. Meine Rufe um Hilfe hat niemand gehört, und nur der Mond gibt ein grausliches Licht über die Szenerie. Gerade noch rechtzeitig habe ich es geschafft, auf die oberen Äste dieses Baums zu klettern, meine Beine anzuziehen und den Wolf misstrauisch zu beäugen, der nun unten steht, die Vorderpfoten an den Stamm gelehnt, und nach mir schnappt. Verschwinde, du elendes Viech. Auf weitere Rufe reagiert niemand, und so fange ich an zu weinen. Meine Tränen benetzen die Äste um mich herum, und es wird schmierig glatt, meine Position hat sich verschlechtert, und der Wolf ist doch glatt bis zum ersten Ast gekommen und versucht nun ebenfalls, hochzuklettern.
    Als ich ihm ausweichen will, rutsche ich ab und falle auf den weichen Waldboden. Mit einem Satz ist der Wolf bei mir und beißt mir in den Brustkorb, reißt ihn auf. Statt Blut spritzt ihm Eiter entgegen, den er begierig aufleckt, bevor er meine Lunge auffrisst. In einem letzten Anflug von Kraft trete ich dem Wolf in die Klöten, und er klappt zusammen, jetzt auch wimmernd. Triumphierend öffne ich die Augen und suche den Wolf.
    Wen ich jedoch finde, ist Shahin. Er sitzt in meinem Sessel neben meiner Couch, schlafend, in einer sehr unangenehmen Position. Die Erinnerung kehrt zurück, und mir fällt ein, wenn auch sehr dunkel, dass ich ihn an der Tankstelle getroffen habe und dass er mich ins Bett gepackt hat. Shit, und wieso schläft er auf dem Sessel? Auf der Couch (auf der ich liege) ist das doch viel bequemer, oder meinetwegen im Bett. Er sieht süß aus, wenn er schläft. Mein Hustenanfall weckt ihn allerdings, und ich bin viel zu schwach, aufzustehen oder irgendetwas anderes außer Gebrummel und

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