Poison (German Edition)
Geächze von mir zu geben. Also lasse ich mich von ihm eincremen, mit leckerer Gemüsebrühe füttern, mir Säfte einflößen, mich wieder zudecken, ohne etwas tun oder sagen zu können. Meine Dankbarkeit sei dir gewiss, Shahin, mein »Condom-Boy«.
Die folgenden zwei Tage schlafe ich sehr unruhig. Die wüstesten Träume verfolgen mich, und ich komme nur sehr langsam wieder zu Kräften. Allerdings stelle ich fest, dass ich mich nach jedem dieser völlig irrsinnigen Träume, in denen ich immer wieder schwach bin und unter die Räder komme, wieder ein Stückchen besser fühle, bis ich eigentlich glaube, wieder einigermaßen auf den Beinen zu sein. Andererseits, so vermute ich, wird Shahin wieder gehen, sobald es mir besser geht – und das möchte ich eigentlich auf gar keinen Fall. Außerdem fällt mir auf, dass es mir eigentlich gar nichts ausmacht, wenn dieser Mann bei mir ist, im Gegenteil. Es tut mir gut, denn ich habe zwar noch diese furchtbaren Albträume, aber ich habe keine solche Angst mehr, denn ich weiß, dass er bei mir ist, wenn ich aufwache. Also werde ich wohl simulieren müssen, um ihn nicht zu früh zu verlieren.
Ich lasse mich füttern, verwöhnen und genieße einfach nur seine Anwesenheit, zumal seine Verpflegung wirklich besser ist als alles, was ich in den letzten Jahren bekommen habe. Das Abhusten fällt mir von Mal zu Mal leichter, das Fieber verschwindet, und ich bekomme meine Kraft wieder, wenn auch langsam. Die Möglichkeit, Shahin reinzulegen und dazu zu bringen, sich wenigstens für eine kurze Weile mal zu mir zu legen, reizt mich dann doch zu sehr.
»Shahin«, ächze ich, scheinbar im Delirium, und richtig, er kommt zu mir und beugt sich über mich. Strike! Ich kriege ihn zu fassen, ohne dass er es wirklich mitbekommt, und er liegt flach und auf dem Rücken, bevor er wirklich reagieren kann. Ich kriege zu allem Trefferglück auch noch seine Arme zu fassen, kann sie über seinen Kopf manövrieren und festhalten. Sein überraschter Blick ist Gold wert.
»Guten Morgen«, grinse ich und schaue ihm frech in die Augen. Dass es mir besser geht, beweist meine Wendigkeit, denn ich liege mit meinem halben Oberkörper auf seinem, mit meinem linken Oberschenkel zwischen seinen Oberschenkeln, und habe ihn damit auf die Couch gepinnt, bewegungslos, versteht sich.
»Du schuldest mir noch was«, erinnere ich ihn gespielt arglos.
»So?«, fragt er. »Schön, dass es dir wieder besser geht. Du mir auch, übrigens.«
Ich verharre noch ein Weilchen, auf und neben ihm liegend, seinen Anblick genießend, die Spannung steigernd ... für uns beide ..., bevor ich ihn freigebe und er lachend aufsteht, meine Decke zurückschlägt.
Gespielt verdrehe ich die Augen und lasse mich fallen, röchele. »Wenn du mich nicht mehr brauchst, gehe ich dann nach Hause«, meint Shahin.
Ich schlucke. Das, was ich empfinde, bedeutet aber das Gegenteil. Mein Blick wird düsterer. »Mach doch, was du willst«, sage ich mit leiser Stimme, und Shahin nimmt seine Jacke.
»Der Topf mit der Brühe steht auf dem Herd, die Creme liegt auf dem Tisch, und du kannst mich anrufen, wenn du mich brauchst, okay?«
Ich zucke mit den Schultern, verfluche mich für diese Dummheit, ein Spielchen zu spielen, wo es mir eigentlich noch nicht wirklich soo gut geht. Besser zwar, aber noch nicht perfekt. Er geht, und es tut mir sehr weh, ihn gehen lassen zu müssen. Vor allem, weil ich feststelle, dass er mir wohl doch etwas bedeutet. Dass ich ihn gerne bei mir haben will, und zwar am besten den ganzen Tag. Dass ich ihn brauche, um glücklich zu sein. Es macht mir nicht einmal mehr etwas aus, dass mir plötzlich klar wird, dass das Liebe sein muss. Die Schwäche, die ich damit zugebe, zugeben muss, ist für mich normal geworden, stelle ich fest. Shit! Was mache ich nur? Will ich das wirklich?
Ich reibe mich selbst ein und versuche, mich abzulenken, im Internet nach Stellen zu suchen, denn jetzt bin ich ja wohl wirklich auf einen Job angewiesen. Dann drucke ich Bewerbungsunterlagen aus und packe sie in einen Umschlag, um sie an das andere Label zu schicken, das stärkster Konkurrent um die »Faceless Frogs« gewesen ist. Aber irgendwie erscheint mir das alles so verdammt sinnlos. Warum dieser ganze Stress um Erfolg und Geld? Warum dieses Jagen nach sinnlosem Sex und Vergessen durch Alkohol, wenn doch die Erinnerung das Schönste im Leben sein kann. Meine Erinnerung an die letzten beiden Tage ist zwar getrübt, aber es waren die schönsten Tage
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