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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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Geschmackssache. Und so, wie ich im Backroom vom »Turm« bei dem Durchschnittstyp daneben gegriffen habe, so habe ich mich auch beim Zigarettenholen vergriffen, mich von dem grünen Bären auf der Vorderseite der Packung täuschen lassen oder was weiß ich, wovon. Wie gesagt, Zitrone ist nicht so mein Fall. Zum Tequila schon, ja. Aber im Bonbon wär mir etwas Geschmackvolleres lieber, und nichts, was einfach nur brennt.
    Das »Geschmackvollere« kann ich kriegen, bekomme ich gerade bewiesen, als ER vor mir auftaucht, völlig unerwartet, aus heiterem Himmel. Er sieht genauso aus wie im »Turm«, trägt die gleichen Klamotten, nur sein Haar ist etwas anders, nicht zu einem Zopf gebunden, sondern es fällt offen über seine Schultern und seinen nackten Oberkörper.
    Verdammt, wenn ich schon friere, muss ihm doch kalt sein. Als ich begreife, was ich gerade mache, habe ich schon meine Jacke in den Händen und halte sie in seine Richtung, aber er ignoriert diese Geste und grinst mich herausfordernd an. Das Zitronenaroma hat inzwischen meinen Gaumen erreicht, und ich spucke, verärgert über die Schwäche, die ich schon wieder demonstriert habe, das Bonbon auf den Boden und erwidere seinen Blick.
    »Schmeckt nicht«, kommentiere ich wie von selbst, und ärgere mich wieder ein Stück mehr über mich, dass ich jetzt schon mit einer Illusion rede – denn er ist es ganz gewiss nicht, sondern nur ein Déjà-vu oder Teil meines Fluchs.
    ER dagegen leckt sich über die Lippen, als würde er etwas wesentlich besser Schmeckendes intus haben – die Erinnerung an unser erstes Treffen im »Turm« drängt sich mir auf, und der Gedanke daran, wie er mich wohl empfunden haben muss, als er vor mir kniete und mich ... uhm.. geschmeckt hat. Und damit erwacht auch Brix, der Casanova. Wie schmeckst du, Condom-Boy? Nicht nach Zitrone, jedenfalls, denn sonst würdest du brennen. Uhm... welche Sorten gibt’s denn noch? Banane? Kommt hin, von der Form her. Nicht als Hustenbonbon, schelte ich mich innerlich. Und Menthol erfrischt zwar, aber brennt auch. Apfel, Orange, Wildkirsche, Johannisbeere, Himbeere? Irgendwie alles so fantasielos. Multivitamin? Ein bisschen was von allem? Nope, ganz sicher nicht. Wenn er überhaupt nach etwas schmeckt, dann nach etwas Exotischerem. Ananas?
    Aber irgendwie sieht er nicht so aus, als würde er nach Ananas schmecken, so wie er da vor mir hergeht, gemächlich, so dass ich genügend Gelegenheit hätte, ihn einzuholen und festzuhalten, um herauszufinden, wie er wirklich schmeckt. Seine Haut sieht jedenfalls nicht aus wie eine Ananas, sondern ist cremig, und dennoch blass, samtig wie die Haut eines Pfirsichs? Pfirsich? Eher nicht, aber ich komme der Sache näher. Seine Hautfarbe ist eine Mischung aus Vanille und Schokolade, aber das wär wiederum zu offensichtlich, obwohl er wirklich sweet ist. Der Hauch von Schokolade, der mir in die Nase steigt, macht mich fast verrückt, und plötzlich ist es mir viel wichtiger, zu erfahren, wie er schmeckt, wenn er mich küsst, wenn seine Zunge meine berührt und erforscht, ein begehrlicher Blick in seinen Augen.
    »Wie schmeckst du, Condom-Boy?«, raune ich ihm hinterher, und er bleibt stehen, wendet sich mir zu, lächelt mich wissend an. Seine Stimme, mit der er mir antwortet, raubt mir schier den Verstand. Ist er in meinem Kopf, oder hat er wirklich mit mir gesprochen?
    »Finde es raus«, hat er gesagt, und mich dabei angelächelt. Mir wird heiß, verdammt heiß, und als ich sehnsüchtig seufze und ihn dabei anschaue, erwartungsvoll, aber doch hilflos, zwinkert er mir zu, ganz so, als wollte er sagen, »jetzt hast du es kapiert«.
    Ich schlucke, er lächelt wieder und verschwindet, einfach so. Und plötzlich habe ich eine exakte Vorstellung davon, wie er schmecken, wie er riechen wird ... nach allem gleichzeitig.

28
    Brix
     
    Als ich zum »Peaches« komme, trifft mich fast der Schlag. Ich kann mich absolut nicht erinnern, den Jeep so zurückgelassen zu haben ... rückwärts eingeparkt, dabei völlig schräg, denn das rechte Hinterrad steht mitten auf dem Radweg. Immerhin habe ich den Bürgersteig freigelassen, was mich dann vermutlich auch vor dem Abschleppen bewahrt hat. Wäre vielleicht billiger geworden als die drei Tickets an der Scheibe, was bedeutet, dass ich jetzt Post vom Ordnungsamt bekomme, gleich mit einem freundlichen Überweisungsträger anbei... »Zahlen Sie bis zum Blabla einen Betrag von BlubBlub auf unser Konto.« Staatlich genehmigte Straßenräuberei,

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