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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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hör auf, mich mit deinen Blicken auszuziehen. Ist ja furchtbar.
    »Die Position wird in Zukunft besetzt von ...« Oh Mann, was soll das Gelaber drum herum? Von mir natürlich. Sag’s endlich. Los!
    »Von mir«, sagt er mit einem auffällig zu breiten Lächeln.
    Wie bitte? Was hat der eben gesagt? Ich sehe ihm sekundenlang erschrocken in die Augen. – Habe ich mich eben verhört???
    Doch er fährt tatsächlich fort: »Die strategische Leitung der Niederlassung Berlin gehört in erfahrene Hände. Erfahrenere als Ihre ... sagt die Geschäftsleitung.« Er grinst immer noch, und ich bin innerlich am Brodeln. Wieso, zum Henker, habe ich das Gefühl, dass er damit mehr zu tun hat, als er zugibt? Dieses überhebliche Grinsen geht mir auf die Nerven. Dieser Bastard! Sechs Jahre meines Lebens habe ich an diesen verdammten Laden verschenkt, mein Studium abgebrochen. Aber so what, ich hab sechs Jahre fette Kohle gemacht. Wenn es anders wäre, könnte ich mich jetzt vielleicht nicht beherrschen, um wenigstens nach außen hin ruhig zu wirken. Dieser portugiesische Inselaffe weiß doch, dass dieser Job Bestandteil unseres damaligen Deals war. Und mein Chef grinst immer noch blöde. Ich fass’ es nicht.
    »Und wie stellt sich die Geschäftsleitung meine weitere Entwicklung vor?«, frage ich ... völlig unbeteiligt und innerlich sehr beherrscht, als ob diese Mitteilung nicht eben der Knaller der Woche gewesen wäre – was denkt der sich eigentlich, mit mir so umzuspringen? Ich frag mich langsam, ob der mich absichtlich so behandelt. Hört sich nämlich alles so an, als wollte dieses widerliche Etwas mich linken. Fragt sich nur, was er sich davon verspricht. Das Funkeln in seinen Augen deutet jedenfalls darauf hin, dass das nicht alles gewesen ist. Obwohl, noch schlimmer kann’s eigentlich gar nicht werden. Von wegen, sehe ich gleich, als Carlos im Plauderton fortfährt: »Wie gesagt, ich werde ab heute sämtliche operativen Geschäfte der Niederlassung Berlin führen ... von Stuttgart aus. Und von Ihnen, mein lieber Mendelssohn, erwarte ich, dass Sie ab nächste Woche jeden Montagmorgen um acht Uhr dort zu einer Wochenbesprechung erscheinen. Näheres erhalten Sie dann schriftlich.«
    Stuttgart. Ich. Acht Uhr. Jeden Montag. Gleich platze ich. Das bedeutet nämlich, dass meine Sonntage verplant sind – oder dass ich mich nachts ohne zu schlafen ins Auto schwingen und zu ihm fahren muss. Ich fliege nie. Stress pur – und das jede Woche. Ich bin echt begeistert. Und ich muss mich plötzlich für etwas rechtfertigen, was ich sechs Jahre lang tue, ohne mir etwas zu schulden kommen zu lassen, stelle ich fest.
    »Entschuldigen Sie mich bitte jetzt.«
    Stop, Freundchen, so nicht. Ich verlasse nicht kriecherisch das Büro, wie er wahrscheinlich erwartet, sondern bleibe sitzen, schaue ihn demonstrativ an. Ahhh, das Zucken in seinen Augen beweist mir, dass ich doch bessere Karten habe als erwartet.
    »Ich warte immer noch auf Ihre Antwort, Herr Alfaya.«
    Er sieht mich fragend an.
    »Ich wollte wissen, wie sich die Geschäftsleitung meine Zukunft hier vorstellt.« Nicht, dass ich wirklich daran glaube, dass das jemand anders ausgeheckt hat als er ... widerliches Mistviech. Boah, ich glaube, ich könnte mich wirklich daran gewöhnen, ihn zu hassen. Aber noch viel besser würde mir der Gedanke gefallen, ihn jetzt an seinem Kragen zu packen, über den Tisch zu ziehen, ihn links und rechts zu ohrfeigen und dann mit seiner furchtbaren, seit dreißig Jahren aus der Mode gekommenen Krawatte zu strangulieren – oder Ähnliches.
    »Ach ja«, meint er. »Ein Tipp, weil wir uns so lange kennen.«
    Ja??? Ich höre.
    »Man munkelt, dass nächstes Jahr eine Stelle als Content Manager frei wird ... in München. Bewerben Sie sich, denn ehrlich gesagt, ich kann mir kaum vorstellen, dass Berlin Ihnen in Zukunft noch das geben wird, was Sie sich vorstellen.«
    Okay. Das seh ich zwar anders, aber wir werden ja sehen ...
    »Herr Alfaya, wir hatten einen Deal...«, erinnere ich ihn, spürbar lauter, was ihm deutlich unangenehm ist, denn er zuckt zusammen, macht eine beschwichtigende Handbewegung.
    »Wir haben ganz klar schriftlich vereinbart, dass ich spätestens in 2003 Niederlassungsleiter werde.«
    Er scheint einen Moment zu überlegen, ganz so, als wüsste er nicht, wie er mir am besten antworten solle, mustert mich von oben nach unten und wieder zurück, und starrt mich an.
    Was geht nur in seinem Kopf vor? Es scheint etwas mit beginnendem Wahnsinn zu

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