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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Spaß?«
    »Aber ja, ich find’s spannend.«
    »Spannend?« So hatte Arkadi es noch nie betrachtet. »Inwiefern?«
    »Nun, zum Beispiel nach der Zwischenlandung in Dutch, da gehen wir rauf ins Eis. Eure russischen Kapitäne kennen keine Furcht. Letztes Jahr ist euch eine ganze Flotte, fünfzig Fischtrawler, vor Sibirien festgefroren. Um ein Haar wären die alle draufgegangen. Aber letztlich ist nur ein Fabrikschiff abgesoffen. Und die Crew ist nur deshalb nicht mit untergegangen, weil die Jungs sich noch übers Eis retten konnten.«
    »Aber das waren sowjetische Schiffe«, warf Arkadi ein.
    »Stimmt, und ich möchte nicht, daß meinem Schiff das gleiche passiert. Nicht, daß Sie mich falsch verstehen, ich mag die Russen. Sie sind die besten für so ein Joint-venture. Die Koreaner würden aus jedem Steert die Hälfte herausklauen. Die Japaner sind zu stolz zum Stehlen, aber dafür kälter als die Fische.« Morgan gehörte zu den Leuten, die lächeln, wenn sie eine Situation kritisch abschätzen. »Arkadi, wie kommt es, daß ich Ihnen noch nie auf der Polar Star begegnet bin? Sind Sie Flottenoffizier, oder kommen Sie vom Ministerium, oder was?«
    »Ich arbeite in der Fabrik.«
    »Er gehört zur Schmutzbrigade«, sagte Slawa.
    »Und Sie sprechen fließend englisch und untersuchen Unfälle? Ich würde sagen, fürs Fische-Ausnehmen sind Sie überqualifiziert.« Der durchdringende Blick seiner glasblauen Augen verriet Slawa und Arkadi, daß Morgan sie für abgefeimte Lügner hielt.
    »Es war doch ein Unfall?«
    »Daran besteht kein Zweifel«, versicherte Slawa eilig.
    Morgan hatte Arkadi unverwandt angesehen. Jetzt glitt sein Blick hinüber zu dem Netz, das schlaff am Kran baumelte, und zu den beiden Männern in Ölzeug-Overalls, die eben die Außentreppe vom Zwischendeck heraufkamen. Doch gleich darauf wandte er sich wieder Arkadi zu. »Okay, war nett, daß Sie mich besucht haben. Aber vergessen Sie nicht, wir sind hier in amerikanischen Gewässern.«
    Als die beiden Fischer eintraten, wurde es eng auf der Brücke. Sie gehörten zu den Amerikanern, auf die Arkadi neugierig war, seit Lantz von der »Motorradclique« gesprochen hatte. In der Sowjetunion, wo zwei Räder, in Verbindung mit einem Verbrennungsmotor, als Symbol persönlicher Freiheit galten, nannte man die Fahrer »Rocker«. Die Behörden versuchten immer wieder, sie in offiziell genehmigte Motodrome abzudrängen, aber die Rockerbanden entwischten ihnen ein ums andere Mal; wie einst mongolische Reitertrupps überschwemmten sie ganze Dörfer und tauchten dann so schnell wieder unter, daß keine Patrouille sie zu fassen bekam.
    Der größere der beiden Neuankömmlinge hatte ein blasses Gesicht, zusammengekniffene Augen, und die Art, in der seine kräftigen Arme neben dem Körper herabhingen, verriet, daß er gewohnt war, mit Reusen und Netzen zu hantieren. Kein umgänglicher Typ. Er musterte Arkadi von oben bis unten. »Was soll der Scheiß?«
    »Das, Coletti«, belehrte ihn Morgan, »gehört zum Joint-venture. Der Mann neben unserem guten Freund Slawa spricht so gut Englisch, daß er Ihnen Unterricht geben könnte. Wir wollen die Angelegenheit rasch und sachlich hinter uns bringen.«
    »Renko, das ist Mike«, stellte Slawa den jüngeren der beiden Fischer vor, einen Aleuten mit breitem Gesicht und angenehmen asiatischen Zügen. »Mike ist die Kurzform für Mikhail.«
    »Was denn, ein russischer Name?« fragte Arkadi.
    »Das ist hier oben nichts Besonderes.« Mike sprach mit leiser, schleppender Stimme. »Früher haben sich hier ‘ne Menge heißblütiger Kosaken herumgetrieben.«
    »Die Aleuten und Alaska haben einmal dem Zaren gehört«, sagte Morgan. »Das sollten Sie eigentlich wissen, Arkadi.«
    »Sprechen Sie Russisch?« Endlich jemand, der mit Sina geredet haben könnte.
    »Nein. Das heißt, wir benutzen schon einige Ausdrücke«, sagte Mike, »aber ohne wirklich zu wissen, was sie bedeuten, verstehen Sie? Sprichwörter zum Beispiel. Oder die Gebete in der Kirche, die sind zum Teil auch auf russisch.«
    »In Dutch Harbor gibt es sogar noch eine russische Kirche«, sagte Slawa.
    Der Aleute warf Coletti einen trotzigen Blick zu und sagte dann: »Das mit Sina tut uns allen aufrichtig leid. Ich kann es kaum glauben. Jedesmal, wenn wir unseren Fang übergaben, stand sie an der Heckreling und winkte uns zu. Ob bei Tag oder Nacht, bei jedem Wetter, sie war immer da.«
    »Haben Sie mit ihr getanzt?« fragte Arkadi.
    Coletti kam Mike zuvor. »Wir alle haben mit ihr

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