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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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ansonsten entsprach die Ausstattung dem, was sich Arkadi unter einer amerikanischen Brücke vorstellte: ein Aufgebot an Farbmonitoren wie in einer Raumkapsel war neben und hinter dem Stuhl des Kapitäns montiert; dazu ein Kreis von Radarschirmen und das Kathodengrün von Fischpeilgeräten, auf denen man die anvisierten Schwärme als wandernde orangefarbene Wolken verfolgen konnte. Von der Decke hingen Funkgeräte, deren rote Ziffern in der Statik offener Kanäle schwammen. Die Chromteile an Kompaß und Tochterkompaß waren auf Hochglanz poliert und schimmerten wie Kristall. Alles vom Feinsten, aber schlicht.
    Der Mann im Kapitänssessel paßte gut auf seinen Platz. Die meisten Fischer haben Narben von Messern, Stacheln und durchgescheuerten Seilen, ihre Gesichter sind gezeichnet von rauher Luft und Salzwasser, aber Morgan schien durch eine ganz besonders harte Schule gegangen zu sein. Er wirkte nicht nur hager, sondern abgezehrt, sein Haar war vorzeitig ergraut. Trotz seiner saloppen Kleidung - er trug Mütze und Sweatshirt - strahlten er und seine Brücke eine Art mönchischer Disziplin aus; Morgan war offenbar ein Mann, dem die eigene Gesellschaft vollauf genügte und der keinen anderen Mann neben sich duldete. Als er sich jetzt von seinem Platz erhob, machte Slawa vor ihm eine fast unterwürfige Verbeugung, und Arkadi dachte unwillkürlich, daß der Dritte Maat einen guten Hund abgegeben hätte.
    »George, das ist Genosse Renko. Sie können ihn auch Arkadi nennen, ganz wie Sie wollen.« Zu Arkadi sagte er: »Kapitän Morgan.«
    Morgan bedachte Arkadi mit einem flüchtigen Händedruck. »Das mit Sina Pischwili tut uns leid.«
    »Patiaschwili.« Slawa machte eine Geste, die anzudeuten schien, daß ein Name so albern war wie der andere und daß es eigentlich nicht darauf ankam.
    »Paschwili? Entschuldigung.« Zu Arkadi gewandt fuhr Morgan fort: »Ich spreche kein Russisch. Den Nachrichtenverkehr der Schiffe untereinander regeln die Firmenvertreter auf der Polar Star. Vielleicht sollten Sie einen von denen herbitten, denn so, wie’s jetzt läuft, verlieren wir Trawlzeit, und das bedeutet, wir verlieren Geld. Möchten Sie was trinken?« Auf dem Kartentisch stand ein Tablett mit drei Gläsern und einer Flasche russischem Wodka. Besserer Wodka, als die Russen zu Hause ihn tranken - Exportqualität. »Oder haben Sie’s eilig?« Morgan hob die Flasche einen Millimeter vom Tablett, wie um das notwendige Mindestmaß an Gastfreundlichkeit abzuschätzen.
    »Nein, danke vielmals.« Slawa konnte einen Wink verstehen.
    »Warum nicht?« fragte Arkadi.
    Slawa zischte ihn an: »Erst Wein und jetzt Wodka?«
    »Ist wie Silvester, nicht?« sagte Arkadi.
    Morgan reichte Arkadi ein halbvolles Glas und schenkte sich dann gedankenverloren selbst einen Wodka ein. Slawa blieb standhaft.
    »Nasdrowja«, sagte Morgan. »So heißt es doch?«
    »Cheers«, sagte Arkadi.
    Arkadi trank sein Glas mit drei Schlucken aus, Morgan leerte das seine auf einen Zug und entblößte dann lächelnd zwei Reihen ebenmäßiger Zähne. »Sie brauchen keinen Dolmetscher.«
    »Wir werden versuchen, allein zurechtzukommen.« Das letzte, was Arkadi sich gewünscht hätte, wäre gewesen, daß Susan an ihrem Gespräch teilgenommen hätte.
    »Also, Arkadi, dann mal los, fragen Sie.«
    Morgan war so selbstsicher, daß Arkadi unwillkürlich überlegte, was diesen Mann wohl erschüttern könnte.
    »Ist Ihr Schiff eigentlich sicher?«
    Slawa fuhr auf. »Renko, das geht .«
    »Schon gut«, beschwichtigte Morgan ihn. »Also die Eagle ist ein Golf-Fahrzeug mit Nordseetakelage und mißt fünfundsiebzig Fuß. Ursprünglich diente sie zur Wartung von Bohrinseln im Golf von Mexiko, aber als dann der Krabbenboom losbrach, wurde sie umgerüstet und den Verhältnissen hier oben angepaßt. Als das mit den Krabben sich als Reinfall entpuppte, bekamen wir einen Ladebaum fürs Trawlfischen und ein bißchen mehr Panzerung zum Schutz gegen das Eis. Aber das große Geld wurde da investiert, wo’s drauf ankommt, in die Elektronik. Wir haben nicht all die Annehmlichkeiten unseres rundköpfigen Freundes und seiner drei Zwerge drüben auf der Merry Jane, aber wir machen mehr Fang.«
    »Haben Sie Sina gekannt?«
    »Nur vom Sehen. Sie war immer freundlich, hat jedem zugewinkt.«
    »Und vom Tanzen?«
    »Nein, ich hatte nicht das Vergnügen. Ich war in der Offiziersmesse und habe mit meinen Freunden Martschuk und Thorwald die Karten überprüft.«
    »Macht Ihnen dieses Joint-venture

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