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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Kommunisten<, ehe er sein Maschinengewehr durchlädt.«
    »Sie wollen damit sagen, daß der politische Faktor jeweils ein anderer ist?« fragte Hess.
    »Ich entscheide über den politischen Faktor«, rief Wolowoi. »Ich bin immer noch der Politoffizier.«
    »Ja«, bestätigte Martschuk kühl. »Aber nicht der Kapitän.«
    »Bei einer solch heiklen Mission …«
    Hess schnitt Wolowoi das Wort ab: »Es gibt mehr als nur eine Mission.«
    Es entstand eine Pause, als sei das Schiff in eine völlig neue Richtung geschwenkt.
    Als Martschuk Wolowoi eine Zigarette anbot und ihm Feuer gab, versengte die Flamme eine Haarsträhne, die dem Ersten Maat über die Augen hing. Wolowoi blies den Rauch aus und sagte: »Bukowski kann einen neuen Bericht schreiben.«
    »Wenn wir Bukowskis und Renkos Ermittlungen zusammennehmen, läßt sich eine gute Bilanz ziehen, meinen Sie nicht auch?« fragte Hess. Und zu Arkadi gewandt fuhr er fort: »Ich habe die Kabine des Zweiten Maats übernommen. Meine Tür steht Ihnen jederzeit offen.«
    Wolowoi krümmte sich auf seinem Stuhl, als er merkte, daß die anderen einen Konsens erzielt hatten - das Ziel jedes sowjetischen Entscheidungsprozesses -, der ihn überrollte.
    Martschuk wechselte das Thema. »Ich muß dauernd an das Mädchen denken, wie sie dort unten lag, und an diese gräßlichen Aale. Renko, wie hoch standen die Chancen, daß das Netz sie auffischen würde? Eins zu einer Million?«
    Arkadi hatte auf Befehl an dieser Versammlung teilgenommen, doch es war auch eine Ehre gewesen - als würde ein Zeh eingeladen, den Überlegungen des Hirns beizuwohnen. Martschuks Frage war eine Geste, die diese Einbeziehung unterstrich.
    »Eins zu einer Million - so etwa stehen die Chancen, daß Genosse Bukowski und ich den Fall aufklären werden«, sagte Arkadi. »Wladiwostok hat richtige Ermittlungsbeamte und die notwendigen Labors, und die Leute dort wissen, was sie zu suchen haben.«
    »Mir kommt es auf die Ermittlungen hier und jetzt an«, sagte Martschuk. »Geben Sie mir Bericht über alles, was Sie herausfinden.«
    »Nein«, widersprach Arkadi. »Ich bin mit Genosse Wolowoi der Meinung, wir sollten das Wladiwostok überlassen.«
    »Ich verstehe, daß Sie diese Aufgabe nur ungern übernehmen. Aber bedenken Sie, daß Sie damit auch etwas für sich tun. Sie können vergangene Fehler wiedergutmachen .«
    »Ich habe nichts wiedergutzumachen. Ich habe mich bereit erklärt, einen Tag lang Fragen zu stellen. Der Tag ist um.« Arkadi ging zur Tür. »Gute Nacht, Genossen.«
    Sichtlich verblüfft stand Martschuk auf. Seine Bestürzung wandelte sich jedoch rasch in den Zorn eines mächtigen Mannes, der seine guten Absichten mißbraucht sieht. Wolowoi lehnte sich unterdessen zurück und schien diese Wende des Schicksals kaum fassen zu können.
    »Renko, Sie behaupten erst, jemand habe dieses Mädchen ermordet, und weigern sich nun herauszufinden, wer?« fragte Hess.
    »Ich glaube nicht, daß ich das könnte - und ich bin nicht interessiert an dem Fall.«
    Martschuk sagte: »Ich befehle es Ihnen.«
    »Und ich weigere mich.«
    »Sie vergessen wohl, daß Sie mit Ihrem Kapitän sprechen?«
    »Und Sie vergessen, daß Sie mit einem Mann reden, der ein Jahr in Ihrer Schmutzbrigade zugebracht hat.« Arkadi öffnete die Tür. »Was können Sie mir schon anhaben? Was könnte schlimmer sein?«
    Der Wind hatte den Nebel zurückgetrieben und zu einer dichten, grauen Wand aufgetürmt. Als Arkadi das Deck überquerte, hatte er nur den einen Wunsch, so schnell wie möglich in seine Koje zu kommen. Da sah er seinen Kabinengenossen Kolja an der Reling stehen. In klaren Nächten zog es Kolja jedesmal an Deck; als würde der Mond eigens für ihn scheinen. Seine Haarspitzen kringelten sich um die Wollmütze, die lange Nase schien die Witterung von Meer und Luft aufzunehmen.
    Was Arkadi an Kolja bewunderte war, daß er, der Botaniker, obwohl man ihn vom Festland verjagt und seines eigentlichen Arbeitsgebietes beraubt hatte, unbeirrt fortfuhr, wissenschaftliche Daten zu sammeln. Er besaß den Mut und die Energie eines Mönchs, der trotz seiner Sanftmut bereit ist, sich um seines Glaubens willen martern zu lassen. In seinen Händen blitzte, gleich einem kleinen Waldhorn, sein kostbarster Schatz, ein auf Hochglanz polierter, altmodischer Sextant aus Messing.
    »Ist mit dem Kapitän alles geklärt?« fragte Kolja.
    »Ja.«
    Kolja war taktvoll genug, keine weiteren Fragen zu stellen, wie etwa: Warum hast du deinen Freunden verschwiegen,

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