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Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Henry
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auf meine Kollegen.“
    „Du meinst, sie suchen nach uns?“ Hoffnung keimte auf, nahm der Sehnsucht, die in ihr gewachsen war, als sie den Bären zugesehen hatte, die Schärfe.
    „Das will ich doch hoffen.“
    „Wenn sie den Hubschrauber gefunden haben und keine Spur von uns …“
    „Ich habe genügend Zeichen am Helikopter hinterlassen, damit sie wissen, dass wir nicht im Wasser liegen.“
    Dennoch warf sie einen skeptischen Blick in den Himmel. „Meinst du, wir schaffen es bis Nuussuaq, bevor der Sturm zurückkommt?“
    „Welcher Sturm?“
    Resigniert verdrehte Kaya die Augen. „Hast du keine Augen im Kopf? Meinst du, die Wolken ziehen aus Spaß so schnell über den Himmel?“
    „Öhm …“
    „Vergiss es.“ Schnaubend kroch sie zurück ins Zelt. „Je schneller wir fortkommen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir rechtzeitig in Nuussuaq sind. Ich hole nur schnell meine Stiefel.“
     
    *
     
    Marc setzte das Fernglas ab und wischte sich die Augen. Die bittere Kälte ließ die Feuchtigkeit in den Augen gefrieren, sodass er nur noch Schlieren sah. Er ersetzte das Glas durch seine Eisbrille und blinzelte mehrmals. Verflucht, war das kalt.
    In wenigen Wochen würde die Melville Bucht zufrieren. Das Eis wuchs langsam von Norden herunter und breitete sich immer weiter aus. Es schnitt die Menschen von den Versorgungsschiffen ab und eröffnete gleichzeitig neue Möglichkeiten. Marc liebte winterliche Jagdausflüge per Hundeschlitten aufs Eis. Noch nie hatte er das Eis so sehr herbeigesehnt wie in diesem Jahr.
    Am Tag nach dem Absturz des Hubschraubers, als der Sturm über dem Archipel abklang, waren zwei Rettungshubschrauber Silas’ Flugroute abgeflogen und fündig geworden. Sie hatten das Wrack geortet. Auf einer winzigen Eisscholle trieb der zerstörte Helikopter nordwärts durch die Bucht. An eine Bergung war nicht zu denken. Einer aus der Suchmannschaft hatte es gewagt, sich abzuseilen, um wenigstens zu kontrollieren, ob sich noch jemand im Wrack befand. Negativ. Das Aufatmen, das bei dieser Meldung durch Marcs Körper geschossen war, würde er niemals vergessen. Niemand mehr im Inneren des Hubschraubers. Silas hatte sich und Kaya gerettet. Irgendwie. Es war unwahrscheinlich, dass der Junge den Vogel präzise auf dieser Scholle abgesetzt hatte, dazu war die Zerstörung am Chopper zu groß. Wahrscheinlicher war, dass der Vogel auf dieses Stück Eis geknallt war, als es noch eine Verbindung an die Küste gehabt hatte und durch die Wucht des Aufpralls abgebrochen war. Es stellte sich die Frage, ob Silas und Kaya irgendwo im Wasser trieben, was kein Mensch länger als fünf Minuten überleben konnte, oder ob die beiden es geschafft hatten, sich vor dem Wegbrechen der Scholle aufs Festland zu retten.
    Eines der Besatzungsmitglieder brachte ihm einen starken Kaffee. „Sie sollten reinkommen, Sir. Es dauert noch eine ganze Weile, bis wir die Quelle des Funksignals erreichen.“
    Der wagemutige Bursche aus dem Rettungshubschrauber hatte einen kleinen Peilsender am Wrack angebracht. Seit zwei Tagen verfolgten sie in Thule und ganz Grönland den Weg der Scholle durch die Bucht. Die Gefahr, dass durch das Gewicht des Helikopters die Scholle weiter zerbrach und der Vogel schlussendlich doch auf dem Meeresboden endete, war groß. Sie mussten etwas unternehmen, konnten nicht warten, bis das Meereseis kam und die Scholle festfror. Das würde Wochen dauern. Wenn sie irgendwas über die Absturzursache herausfinden wollten, mussten sie das Ding irgendwie bergen. Und zwar jetzt.
    Er folgte dem jungen Mann ins Führerhaus des Bootes. Der Kapitän grinste ihn schief an. Auf der Bank im hinteren Teil der Nussschale hockten die anderen Besatzungsmitglieder um die Kaffeemaschine. So wirklich glücklich sah keiner aus. Einen Verunglückten zu bergen, war niemals lustig. Es erinnerte zu sehr an all die Unwägbarkeiten ihres Jobs und wie abhängig sie alle von den Elementen waren. Man dachte daran nicht so gern.
    Marc setzte sich abseits von den anderen und vertiefte sich zum wiederholten Mal in die Ausdrucke und Aufzeichnungen über den Absturz. Er war inzwischen absolut sicher, dass Vereisung die Hauptrolle bei dem Unglück gespielt hatte. Ein stetiges Verlangsamen der Rotorbewegungen deutete entweder auf einen leeren Tank hin, was ein Ding der Unmöglichkeit war, oder aber auf Eis. Extrem viel Eis. Aber das hatten die Sensoren nicht angezeigt. Zumindest hatte Silas davon gesprochen, dass seine Sensoren

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