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Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Henry
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Eisfreiheit suggerierten und das Problem ein anderes sein müsste. Die nach Nuuk in die Zentrale gefunkten Daten bestätigten das.
    Marc machte seit Tagen nichts anderes, als über diesen verdammten Daten zu brüten, Auswertungen zu erstellen, Rechenbeispiele, Vermutungen, die er wieder verwarf. Er hatte in drei Tagen kaum ein Auge zugemacht. Sein Freund war irgendwo da draußen im Eis. Silas musste sich selbst retten, wenn er nicht beim Chopper war. Sie hatten keine Chance, ihn im Eis zu finden. Er hatte das Funkgerät nicht dabei. Der Bursche, der den Sender am Wrack befestigt hatte, hatte gesagt, ein Teil der Notfallausrüstung würde fehlen und das Funkgerät sei noch im Cockpit verankert gewesen. Vermutlich hatte der Absturz sämtliche Batterien ins Jenseits gefegt und das Gerät unbrauchbar gemacht. Damit war auch eine Ortung unmöglich geworden, sie waren auf den Peilsender angewiesen.
    Eine halbe Tasse Kaffee später näherte sich das Boot der Scholle. Um die zerbrochenen Reste des Helikopters konnte nicht mehr viel Eis wegbrechen, ehe alles ins Rutschen kam. Der Plan war, die Scholle in Küstennähe zurückzuziehen und zu sichern. Vorsichtig umschiffte der Kapitän die winzige Insel, während die Crew mit Schwimmblasen behängte Seile ins Wasser ließ, bis der Ring sich schloss. Sie fassten die Schleife immer enger. Irgendwann war die Scholle verzurrt. Immer noch mit unerhörter Vorsicht tuckerte das Boot auf die Küste zu, die im wabernden Nebel nur zu erahnen war.
    „Stop!“, brüllte der Jüngste an Bord, ein Achtzehnjähriger, der erst vor wenigen Wochen nach Thule gekommen war und der ständig nieste.
    Die Scholle senkte sich gefährlich gegen die Strömung. Diese führte von der Küste in nordwestliche Richtung, die Küste lag nördlich. Eine bittere Mischung. Der geringste Zug am Seil senkte die vordere Kante des Eises tief ins Wasser. Der Hubschrauber kam ins Rutschen. Der Kapitän stoppte alle Maschinen. Millimeter um Millimeter hob sich die Scholle. Marc atmete auf.
    „Ich geh rüber“, sagte er. „Näher ran. Langsam.“
    „Du gehst rüber, um was zu tun?“
    „Rausholen, was verwertbar ist.“
    „Die vom Bergungshubschrauber sagten bereits, dass niemand mehr drin ist.“
    „Ich will sehen, was Silas zurückgelassen hat. Es kann Hinweise geben, was er am nötigsten brauchte und in welche Richtung er gehen wollte. Falls er noch lebt. Außerdem will ich nach Hinweisen auf die Absturzursache suchen.“
    „Das Ding rutscht ins Wasser, sobald sich eine Fliege auf die Eiskante setzt. Ich lass dich da nicht hin, Rossum, vergiss es.“
    „Jetzt fahr schon ran. Ich nehme das auf mich. Ich unterschreib eine Erklärung, wenn du willst, aber die Zeugen sollten ja reichen. Ich gehe von hier nicht ohne Antworten weg.“
    Auf der Stirn des Kapitäns standen kleine Schweißperlen, als er nahe an die Scholle heranlenkte. Inzwischen ließ Marc sich mit einem Seil um den Bauch sichern. Der Achtzehnjährige schob ein Brett von der Reling auf die Scholle. Scheiße. Da musste er die Fünfzig überschreiten, um sich auf so hanebüchene Abenteuer einzulassen. Er erklomm das Brett und balancierte zur wackeligen Scholle. Unter sich das Wasser, das ein oder zwei Grade vom Zufrieren trennten. Das war nicht ganz so einfach, wie er es die Crew des Bootes glauben machen wollte.
    Er unterdrückte ein tiefes Aufatmen, als seine Füße nicht mehr auf dem Brett, sondern auf dem Eis standen. Jeder Schritt fühlte sich an, als würde er auf einer Hängematte stehen. Die Tür des Choppers stand offen. Er fand den kleinen Sender oben über dem Türrahmen. Zaghaft kletterte er ins Innere. Mit dem Handy machte er ein paar Bilder, obwohl es nicht wahrscheinlich war, dass ihm die Zerstörung am Hubschrauber irgendwelche neuen Erkenntnisse bringen würde.
    Die Polar Bag, ein Rucksack, der Überlebensausrüstung für die Arktis barg, war aufgerissen und durchwühlt. Klar. Das Ding wog mehr als dreißig Kilo und war auf sechs Personen zugeschnitten. Silas und Kaya waren zu zweit, Silas hatte zurückgelassen, worauf er verzichten konnte. Die Schneeanzüge zum Beispiel waren verdammt schwer und sechs davon brauchten die beiden nicht. Auch die Rettungswesten und das kleine, per Gaspatrone aufblasbare Rettungsboot lagen am üblichen Platz. Sie waren also abgestürzt, als die Scholle noch am Festland hing. Silas hatte diese Dinge für entbehrlich erachtet. Mit Sorge fand Marc den Alu-Container mit der Notfallausrüstung. Er war offen,

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