Polarfieber (German Edition)
Silas ’ Haar, die andere ruhte noch immer an seiner Wange. Er schlief schon fast . Gleichmäßig ging sein Atem, kitzelte die feinen Hä r chen auf ihrem Unterarm.
„ Ich würde gern mehr über sie erfahren. “ Die Worte ein fließe n des Murmeln.
„ Schlaf “ , sagte sie und schloss die Augen. „ Schlaf. “
Sie dachte an Issitoq, der draußen auf dem Eis stand, um Hei l butt aus dem Wasser zu ziehen. Sie dachte an ihren Vater, die Führleine für acht Hunde locker in der Hand, auf dem Weg zur Jagd. Sie dac h te an Nattoralik, der ihr gesagt hatte , dass die Welt an der Wasse r kante nicht aufhörte. Und sie dachte an einen Pil o ten, der in eine Welt gehörte, in der es keine Polarnacht gab, und dessen Körper sich doch so gut anfühlte in ihren Armen. Ihr Herz lächelte. Dann schlief auch sie.
*
„ Jeremy Sands? Nie gehört. “
Der riesige, grobschlächtige Mann, der hinter der Theke in der Kantine stand und in einem riesigen, grobschlächtigen Suppe n topf rührte, blickte desinteressiert an Marc vorbei. Ein dunkelhä u tiger Soldat reichte dem Koch eine Schale zum Nachfüllen. Big Macs Eintöpfe waren legendär.
Marc versuchte es mit Charme. „ Der muss doch hier aufschl a gen zum Essen. An dir kommt doch schließlich keiner vorbei. “
„ Vielleicht, aber ich hab e den Namen noch nie gehört. Vie l leicht hat er keine Freunde, die ihn beim Namen nennen . Was weiß ich. Ich kenn e den Namen jedenfalls nicht. Der N ächste! “
Marc seufzte und drehte sich weg. Die Suche nach Jeremy Sands war die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Die Jungs bei den Mechanikern kamen und gingen . N ur einer von ihnen eri n nerte sich an Jeremy Sands und meinte, dass der nicht lange in den Hangars geblieben war und um eine Schulung als Pilot ansuchen wollte . O f fenbar hatte er die bekommen , denn bei den M e chanikern wurde der Name nicht mehr geführt.
Wie verrückt war das denn, dass sich selbst im Mechanikerkorps nur ein armseliges Bürschchen an den Kerl erinnern wollte? Einze l gängertum war selten in Thule. Die Gegend war ei n sam, die Winter dunkel und keiner blieb hier lange allein, auch die nicht, die mit dem Vorsatz hierherkamen, die Einsamkeit zu genießen. Ohne Gesel l schaft dre h ten die Kerle irgendwann durch .
Mit Einbruch der Polarnacht hatte sich der Offizier, der die Jungs in den Hangars unter sich hatte, für zwei Wochen in den Heimatu r laub abgemeldet. Sein Stellvertreter erinnerte sich zwar, den ausg e tauschten Sensor an Silas ’ Hubschrauber geprüft und abgesegnet zu haben, Stempel und Unterschrift und alles andere, aber er erinnerte sich nicht an den Techniker, der die Reparatur durchgeführt hatte. So war das eben, wenn plötzlich jemand Stellvertreter war, der e i gentlich ganz andere Aufgaben hatte und die Überwachung eines zweiten Teams als lästigen Stress ansah und sich so wenig wie mö g lich darum kümmerte.
Marc klopfte an die Tür zum Büro des t echnischen Leiters. E i ne Assistentin bat ihn herein. Sie sah gelangweilt und müde aus. Wah r scheinlich störte er sie dabei, ein wenig Nachtschlaf nachz u holen. Sie war höchstens zwanzig und er kannte ihr G e sicht nicht, sie musste also neu sein. Wahrscheinlich hatte die Polarnacht schon nach wen i gen Tagen ihren Schlafrhythmus völlig durche i nandergebracht.
„ Ich suche jemanden “ , sagte er freundlich. „ Mein Name ist Marc Rossum, Teamleiter bei den Schleppern. Es geht um den Absturz vor fünf Tagen, erinnern Sie sich daran? “
„ Ja, natürlich. “ Sie reichte ihm die Hand und strich sich eine ro t blonde Strähne aus den Augen. „ Ich bin Janet. “
„ Hi, Janet. Nett, dich kennenzulernen. Hör zu, es geht um di e sen Sensor hier. “ Er zeigte ihr das Teil, auch wenn sie sicher keine A h nung hatte, was das war. „ Den habe ich am verunglückten Hu b schrauber ausgebaut, er ist fehlerhaft. Ich müsste im Computer nachsehen, woher der kam und wer den eingebaut hat. Hast du was dagegen, wenn ich mich an den PC deines Chef s setze und ein bis s chen nachforsche? “
Wenn sie etwas dagegen hatte, so zeigte sie es nicht. Er verm u tete, sie hatte lediglich etwas dagegen, dass er ihre Ruhe auf una b sehbare Zeit stören würde. Sie startete den PC des technischen Leiters , fragte ihn, ob er einen Kaffee wollte und verkroch sich dann wieder an ihrem eigenen Arbeitsplatz. Marc war es recht. So ließ sie ihn in R u he.
Woher der Sensor kam, war ihm egal. Er öffnete die Datenbank über die
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