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Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Henry
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Weite. Spiegelglattes Weiß, soweit das Auge reichte. Nicht einmal Berge waren hier eingefroren.
    „Wie ich schon sagte, wir suchen. Die Sensoren sind an einem Schwimmer befestigt, der an der Eisoberfläche zu sehen sein sollte. Auf dem Schlitten sind Besen und Schaufeln. Leuchte mit der Lampe die Fläche ab. Wenn du eine verdächtige Stelle findest, befreie sie vom Schnee und prüfe, ob du den richtigen Platz gefunden hast.“
    Jeremy stöhnte. „Das kann ja überall sein.“
    Alignak machte es sich auf dem Schlitten bequem und kramte aus einer Ledertasche ein Stückchen gefrorenen Butt. Für ihn war es Zeit für ein Päuschen. Sie nahm sich eine Schaufel und ging zu der Stelle, die ihr ihr Suchgerät gezeigt hatte. Kurz hielt sie inne, zuckte mit den Schultern.
    „Ich dachte, du wolltest einen Blick auf den Geologenalltag werfen. Hier hast du ihn. Der Sender geht genau auf einen Radius von 25 Metern. Hier“, mit der Schaufelkante markierte sie eine Stelle im Schnee mit einem X, „ist der Mittelpunkt unseres Suchkreises. Und jetzt viel Spaß.“
    Zuerst dachte sie, es wäre das Protestgemurre von Jeremy, das sie hörte, und sie verbot sich, von der Eisfläche aufzuschauen und sich von ihrer Arbeit ablenken zu lassen. Doch dann wurde es lauter und sie sah doch auf. Weit entfernt leuchteten Zwillingslichter am Horizont. Kaya kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Tatsächlich, ihnen näherte sich ein Schneemobil.
    „Erwartest du noch jemanden?“ Statt den Kreis in entgegengesetzter Richtung abzuschreiten, wie es jeder vernünftige Mensch getan hätte, war Jeremy ihr gefolgt und stand nun neben ihr.
    Kaya schüttelte den Kopf. „Nein.“
    Es war seltsam. Wer könnte ihnen gefolgt sein? Es konnte kein Zufall sein, dass jemand in dieser Einöde ihren Weg kreuzte. Wäre ihr Schlitten nicht so stark beleuchtet gewesen, sie hätten den Scooter schon längst kommen sehen. Lichter reisten schneller als Lärm. Wie die Dinge standen, konnte sie nichts anderes machen, als das mulmige Gefühl, das sie schon zuvor überkommen hatte, weiter zurückzudrängen und abzuwarten. Immer mehr Details schälten sich aus der Nacht. Es war eine einzelne Person, die auf sie zufuhr. Vermummt beugte sie sich über den Lenker des Schneemobils und fuhr direkt auf sie zu.
    Sie spürte plötzlich, dass Jeremy mittlerweile auf Armeslänge an sie herangetreten war. Was passierte hier? Ihr Herz begann zu rasen. Der Puls rauschte in ihren Ohren, mischte sich mit dem Motorengeräusch des Schneemobils. Plötzlich wurde es still.
    Der Fahrer hatte das Gefährt nur wenige Schritte von ihnen entfernt zum Stehen gebracht. Scheinwerferlicht blendete in ihren Augen. Unwillkürlich wich sie zurück, stieß mit dem Rücken gegen ein Hindernis. Zischend schnappte sie nach Luft. Jeremy. Er stand so dicht hinter ihr, dass sie in der plötzlichen Stille seinen Atem hören konnte.
    Der Fahrer schwang sein Bein über den Sitz. Genau in diesem Augenblick erkannte sie ihn. Die Bewegung so vertraut, dass ein kleiner Teil ihres Bewusstseins fragte, wie es möglich war, dass sie ihn nicht sofort erkannt hatte.
    „Silas!“
    Sie wollte ihm entgegenstürzen, doch noch bevor die Frage in ihrem Kopf Gestalt annahm, was er hier machte, wurde sie zurückgerissen. Eisenhart schoss ein Arm von hinten um ihren Hals.
    „Kaya!“
    Silas machte einen Satz, wollte auf sie zu rennen. Sie schnappte nach Luft. Eine Bewegung in ihrem Rücken, und Silas blieb stocksteif stehen.
    „Ich würde das nicht machen, Scuba.“ Jeremys Stimme klang verzerrt, zischend, kalt, wurde zu einem Lachen, das so grauenvoll war, wie nichts, was sie je zuvor gehört hatte. „Willkommen zurück im Spiel. Ich habe lange auf dich gewartet.“
     
    *
     
    Wie gelähmt sah Silas mit an, wie Jeremy Kaya im Würgegriff hielt und nach unten griff. Ihre Augen vor Schreck geweitet. Jeremy hob seinen Fuß der Hand entgegen, fand den Reißverschluss am äußeren Saum der Thermohose. Das Ratschen dröhnte über dem leisen Knacken sich ineinanderschiebender Eisschollen. Dann hatte Jeremy den Revolver in der Hand und legte die Mündung an Kayas Schläfe.
    „Lass das sein, Jay“, sagte Silas.
    Sein Herz schlug unter seinem Kehlkopf so heftig, dass es ihm den Atem zu nehmen drohte. Aus dem Augenwinkel sah er den Inuit beim Hundeschlitten. Kein Jäger, der etwas auf sich hielt, fuhr unbewaffnet aufs Eis. Im selben Moment traf diese Erkenntnis offenbar auch Jeremy. Er riss die Waffe von Kayas Schläfe

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