Polargebiete: Tierparadiese unserer Erde
fressen die Waben. In manchen Gebieten sind Braunbären sogar reine Vegetarier. Als Anpassung an diese Ernährung sind ihre Backenzähne flachkronig ausgebildet und eignen sich somit gut zum Zermahlen faseriger Pflanzenkost.
Der wichtigste Sinn zum Auffinden ihrer Nahrung ist für die Braunbären der hervorragende Geruchssinn. Die Riechschleimhäute sind besonders gut ausgeprägt und lassen die Tiere Duftmoleküle schon in geringsten Mengen wahrnehmen.
Feinschmecker auf Lachsfang
An den Stromschnellen des McNeil River auf der Alaskahalbinsel stehen die Braunbären jedes Jahr zwischen Juli und August stundenlang auf Felsbrocken oder im eiskalten Wasser. Manchmal bis zu 60 Grizzlys – ansonsten Einzelgänger – versammeln sichhier zum gemeinsamen Festmahl. An exponierten Plätzen warten sie in Ruhe ab, bis sich die zu ihren Laichplätzen ziehenden Lachsschwärme durch Stromschnellen vorwärtskämpfen oder zu deren Überbrückung aus dem Wasser springen. Solche günstigen Fangplätze bescheren den Bären leichte Beute. Meist besetzen besonders kräftige, alte und erfahrene Grizzlys solche Vorzugsplätze. Überhaupt herrscht in diesem kurzzeitigen Schlaraffenland eine strikte Rangordnung. Schwächere und vor allem jüngere Bären müssen mit den weniger ergiebigen Fangplätzen vorliebnehmen. Ständig entbrennen mehr oder weniger heftige Kämpfe. Dennoch lässt sich immer wieder beobachten, dass ranghohe ältere Männchen Bärenmütter mit ihren Jungen nicht sogleich wieder vertreiben. Ob es sich um eine Art fürsorgliche Toleranz handelt, ist aber zweifelhaft. Die Bärenmütter genießen auch bei den kräftigen Männchen großen Respekt, weil sie ihre Jungen bis aufs Letzte verteidigen und leicht reizbar sind.
Da sich die wandernden Lachse leicht fangen lassen und sehr fettreich sind, haben sich diejenigen Braunbären, denen dieser kurzzeitige Nahrungsüberfluss zur Verfügung steht, zu den größten Exemplaren entwickelt. Auch im Norden der kanadischen Provinz British Columbia und in Kamtschatka finden sich solche für die Braunbären erreichbaren und für wenige Wochen im Sommer von Lachsen übersprudelnden Flüsse und Bäche. Auf dem Höhepunkt der Lachswanderung kommt es vor, dass die Bären, satt von so viel Überfluss, nur noch die Eier der gefangenen Lachse fressen.
Erst schlemmen, dann fasten
Nach dem Ende der Lachszeit sieht die Nahrung der Grizzlys auf der Alaskahalbinsel deutlich karger aus: Da es hier keine Hirsche oder Dickhornschafe gibt, bleibt ihnen nur Gras, ergänzt durch einige Beeren und Pflanzenwurzeln – welch ein Gegensatz zu dem etwa sechswöchigen Lachsschmaus. Jedes Jahr im Spätsommer veranstalten aber alle Braunbären wahre Fressorgien: In dieser Zeit verdoppeln oder verdreifachen sie ihr Gewicht, um anschließend mehrere Monate zu fasten. Dieses Verhalten ist eine überlebenswichtige Anpassung der Bären an den jahreszeitlich bedingten Klimawechsel. Die Bären hoher Breiten stopfen sich regelrecht mit möglichst kalorienreicher Nahrung voll. In speziellen Fettzellen unter der Haut wird das Speicherfett eingelagert, vorzugsweise an den Oberschenkeln und am Rumpf. Diese Unterhautfettschicht kann mehrere Zentimeter dick werden und dient als gutes Polster für den Winter.
Mit dem endgültigen Einbruch des Winters suchen die Braunbären eine Höhle auf – und die Fastenzeit beginnt. Entweder beziehen sie eine Felshöhle oder graben sich selbst einen Unterschlupf in einen geschützten Hang. In kalten Taigawintern kommt es nicht selten vor, dass sich die Bären über sechs Monate zurückziehen, in gemäßigterem Klima wenigstens für einige Wochen. In den Überwinterungshöhlen nehmen die Tiere keinerlei Nahrung mehr zu sich und zehren allein von ihren Fettreserven. Ihr gesamter Stoffwechsel ist gedrosselt und sie scheiden weder Kot noch Urin aus. Die Folge ist eine stete Gewichtsabnahme.
Geburt im Winterquartier
Mitten im Winter werden im Schutz der Höhle auch die Jungen geboren, meist im Dezember oder Januar. Das mag insofern verwundern, als Braunbären keine festen Brunftzeiten haben und sich etwa ab Mai bis weit in den Sommer hinein paaren. Bei Paarungen im Frühjahr kommt es dann allerdings zu einer Keimruhe, d. h., der Keim unterbricht seine Entwicklung und nistet sich erst gegen Ende des Sommers in der Gebärmutter ein. So ist gewährleistet, dass alle Jungtiere innerhalb einer kurzen Zeitspanne zur Welt kommen. Die Tragzeit kann dadurch allerdings zwischen sechs und neun
Weitere Kostenlose Bücher