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Polaris

Polaris

Titel: Polaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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sagte ich. »Wessen Bild hast du ihr gezeigt?«
    Er zog es aus der Jacke. Ich erhaschte zunächst nur einen kurzen Blick darauf, der mir gerade verriet, dass es sich um einen Mann handelte, und ich dachte, es könnte eventuell Eddie Crisp sein. Fragen Sie mich nicht warum; mir war so oder so schon ganz schwindelig. Aber es war ein Fremder. Schlank, durchschnittliches Aussehen, Anfang zwanzig, braunes, welliges Haar, braune Augen, freundliches Lächeln, hohe Stirn.
    »Einer der Studenten?«, fragte ich.
    »Sie hat ihn schon mal gesehen, aber sie glaubt nicht, dass er Student ist.«
    »Dann ein Ausbilder?«
    »Ich nehme es an. Auch wenn er vermutlich in diesem Semester nicht arbeitet.«
    »Wer ist er, Alex?«
    Er lächelte mich an. »Erkennst du ihn nicht?«
    Und noch ein Ratespielchen. Aber, ja, ich kannte ihn tatsächlich. »Sieht aus wie ein junger Urquhart«, sagte ich.
     
    Auf dem Weg nach Hause verbrachte Alex seine Zeit mit einem Notebook. Wir waren noch keine Stunde in der Luft, als er mir erzählte, dass die Gastprofessoren genau da waren, wo sie sein sollten. »Aber das beweist natürlich gar nichts.«
    Er vergrub sich in die Datenbanken, während ich schlief. Kurz vor unserer planmäßigen Ankunft in Andiquar weckte er mich. »Sieh dir das an, Chase.«
    Er drehte das Notebook so, dass ich den Bildschirm erkennen konnte:
     
    MANN BEI KURIOSEM UNFALL MIT GLEITER GETÖTET
     
Shawn Walker aus Tabatha-Li in der Nähe von Bukovic starb am heutigen Tag, als die Antigravitationsgeneratoren seines Skimmers auf null schalteten und so dafür sorgten, dass das Fahrzeug sämtliches Gewicht verlor und aus der Atmosphäre in den luftleeren Raum aufstieg. Man glaubt, dies sei der erste Unfall dieser Art.
Walker, ein ehemaliger Mitarbeiter von CyberGraphic, der gebürtig aus Bukovic stammte, war im Ruhestand. Er hinterlässt eine Frau, Audrey, und zwei Söhne, Peter, wohnhaft in Belioz, und William in Liberty Point. Außerdem gibt es noch fünf Enkelkinder.
     
    Der Bericht stammte aus dem Jahr 1381, sechzehn Jahre nach dem Vorfall auf der Polaris.
    »Das ist«, so erklärte Alex, »das einzige Auftreten dieser Art von Unfall, das ich habe finden können. Abgesehen natürlich von unserem eigenen Erlebnis.«
    »Aber, Alex«, gab ich zu bedenken, »das ist fünfundvierzig Jahre her.«
    »Ja.« Er kniff die Augen zusammen.
    »Und wo ist Bukovic?«
    Er verkündete, dass es schön wäre, wieder an einem Ort zu sein, an dem ein angenehmeres Klima herrschte, ehe er antwortete: »Auf Sacracour.«
    »Du willst doch wohl nicht vorschlagen, dass wir dorthin gehen, oder?«
    »Hast du irgendetwas Dringendes vor?«
    »Das nicht, aber das bedeutet nicht, dass ich schon wieder auf Reisen gehen will. Noch dazu zu einem anderen Planeten.«
    »Ich denke, es wäre nur vernünftig, wenn wir uns für eine Weile außer Reichweite dieser Psychos bringen würden.« Er schaltete den Monitor aus und sah mich bedeutungsvoll an. »CyberGraphics Spezialität war die Installation und die Pflege von KI-Systemen.«
    »Okay.«
    »Das Unternehmen existiert nicht mehr. Sie haben eine Reihe von Systemen mit Fehlfunktionen hergestellt, waren, ausgerechnet, für einige Fahrstuhlunfälle verantwortlich und gingen unter dem Ansturm der Anwälte schlicht Bankrott. Das war vor ungefähr vierzehn Jahren.
    Das Faszinierende an Shawn Walker ist, dass er der Techniker war, der an Bord der Peronovski war, als diese zur Polaris geflogen ist.« Er sah mich an, als würde das alles erklären. »Audrey, seine Witwe, lebt noch. Sie hat noch einmal geheiratet und ist ein zweites Mal zur Witwe geworden. Sie lebt noch immer in Tabatha-Li.«
    »Ich möchte nicht teilnahmslos erscheinen, aber warum interessiert uns das?«
    Und da zeigte er mir dieses duldsame, nachsichtige Lächeln, das andeutete, er wisse etwas, was ich nicht wusste. Er raubt mir den letzten Nerv, wenn er so ist. »Die damaligen Berichte«, sagte er, »legen nahe, dass Walkers Gleiter sabotiert worden ist.«
    »Wurde jemand erwischt?«
    »Nein. Es ist nie mehr herausgekommen. Die Leute, die ihn kannten, haben behauptet, er hätte keine Feinde. Niemand konnte sich vorstellen, dass irgendjemand seinen Tod gewollt haben könnte.«
    Ich las den Bericht noch einmal. »Also schön, reden wir mal mit der Dame.«

 
ACHTZEHN
     
     
Manchmal ist ein Geheimnis dann am besten gewahrt, wenn das Geheimnis seiner Existenz geheim gehalten wird.
    Henry Taylor,
Der Staatsmann
     
    Wir stellten ein paar Nachforschungen an.

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