Polaris
Sache mit der Polaris passiert ist.«
»Was wurde aus Ihrer Ehe, Dr. Boland? Falls ich Sie das fragen darf.«
»Ich denke, Jennifer und ich haben uns einfach gegenseitig angeödet. So etwas ist in einer langjährigen Partnerschaft unvermeidlich.«
»Das glauben Sie wirklich?«
»Ich bin Psychiater. Ich sehe so etwas ständig.«
Alex war in dieser Hinsicht absolut konservativ eingestellt. Er gestattete sich, sein persönliches Missfallen angesichts dieser Worte durchschimmern zu lassen, als spräche er mit einer realen Person. »Irgendwo habe ich gelesen«, sagte er, »dass sechzig Prozent aller Ehen halten. Dass die Leute zusammenbleiben.«
»Sie tolerieren einander, zumeist aus einem gewissen Pflichtgefühl heraus. Wegen der Kinder im Allgemeinen. Wegen ihres Eids. Wegen ihrer Unfähigkeit, jemandem Schmerz zuzufügen, von dem sie glauben, dass er sie liebt.«
»Sie sind sehr pessimistisch in Bezug auf diese Institution.«
»Ich bin Realist. Eine langfristige Ehe ist eine Falle, die aus unseren Anfangstagen im Wald stammt, in der sie die einzige Garantie für das Überleben der Spezies war. Das ist aber nicht mehr der Fall. Das ist schon seit Tausenden von Jahren nicht mehr der Fall.«
»Warum hat sie dann überdauert?«
»Weil wir sie mit so viel Mythologie erfüllt haben. Das ist das sanctum sanktuarium adoleszenten Leichtsinns. Es ist das Urteil, das wir uns auferlegen, weil wir zu viele romantische Dramen sehen. Und vielleicht, weil die Menschen zu viel Angst davor haben, allein zu sein.«
»Okay.«
»Gab es sonst noch etwas, worüber Sie sprechen wollten?« Er blickte an seinem Arm herab und verzog das Gesicht. »Sonnenbrand«, murmelte er. Ein neues Hemd mit längeren Ärmeln erschien aus dem Nichts.
»Ja. Da ist noch etwas.« Im Hintergrund konnte ich sehen, wie sich ein Sturm zusammenbraute. Das ist genau die Art, in der manche Leute auf nicht allzu subtile Weise andeuten wollen, dass sie wichtigere Dinge zu tun haben, als die derzeitige Konversation fortzusetzen. Aber dies war ein Avatar. Boland, so überlegte ich, hatte Sinn für Humor bewiesen. »Sie waren ein Kreuzfahrer«, fuhr Alex fort. »Sie haben allen möglichen Dingen Ihre Zeit und Energie gewidmet.«
»Unsinn. Ich habe gelegentlich einen kleinen Beitrag geleistet. Das ist alles.«
»Sie haben umfassende Änderungen in der Bildungsarbeit unterstützt.«
»Wir wussten nie, wie man Wissensdurst in unseren Kindern hervorbringen kann. Einzelne Eltern haben manchmal einen Weg gefunden. Aber die Institutionen? Die haben sich, solange sich irgendjemand erinnern kann, nur als absolute Katastrophe erwiesen.«
»Sie waren Sprecher für Big Green.«
»Die Leute auf Rimway haben nicht einmal gemerkt, was für einen Schaden sie verursachen. Aber Sie sollten mal ein paar Wochen auf der Erde verbringen. Oder auf Toxicon. Wenn diese Welt nicht passend benannt wurde…«
»Sie haben sich als Anwalt der Bevölkerungskontrolle betätigt.«
»Selbstverständlich. «
»Gibt es denn wirklich ein Bevölkerungsproblem, Doktor?
Da draußen gibt es Hunderte von Sommerwelten, auf denen kaum jemand lebt. Manche sind sogar verlassen.«
»Wo sind wir gerade?«
»Sacracour.«
»Ach. Ja. Ein wunderbares Beispiel für Ihre Argumentation. Bei der letzten Volkszählung haben 188.656 Personen auf Sacracour gelebt. Beinahe alle konzentrierten sich auf die Ostküste eines der Kontinente.«
»Wenn Sie das sagen.«
»Drei andere Landmassen, eingeschlossen ein Superkontinent, sind nahezu unbewohnt.«
»Genau darum geht es mir.«
»Die Erdbevölkerung beträgt momentan elf Milliarden. Plus oder minus ein paar Hundert Millionen. Sie sind sehr unter Druck. «
»Aber wir könnten sie woanders hinbringen. Wir haben Möglichkeiten.«
»Ja, die haben wir. Aber ganze Bevölkerungen selbst der friedliebendsten Welten umzusiedeln, gehört nicht dazu.« Seine Züge verhärteten. »Rechnen Sie nach, Alex. Rechnen Sie nach.«
»Sie sprechen von den Ressourcen, die für die Umsiedelung der Menschen benötigt werden?«
»Selbstverständlich.«
»Dann müssen wir eben alles, was wir haben, für diese Operation aufwenden.«
Es war an der Zeit, mich einzumischen. »Es gibt nicht genug Schiffe, Alex«, sagte ich. »Was du auch tust, es gibt nicht genug Schiffe.«
»Die junge Dame hat Recht. Derzeit besitzt die Konföderation eintausendvierundsechzig interstellare Raumer mit einer durchschnittlichen Unterbringungsmöglichkeit für achtundzwanzig Personen. Drei der Schiffe
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