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Polaris

Polaris

Titel: Polaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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übernahm während des Fluges praktisch alles. Ich war nur für den Notfall anwesend.
    Ich freute mich nicht darauf, nach Hause zurückzukehren. Es war schön gewesen, für eine Weile von Rimway wegzukommen und mich endlich wieder sicher zu fühlen. Wäre es nach mir gegangen, ich hätte mich dieses Mal für einen altmodischen langen Flug entschieden. Innerhalb des Kokons aus Metall fühlte ich mich sicher. Ich hatte sogar darüber nachgedacht, auf Sacracour zu bleiben, trotz Schneesturm, Erdbeben und Yohos. Die Yohos konnte man wenigstens kommen sehen.
    Alex machte sich bereit für den Abend und weitere Lektüre über Madeleine English. »Sie hat keinen Avatar hinterlassen«, sagte er und tippte auf das Display. »Sie war eine gewöhnliche Pilotin mit einer ordentlichen Personalakte.«
    »Ordentlich ist das Beste, was man tun kann«, sagte ich. »Das bedeutet, dass man sein Ziel immer mit einem Minimum an Getue erreicht und niemals Passagiere oder Fracht verliert.«
    Zu jener Zeit hatte sie schon seit sechs Jahren Missionen für die Vermessung geflogen. Ihre Biografen – es gab vier davon – berichteten, dass sie mehrere Liebhaber gehabt habe, eingeschlossen den Bestseller- und Romanautor Bruno Shaefer. Sie war in Kakatar geboren worden und hatte schon früh ein Interesse für Luftfahrzeuge erkennen lassen. Ihr Vater wurde zitiert, als er irgendwann hatte verlautbaren lassen, dass es ihre Liebe zu den interstellaren Schiffen und die Intervention von Garth Urquhart gewesen sei, was sie gerettet habe. »Anderenfalls«, so hatte er, offensichtlich nicht nur zum Scherz, erklärt, »hätte sie allenfalls als Verbrecherin Karriere gemacht.«
    Sie hatte eine T17 Nighthawk im Einsatz gegen die Stummen geflogen und sich mit dreiundzwanzig für überlichtschnelle Schiffe qualifiziert. Damit hatte sie den Rekord als jüngste interstellare Pilotin zwar nicht eingestellt, war aber auch nicht weit davon entfernt geblieben.
    Es gab Bilder von ihr in Uniform, in Abendrobe, in Sportkleidung (offensichtlich war sie verrückt nach Sport gewesen). Es gab Bilder von ihr, die sie am Strand zeigten, vor diversen Monumenten, an den Niagarafällen, auf dem Grand London Square, am Turm von Inkata, an der Großen Mauer. Hier trug sie Kappe und Kleid. Dort, im Cockpit ihrer T17. Dann wieder stand sie mit verschiedenen Gruppen von Passagieren zusammen, die sie für die Vermessung geflogen hatte. Es gab Bilder, die sie mit Urquhart zeigten, mit Bruno Shaefer neben einem Reklamefoto für eines von Shaefers Büchern und mit Jess Taliaferro bei irgendeinem Bankett.
    Sie hatte nie geheiratet.
    Normalerweise sprachen die Leute, wenn sie sich über die Polaris unterhielten, über die sechs: über Dunninger und Mendoza, Urquhart, Boland, White und Klassner. Aber ich hegte den Verdacht, dass sie sich am Ende alle auf Maddy konzentrierten. Von all diesen Leuten war sie diejenige, deren Leben irgendwie unerfüllt geblieben zu sein schien.
    »Was denkst du über sie?«, fragte Alex.
    Das war leicht. »Sie war in Ordnung. Offensichtlich war die Vermessung auch dieser Ansicht. Sie haben ihr sechs der berühmtesten Personen der ganzen Konföderation anvertraut.«
    Alex betrachtete das Bild, das sie in Uniform zeigte. Blondes Haar, kurz geschnitten, bemerkenswert blaue Augen, eine ungeheuer starke Ausstrahlung. »Sie hat einen Stummen-Zerstörer ausgeschaltet«, sagte ich, »als sie selbst einen Jäger geflogen hat.«
    »Ich weiß.« Alex schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich dieser Frau gern in die Quere gekommen wäre.«
    »Kommt drauf an, was du meinst.«
    Er seufzte. »Frauen sind doch alle gleich«, sagte er. »Ihr denkt, wir wären alle besessen.«
    »Wer? Ich?« Es waren noch immer acht Stunden bis zum Sprung, und wir waren schätzungsweise viereinhalb Tage von zu Hause entfernt. Eine Weile saßen wir noch zusammen und unterhielten uns. Schließlich beschloss ich, dass ich für diesen Tag genug hatte. Ich nahm mein Lesegerät mit ins Bett, aber fünfzehn Minuten, nachdem ich hineingekrochen war, schlief ich schon tief und fest.
     
    Ich weiß nicht recht, was mich geweckt hat. Normalerweise würde Belle nicht zögern, mich zu informieren, sollte es irgendein Problem geben. Eine Folge davon ist, dass die Piloten interstellarer Schiffe tief und gesund schlafen durften, beruhigt durch das Wissen, dass der Steuermann nicht im Dienst einnicken würde. Aber Belle hatte sich nicht gemeldet; nichtsdestotrotz lag ich wach, starrte an die Decke,

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