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Polarrot

Polarrot

Titel: Polarrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Tschan
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immer mehr.“
    „Es gibt immer mehr.“
    „Morgen nach rechts.“
    „Morgen nach rechts.“
    „Die Vögel schlafen gleich.“
    „Die Vögel schlafen gleich.“
    „Salut Monsieur S’Elagier.“
    „Salut Monsieur Boucle.“
    „Sie verhaften überall Juden, treiben sie zusammen und fahren sie in Viehwaggons weg. In den Osten, nach Polen wahrscheinlich.“
    „Woher weißt du das, Yves?“
    Sie hatten sich in eine Mulde im Wald zurückgezogen. Breiter hatte Brot und Wurst mitgebracht, Yves entkorkte eine Flasche Burgunder.
    „Der Widerstand beginnt sich langsam zu organisieren, Jacques.“
    „Und das Geschäft?“
    „Das Geschäft hilft, den Widerstand zu finanzieren.“
    „Bist du im Widerstand?“
    „Gute Frage. Ich glaube, irgendwie, ja, ich bin schon hineingeglitten, ja.“
    „So.“
    „Ja.“
    „Und?“
    „Verdammt noch mal, es ist meine Pflicht. Schau dir doch mal an, was die machen.“
    „Mir musst du nichts sagen.“
    „Also?“
    „Was also?“
    „Machst du weiterhin mit?“
    „Ja, wenn es gut zu verdienen gibt.“
    „Das gibt es sicher. Aber die Sache?“
    „Die Sache?“
    „Ja, die Sache. Die Deutschen rausschmeißen, besiegen, das alles zu beenden?“
    „Ja. Aber Yves, schau, ich bin jetzt ganz ehrlich zu dir: Mir geht es um mich. Wenn dies der Sache dient, gut. Wenn nicht, auch gut.“
    „Wärst du bereit, für die Sache …“
    „… Abstriche beim Geld zu machen?“
    „Ja.“
    „Wie viel?“
    „Zehn, zwanzig Prozent.“
    „Zehn. Aber nur bei höheren Preisen.“
    „Die werden steigen. Es kommen mehr, und es wird gefährlicher.“
    „Gut.“
    Yves zog zwei Flaschen Bordeaux aus seiner Jacke: „Für dich.“
    „Oh, danke. Ich habe auch etwas.“ Breiter zog ein Paar Socken aus seinem Rucksack. „Aber erst drüben anziehen.“
    Yves musste lachen. „Gute Idee.“
    Yves stand auf, steckte die Socken in die Taschen, knüpfte seine nassen Schuhe an den Bändern zusammen, warf sie über seine Schultern und machte sich auf, den Fluss zu überqueren.
    „Salut Monsieur S’Elagier.“
    „Salut Monsieur Boucle.“
    Breiter wartete noch, bis Yves im Wald verschwunden war, nahm den steilen Aufstieg unter die Füße und freute sich auf eine Flasche Bordeaux.
    „Juliette a cinq vaches.“
    „Juliette a cinq vaches.“
    „Fünf Pakete à 1.800.“
    „Fünf Pakete à 1.800.“
    „Die Vögel schlafen gleich.“
    „Die Vögel schlafen gleich.“
    „Salut Monsieur S’Elagier.“
    „Salut Monsieur Boucle.“
    „Juliette a cinq vaches.“
    „Juliette a cinq vaches.“
    „Zwei Pakete à 2.250.“
    „Zwei Pakete à 2.250.“
    „Die Vögel schlafen gleich.“
    „Die Vögel schlafen gleich.“
    „Salut Monsieur S’Elagier.“
    „Salut Monsieur Boucle.“
    „Juliette a cinq vaches.“
    „Juliette a cinq vaches.“
    „Vier Pakete à 1.500.“
    „1.500?“
    „1.500 gut.“
    „Ja dann.“
    „Die Vögel schlafen gleich.“
    „Die Vögel schlafen gleich.“
    „Salut Monsieur S’Elagier.“
    „Salut Monsieur Boucle.“
    Breiter war erfreut über die steigenden Preise und die enorm gewachsene Nachfrage. Und noch erfreuter zeigte er sich, als die letzten vier Kunden in Schweizer Franken bezahlten. Das war neben dem Britischen Pfund wohl die letzte verlässliche Währung im kriegsversehrten Kontinentaleuropa.
    Es gab wenig Möglichkeiten, die neu erworbenen Mittel lustvoll auszugeben oder vernünftig anzulegen. An den Börsen war der Handel stark eingeschränkt, ja sie wurden von Zeit zu Zeit sogar ganz geschlossen.
    So beschloss er, alles in Schweizer Franken zu wechseln, stieg am gleichen Abend in den Keller und stellte sich mit einem Bündel Scheinen vor seine Kässelis.
    In „Mama“ waren immer noch die 900 Franken. In „Miete“ der Brief der Witwe Hunziker. Er widerstand der Versuchung, ihn nochmals zu lesen. Auf dem Boden von „Essen“ lag der vereinsamte Fünfliber. Das Überbleibsel aus der Zeit mit Charlotte.
    Er öffnete den Deckel, entnahm die Münze, roch daran, hoffte Charlottes raue Stimme zu hören, ihren Duft zu riechen, die Erinnerung an die hölzernen Knöpfe ihres Hemdhöschens zwischen Zähnen und Lippen zu spüren oder zu sehen, wie sie beim Lachen den Kopf zurückwarf. Aber das Geldstück blieb kalt, muffelte bestenfalls ein bisschen. Er legte den Fünfliber sorgfältig zurück und verschloss den Deckel wieder.
    „Kleider“ hatte er leer in Erinnerung. Aber jetzt fand er 327,50 darin. Wahrscheinlich hatte er diese nach dem Kauf des Autos als

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