Polarsturm
mich nicht mal mehr allein lassen.«
»Die müssen eine Schwäche für hübsche Biochemikerinnen haben«, erwiderte Pitt mit einem freundlichen Grinsen. Insgeheim war er aber dankbar für die Bewachung, außerdem bestätigte sie ihm, dass Martin die Sache ernst nahm.
Lane errötete bei der Bemerkung. »Loren hat vor kurzem angerufen, aber sie hat nichts davon gesagt, dass Sie vorbeikommen.«
»Ich habe mir etwas Sorgen um Sie gemacht, als ich von den Ermittlungen des FBI erfahren habe«, sagte er.
Er bemerkte, dass Lisa im Großen und Ganzen schon wieder besser aussah. Sie hatte etwas Farbe bekommen, die Augen waren klar und die Stimme kräftig. Aber das Gipsbein und die Schulterschlinge deuteten darauf hin, dass es noch eine Weile dauern dürfte, bis sie wieder Twister spielen konnte.
»Was ist eigentlich los? Man hat mir nicht das Geringste verraten«, sagte sie und warf ihm einen flehentlichen Blick zu.
»Man nimmt an, dass möglicherweise ein Sprengsatz hochgegangen ist.«
»Ich dachte mir schon, dass Sie darauf hinauswollten«, sagte sie flüsternd. »Ich kann nur nicht glauben, dass es stimmen soll.«
»Offenbar hat man in Ihrem Labor Sprengstoffrückstände gefunden. Ich weiß, dass das schwer nachzuvollziehen ist. Haben Sie irgendwelche Feinde, persönlich oder beruflich, die Ihnen Übles wollen?«
»Ich bin das alles mit den FBI-Agenten heute Morgen schon durchgegangen«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich kenne keine Menschenseele, die sich so etwas auch nur vorstellen könnte. Und ich weiß, dass das auch für Bob gilt.«
»Wäre es möglich, dass der Sprengstoff einfach so in Ihr Labor gebracht wurde, vielleicht von einem Verrückten, der Zoff mit der Universität hat?«
»Das ist jedenfalls das Einzige, was auch mir einfällt. Aber Bob und ich schließen das Labor immer ab, wenn niemand drin ist.«
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, warf Pitt ein. »Meinen Sie, ein Konkurrent könnte sich durch die Ergebnisse Ihrer Forschung bedroht vorkommen?«
Lisa dachte einen Moment lang über die Frage nach. »Möglich wäre es vermutlich. Ich habe Arbeiten veröffentlicht, die sich auf meine Forschungen im Allgemeinen bezogen haben, und sie haben weitreichende Auswirkungen. Aber Tatsache ist, dass nur Sie, Loren und Bob etwas von meinem Durchbruch mit dem Katalysator wussten. Niemand anders hat davon erfahren. Es scheint mir kaum vorstellbar zu sein, dass jemand so schnell reagieren kann, falls man tatsächlich etwas von der Entdeckung erfahren haben sollte.«
Pitt schwieg, als Lisa einen Moment lang aus dem Fenster blickte.
»Ich bin der Meinung, dass eine funktionierende künstliche Photosynthese nur Nutzen bringt. Ich meine, wem könnte durch eine Reduzierung von Treibhausgasen Schaden entstehen?«
»Wenn Sie das beantworten können, haben wir einen Verdächtigen«, sagte Pitt. Er betrachtete den Rollstuhl, der auf der anderen Seite des Betts stand. »Wann lässt man Sie hier raus?«
»Der Arzt sagt, höchstwahrscheinlich morgen Nachmittag. Meinetwegen kann es nicht schnell genug gehen. Ich möchte wieder arbeiten und meine Entdeckung publizieren.«
»Können Sie denn das Versuchsergebnis darstellen?«, fragte Pitt.
»Im Prinzip ist alles noch da oben«, sagte sie und tippte sich mit dem Finger an den Kopf. »Ich muss mir allerdings ein paar Laborgeräte borgen, um ein paar Sachen noch mal zu dokumentieren. Vorausgesetzt natürlich, dass die Bergbaugenossenschaft von Ontario eine weitere Rutheniumprobe liefern kann.«
»Beziehen Sie das Mineral von dort?«
»Ja. Es ist sehr teuer. Das Zeug wird möglicherweise noch mein Untergang.«
»Sie sollten jetzt doch auch etwas mehr Forschungsgelder bekommen können, würde ich meinen.«
»Es geht nicht nur um die Kosten des Rutheniums, es muss auch erhältlich sein. Bob sagt, es sei fast unmöglich, welches zu finden.«
Pitt dachte einen Moment lang nach, dann lächelte er Lisa an.
»Keine Sorge, alles wird klappen. Ich sollte Sie nicht mehr länger bei Ihrer Genesung stören. Rufen Sie jederzeit an, wenn Sie jemanden brauchen, der Ihren Rollstuhl schiebt.«
»Danke, Dirk. Sie und Loren waren so lieb zu mir. Sobald ich wieder laufen kann, lade ich Sie beide zum Essen ein.«
»Ich kann’s kaum erwarten.«
Pitt ging zu seinem Auto und stellte fest, dass es kurz vor halb sechs war. Auf eine leise Ahnung hin rief er Loren an und erklärte ihr, dass er sich verspäten werde, dann kehrte er zum NUMA-Gebäude zurück, fuhr mit dem Aufzug in
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