Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
kleiner wäre, dann hätte ich noch nicht einmal Knöchelschmerzen«, sagt er der Bild-Zeitung , »dieser Unfall hinterlässt keine Spuren in meinem Kopf.« Und weiter: »Ein Testtag ist oft schmerzhafter.« Ob er starten darf, entscheiden die Ärzte des Automobilweltverbandes am Donnerstag an der Rennstrecke in Indianapolis. Bevor er zu ihnen eilt, wirbt Kubica noch einmal in eigener Sache: »Ich fühle mich, als sei nichts passiert.« – »Ich bin fast wie neu.« – »Der Unfall sah viel schockierender aus, als ich ihn empfunden habe.« – »Ich hätte sogar aus eigener Kraft aussteigen können.« Das subjektive Empfinden lässt sich auch objektiv überprüfen. Der Automobilweltverband testet alle Fahrer vor der Saison. Per Computer-Check werden ihre Reaktions-und Koordinationswerte ermittelt. Die Daten werden gespeichert. Nach einem Unfall kann der Test wiederholt und die Werte können miteinander verglichen werden. Kubicas Untersuchung in Indianapolis dauert 40 Minuten. Für einen Rekonvaleszenten wirkt er erstaunlich fit. Trotzdem verweigern die Spezialisten ihm die Starterlaubnis. Er hatte eine Gehirnerschütterung. Was eine zweite kurz danach für Folgen haben könnte, wollen sie lieber nicht herausfinden. Das Verdikt kommt erst kurz vor Ablauf der Meldefrist für die Grand-Prix-Teilnehmer am Nachmittag. Viel Zeit bleibt dem Team nicht, den Ersatz zu benennen: Sebastian Vettel oder den erfahreneren und extra nach Indianapolis beorderten Timo Glock? Sebastian Vettel ist im Fahrerraum an der Rennstrecke, als er den Anruf von Sportchef Mario Theissen erhält: »Stell dich drauf ein, du wirst am Wochenende fahren!« Neun Worte, die eine Menge ändern. Kubica reist umgehend ab. Glock ist enttäuscht. In Deutschland versucht Norbert Vettel, in aller Eile einen Flug zu bekommen, um die Grand-Prix-Premiere seines Sohnes aus nächster Nähe erleben zu können. Und Hessens Ministerpräsident Roland Koch gibt eine Grußbotschaft auf: »Ich drücke Ihnen für Ihr Renndebüt fest beide Daumen!«
Startübungen
Die Vorbereitungen beginnen umgehend. Noch am Abend sitzt Sebastian Vettel im Formel-1-Auto von BMW . Der Motor ist aus. Vier Mechaniker schieben ihn zum Boxenstopp-Üben vor die Garage. Ein Dutzend Mal. Bis jeder Handgriff sitzt. Das Rennen wird einige Neuerungen für Sebastian Vettel bringen. Es wird wesentlich länger sein als diejenigen, die er zuvor bestritt. Er wird zum Reifenwechseln und Tanken stoppen müssen. Er wird in der Qualifikation erstmals ein Ausscheidungsfahren in drei Abschnitten bestreiten. Und er wird zum ersten Mal in einem so starken Wagen im Pulk losfahren müssen. Allein um sich darauf vorzubereiten, geht er das Start-Prozedere 50-mal durch. Um die Strecke kennenzulernen, dreht er zwei Runden – in Joggingschuhen. Natürlich ist Sebastian Vettel angespannt. Aber anmerken lassen will er sich das nicht. Ob die Nacht nach der Nachricht eine besondere wird? »Ich glaube nicht«, sagt Sebastian Vettel, »irgendwann wird es dunkel. Dann wird es Zeit, ins Bett zu gehen. Und morgen wache ich wieder auf.« Am nächsten Morgen darf er dann tatsächlich fahren. Und zwar viel. In jeder der drei Trainingssitzungen am Freitag und am Samstagvormittag dreht Sebastian Vettel mehr Runden als jeder andere. Im ersten Trainingsdurchgang ist der Fahrschüler trotzdem fünf Zehntelsekunden langsamer als sein Teamkollege Nick Heidfeld, im zweiten sind es nur noch drei Zehntel. Im dritten ist er drei Zehntelsekunden schneller als Heidfeld. Vor der Qualifikation legt Sebastian Vettel sich noch einmal hin und geht alle Abläufe durch. Anschließend lenkt er seinen BMW bis in die finale Runde des Ausscheidungsfahrens und erreicht Startplatz sieben.
Das erste Rennen
Das erste Rennen ist für viele Formel-1-Fahrer ein besonderes Erlebnis. Der Japaner Ukyo Katayama musste sich unmittelbar vor seinem Debüt beim Großen Preis von Südafrika 1992 übergeben. Vor Nervosität. Mit vier Runden Rückstand wurde Katayama Zwölfter. Der Finne Mika Häkkinen hat über sein erstes Rennen, den Großen Preis der USA 1991, einmal gesagt: »Ich war ganz ruhig, voller Selbstbewusstsein. Ich habe gedacht, ich würde gewinnen. Viele haben das nicht so gesehen, und es ist dann ja auch nicht ganz so gekommen.« Nach 59 Runden fing sein Lotus Feuer. Im Vergleich dazu verläuft Sebastian Vettels Auftakt unspektakulär. In der ersten Kurve verpasst er den Bremspunkt, schießt kurz von der Strecke und verliert vier Positionen. Die Sonne
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