Polgara die Zauberin
ankam, veranstalteten sie alle einen Heidenlärm, um ihr Futter zu bekommen, und das ärgerte mich noch mehr. Soweit ich weiß, hat noch kein Vogel das Wort ›Danke‹ in den Schnabel genommen.
Mittlerweile waren es ganze Schwärme, die sich über meine tägliche Gabe hermachten und sie im Handumdrehen vertilgten. Dann fingen sie an, lärmend mehr zu verlangen.
Ich hockte auf meinem Lieblingsausguck, und die schrille Unverfrorenheit der Vögel brachte mich noch mehr auf. Wenn es doch nur irgendeinen Weg gäbe, wie ich mir einen unerschöpflichen Körnervorrat beschaffen könnte, um sie zum Schweigen zu bringen.
Die Eichelhäher waren besonders nervtötend. Das Kreischen eines Eichelhähers hat etwas, das mir durch Mark und Bein geht. Schließlich, nachdem die Grenzen meiner Geduld eindeutig überschritten waren, platzte es aus mir heraus: »Mehr Körner!« Ich brüllte fast.
Und mit einemmal waren sie da – haufenweise! Ich war gelähmt vor Schrecken. Selbst die Vögel wirkten aufgeregt. Ich hingegen fühlte mich vollkommen erschöpft.
Vater hat immer den Ausdruck ›der Wille und das Wort‹ benutzt, um das, was wir tun, zu beschreiben, aber ich glaube, das ist ein bißchen zu eng gefaßt. Meine Erfahrung geht eher dahin daß ›der Wunsch und das Wort ‹ ebenso gut funktionieren.
Eines Tages müssen er und ich uns darüber unterhalten.
Wie es für gewöhnlich der Fall ist, verursachte mein erstes Experiment auf diesem Gebiet eine Menge Lärm. Ich war noch nicht fertig damit, mich zu beglückwünschen, als ein blaugebänderter Falke und zwei Tauben herbeigesegelt kamen. Nun, Falken und Tauben fliegen meist nicht gemeinsam – außer, wenn der Falke Hunger hat –, so daß ich gleich meinen Verdacht hatte. Alle drei ließen sich auf meinem Seitenast nieder, und dann verschwammen die Umrisse, während sie sich vor meinen Augen verwandelten.
»Körner, Polgara?« sagte Beltira milde. »Körner?«
»Die Vögel waren hungrig«, entgegnete ich. Was für eine dumme Ausrede für ein Wunder!
»Entzückend, die Kleine, nicht?« murmelte Belkira in Richtung von Onkel Beldin.
»Wir hätten damit rechnen müssen«, knurrte Beldin. »Pol macht nie etwas auf normale Weise.«
»Werde ich das auch eines Tages tun können?« fragte ich die Zwillinge.
»Was, Pol?« fragte Belkira freundlich.
»Das, was du gerade getan hast – dich in einen Vogel verwandeln und wieder zurück.«
»Wahrscheinlich, ja.«
»Fein«, sagte ich, als eine ganze neue Welt voller Möglichkeiten sich vor mir auftat. »Wird Beldaran es auch können?«
Ihr Gesichtsausdruck schien bei meiner Frage ein wenig vage zu werden. »Jetzt ist es aber genug, Pol«, sagte Beldin streng, »erst müssen wir dir einige Sachen erklären. Das hier ist sehr gefährlich.«
»Gefährlich?« Das erschreckte mich.
»Du kannst beinah alles tun, worauf du deinen Geist konzentrierst, Pol«, erläuterte Beltira, »aber du kannst keine Dinge ungeschehen machen. Sag niemals: ›Sei nicht.‹ Wenn du das tust wird die Macht, die du entfesselt hast, auf dich zurückschlagen, und du wirst diejenige sein, die vernichtet wird.«
»Warum sollte ich etwas vernichten wollen?«
»Das kommt vor«, versicherte mir Beldin in jener Knurrstimme, die ihm eigen war. »Du bist fast genauso jähzornig wie ich, und früher oder später wird dich irgend etwas so reizen, daß du es weghaben willst – vernichten willst –, und das wird dich umbringen.«
»Umbringen?«
»Und mehr als das. Der Zweck des Universums ist es, Dinge zu erschaffen. Es wird nicht zulassen, daß du dich in seinen Rücken schleichst und seine Arbeit zunichte machst.«
»Trifft das nicht auch auf das Erschaffen von Dingen zu?« fragte ich schlau.
»Wie kommst du denn auf die Idee?«
»Wenn das Vernichten von Dingen verboten ist, erscheint es mir nur folgerichtig, daß auch das Erschaffen verboten ist.«
»Dinge zu erschaffen, ist in Ordnung«, versicherte mir Beldin. »Du hast gerade eine halbe Tonne Vogelfutter erschaffen und stehst immer noch da, aber versuch nie, etwas, was du gemacht hast, wieder auszulöschen. Falls es nicht gut war – Pech. Sobald du es einmal gemacht hast, hast du es am Hals.«
»Das klingt nicht gerecht!« empörte ich mich.
»Hast du wirklich geglaubt, das Leben sei gerecht Pol?« versetzte er.
»Aber wenn ich etwas erschaffe, dann gehört es mir, nicht wahr? Ich sollte eigentlich alles mit ihm anstellen dürfen, was ich will, oder?«
»So funktioniert das nicht, Pol«, klärte Beltira mich auf. »Stelle
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