Polgara die Zauberin
einem logischen Argument, das ihn überzeugen würde. »Du überläßt ihm doch nicht etwa den Sieg, oder?«
»Er wird nicht gewinnen, Pol. Sein scheinbarer Erfolg hier wird auf ihn zurückfallen und ihn später vernichten. In seine Vernichtung werden bestimmte Arender verwickelt sein. Ich werde nichts unternehmen, um das zu verhindern, und du auch nicht. Der ›Bogenschütze‹ und ›der Ritter‹ werden aus den Geschehnissen hervorgehen, die hier stattfinden. Aus diesem Grund dürfen wir uns keinesfalls einmischen.«
»Der Fall Vo Wacunes ist demnach gewiß, Altehrwürdiger?« fragte ihn Ontrose.
»Ich fürchte, ja, Ontrose. Hat Polgara Euch von den Prophezeiungen erzählt?«
»In gewissem Umfange, Heiliger Belgarath«, gab Ontrose zur Antwort. »Ich vermöchte indes nicht zu behaupten, ich hätte alles verstanden, was mir kundzutun sie mich für würdig erachtete.«
»Um es kurz zu machen, es gibt einen Krieg, schon seit Anbeginn aller Zeit«, erläuterte Vater. »Ob es uns gefällt oder nicht, wir alle sind in diesen Krieg verwickelt. Vo Wacune muß geopfert werden, wenn wir gewinnen sollen. Ihr seid Krieger, Ihr versteht diese Dinge.«
Ontrose seufzte und nickte dann düster. Wie sollte ich mich nur gegen die beiden durchsetzen?
»Vielleicht möchtet Ihr gerne mit Herzog Andrion sprechen«, fuhr Vater fort. »Wenn Ihr Euch beeilt, könnt Ihr Frauen und Kinder möglicherweise noch in Sicherheit bringen, aber Vo Wacune selbst wird in ein paar Tagen nicht mehr stehen. Auf meiner Reise hierher habe ich die Asturier gesehen. Sie werfen alles, was sie haben, gegen euch.«
»Sie werden viel weniger haben, wenn sie nach Vo Astur zurückkehren«, versprach mein Kämpe mit ausdrucksloser Stimme.
»Wenn es Euch ein Trost ist, Vo Astur wird in einigen Jahren dasselbe Schicksal erleiden.«
»Ich werde mich an diesen Gedanken halten, Altehrwürdiger.«
Wie konnten sie nur so beiläufig über eine Niederlage sprechen, die noch gar nicht stattgefunden hatte? »Was denkt ihr beide euch nur?« fragte ich mit schriller Stimme. »Wollt ihr euch einfach hinlegen und euch Garteon ergeben? Wir können gewinnen! Und wenn du mir nicht hilfst, Vater, werde ich es alleine tun.«
»Das kann ich nicht zulassen, Pol«, sagte er.
»Du kannst mich nicht aufhalten. Du mußt mich schon umbringen, und was machst du dann mit deinem kostbaren Mrinkodex?« Ich wandte mich an meinen Geliebten, und das Herz in meiner Brust wurde mir ganz bang und klein. »Ihr seid mein Kämpe, Ontrose, und mehr – viel mehr. Wollt Ihr mir trotzen? Wollt Ihr mich wegschicken wie eine diebische Kammerzofe? Mein Platz ist an Eurer Seite.«
»Sei vernünftig, Pol«, sagte Vater. »Du weißt, ich kann dich zwingen zu gehen, wenn es sein muß. Bring mich nicht dazu.«
Dann verlor ich jegliche Vernunft, »Ich hasse dich, Vater!« schrie ich ihn an. »Verschwinde aus meinem Leben!« Tränen strömten mir über die Wangen. »Ich sage es euch beiden klipp und klar: Ich werde nicht gehen!«
»Ihr seid in einem Irrtum befangen, liebste Polgara«, eröffnete mir Ontrose in unnachgiebigem Tonfall. »Ihr werdet Euren Vater begleiten und diesen Ort verlassen.«
»Nein! Ich verlasse dich nicht!« Mein Herz brach. Ich konnte mich ihm nicht widersetzen. Dafür liebte ich ihn zu sehr.
»Seine Gnaden, Herzog Andrion, hat mich mit dem Oberbefehl über die Verteidigung der Stadt betraut Lady Polgara«, erklärte er und nahm zu strikter Förmlichkeit Zuflucht. »Als solcher ist es meine Pflicht, unsere Truppen einzuteilen. Für Euch gibt es in diesem Einsatzplan keinen Platz. Daher verfüge ich, daß Ihr die Stadt verlasset. Geht«
»Nein!« Ich kreischte fast. Er brachte mich um!
»Ihr seid die Herzogin von Erat, liebe Lady Polgara, doch lange davor gehörtet Ihr zum wacitischen Adel, und ihr habt dem Hause des Herzogs Andrion den Lehns und Treueeid geschworen. An diesen Schwur gemahne ich Euch. Häufet keine Schande auf Euren Stand durch Eure hartnäckige Weigerung. Wappnet Euch, meine geliebte Polgara. Vor Ablauf einer Stunde werdet Ihr Vo Wacune verlassen.«
Seine Worte trafen mich wie eine Ohrfeige. »Das war höchst unliebenswürdig gesprochen, Mylord Ontrose«, versetzte ich steif. Er hatte mir meine Pflicht förmlich um die Ohren geschlagen.
»Die Wahrheit ist meist unliebenswürdig, Mylady. Wir haben beide unsere Verpflichtungen. Ich werde der meinen nachkommen. Kommet auch Ihr der Euren nach. Nun geht!«
Meine Augen füllten sich mit Tränen, und ich klammerte mich kurz an ihn.
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