Polgara die Zauberin
es hier von ihnen wimmeln.«
Er würde Pferde kaufen, sagte er, aber ich verwarf die Idee. Selana war ein gesundes Mädchen, aber sie war schwanger, und in einem Sattel auf und ab zu hüpfen, ist für schwangere Damen nicht eben gut. Ich hörte nicht richtig hin, als Vater Darion und Selena einige Tatsachen eröffnete. Ich kannte die Geschichte schon – und hatte das meiste selbst erlebt. Darion sah noch nicht restlos überzeugt aus, aber er handelte, als würde er Vater glauben. Dann schlug er vor, wir sollten die Stadt in seinem etwas wackligen Lieferwagen verlassen. Vater gefiel die Idee sofort, erinnerte sie ihn doch an die Lieblingsverkleidung des Meisters. Dann, obwohl ich es wahrlich ungern zugebe, hatte der alte Wolf einen genialen Einfall. »Ich denke, ein kleines Feuerchen hier könnte nicht schaden«, sinnierte er.
Das mißfiel Darion und Selana wirklich. Ihr ganzes Eigentum befand sich in diesem Gebäude, und sie hatten noch immer nicht völlig begriffen, daß sie nie nach Sulturn zurückkehren würden, um die Überbleibsel ihres früheren Lebens einzusammeln. Auch aus diesem Grund war Vaters Plan so genial. Es würde uns nicht nur die sofortige und ungeteilte Aufmerksamkeit eines jeden in der Stadt sichern, sondern auch jegliche Sehnsucht im Keim ersticken, die Darion und Selana später ankommen könnte, zurückzukehren und alte Erinnerungen aufzufrischen.
Vater ging in die Schenke zurück, um sein Pferd zu holen, und dann schuf ich mittels Beschwörung die drei Skelette, die die Stadtbewohner – und den neugierigen Murgo – davon überzeugen würden, Darion, Selana und ich seien bei dem Brand ums Leben gekommen. Ich wollte, daß die Spur, die dieser Murgo verfolgt hatte, sich hier in Sulturn ein für allemal verlief.
Vater fuhr den Karren aus Muros hinaus, während Darion, Selana und ich unter einer Segelplane verborgen auf der Ladefläche kauerten. Ein paar Stunden nach Mitternacht fuhren wir auf der Nordstraße Richtung Medalia, während Darions Laden hinter uns lichterloh brannte.
In den letzten Ausläufern eines stürmischen Herbstes ritten wir die nächsten beiden Wochen über nordwärts. Wenn ihr es wirklich eilig habt, von Sulturn nach Darine zu gelangen, kauft ihr euch ein gutes Pferd und bleibt auf den tolnedrischen Hauptstraßen. Wenn ihr euer Reittier antreibt, schafft ihr es vermutlich in fünf Tagen. Durch Dörfer und Städtchen zu preschen, als sei einem Torak persönlich auf den Fersen, erregt indes Aufmerksamkeit, und so nahm Vater die Nebenstraßen und örtlichen Karrenwege und mutete seinem Pferd nicht allzuviel zu. Der Herbst ist eine angenehme Reisezeit, weshalb ich nichts dagegen einzuwenden hatte. Die Bäume pflegen sich in dieser Jahreszeit mit einem prächtig bunten Kleid zu schmücken, und der böige Wind füllt die Luft mit Farben.
Schließlich erreichten wir Darine, verkauften Vaters Pferd und Darions Karren und schifften uns zum drasnischen Hafen Kotu ein.
Ich kann Kotu nicht ausstehen. Das war schon immer so – vermutlich wegen des immerwährenden Gestanks von den Sümpfen her, der wie ein Fluch über der Stadt lastet. Darüber hinaus finde ich die verwirrenden Täuschungsmanöver der drasnischen Händler von Kotu äußerst lästig. Wenn ein Drasnier dir Geld schuldet würde er lieber sterben, als seine Schulden zu begleichen, ohne irgend etwas auszuhecken, das ihm selbst noch Gewinn bringt.
Ich gebe es nur ungern zu, aber ich hatte meinen Vater im Laufe der Jahre wirklich vermißt. Er hat jede Menge Charakterfehler, die ich stets lautstark mißbilligte, aber er ist ein interessanter alter Gauner, und außerdem hat er eine fast brutale praktische Veranlagung, mit der ich es nie hatte aufnehmen können. Der Gedanke Darions Geschäft niederzubrennen, wäre mir nie gekommen. Vielleicht bin ich eben doch zu sentimental.
Vater und Darion verstanden sich gut. Darion war so klug, auf Vaters Ratschläge zu hören, und Vater wußte das zu schätzen. Ich weiß mit ziemlicher Sicherheit, daß Darion einige Bedenken hinsichtlich seines Berufswechsels in Kotu hegte. Für Darion waren die Möbel das Entscheidende, nicht die Verzierungen darauf. Daß er nunmehr Holzschnitzer wurde, stellte in seiner Sicht also einen entschiedenen Abstieg dar. Vater wischte seine Einwände mit der für ihn typischen Schroffheit beiseite. »Bist du nicht der Meinung, daß am Leben zu bleiben noch weitaus entscheidender ist als irgendein vages Gefühl von Handwerkerehre?« fragte er.
Das brachte Darions
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