Polgara die Zauberin
erzählte?«
»Nee, woll nich'«, gluckste der alte Kauz.
»Gut«, seufzte Darral. »Es war den Versuch wert. In Wirklichkeit heiße ich aber Darral, und das ist meine Frau Alara. Die Dame, die den anderen Wagen fährt, ist meine Tante Pol, und der kleine Junge, der neben ihr schläft, mein Sohn Geran.«
»Bin stolz, Eure Bekanntschaft zu mach'n, Darral«, sagte der Alte. »Ich bin Farnstal, un' ich bin meist'ns der, der Fremde begrüßt – hauptsächlich, weil ich sonne neugier'ge alte Haut bin. Der Gasthof issen Stück weiter die Straße runter, da könnt Ihr Euch 'nen Zim'r nehm'n, bis Ihr was auf Dau'r gefund'n habt. Was habt Ihr denn so gelernt, Darral?«
»Ich bin Steinmetz – aus der Nähe von Sulturn. Ich habe die ganze Zeit Grabsteine angefertigt, aber das ist eine trübsinnige Arbeit, und deshalb habe ich mich entschlossen, etwas Fröhlicheres zu machen.«
»Wenn Ihr Euch auskennt mit Hamm'r un' Meiß'l, seid Ihr hier richtig, Darral. Die Mannsbild'r hier ham schon drei Woch'n, bevor die Erde gemacht wurde, Steinblöcke aussem Berg da drüben gekloppt un' werd'n wahrscheinlich noch Monate nach ihrem Untergang weiterklopp'n. Warum geh'n wa nich' weiter zum Gasthof da drüben un' besorg'n Euch 'nen Zimm'r? Dann könn' wa uns alle bekanntmach'n.«
Darral war sehr geschickt, wie ihr bemerkt haben werdet. Seine umgängliche Art sorgte dafür, daß wir ohne den geringsten Widerstand in die Gemeinschaft von Annath aufgenommen wurden. Desgleichen werdet ihr bemerkt haben, daß er sich bezüglich unseres Herkunftsortes eine kleine Ungenauigkeit erlaubte, die man aber kaum als glatte Lüge bezeichnen kann. Medalia und Sulturn sind nicht allzu weit voneinander entfernt – allerhöchstens neunzig Meilen –, so daß man sagen könnte, Darral war nur neunzig Meilen von der Wahrheit entfernt.
Wir fuhren also weiter bis zu dem winzigen Dorfgasthof, mit nahezu dem gesamten Dorf im Schlepptau. Kleine Dörfer sind fast immer so. Wir mieteten Zimmer, und mehrere der Dörfler halfen Darral beim Abschirren der Pferde. Die Frauen stürzten sich natürlich auf Alara und mich, und die Kinder vereinnahmten Geran. Als die Sonne unterging, waren wir keine Fremden mehr.
Der Berg, in dem sich der hiesige Steinbruch befand, hatte keinen Besitzer, so daß die Dorfbewohner ein jedem zu gleichen Teilen gehörendes Gemeinschaftsunternehmen gegründet hatten, um die Granitblöcke aus der Bergflanke zu meißeln. Farnstal ließ Darral wissen, daß »'son Steinmetz aus Muros jed'n Herbst hier hochkommt un' se uns abnimmt – was verhindert, daß der Hauf'n zu groß wird un' wa drüber stolpern. So müss'n wa nich' Wag'n kaufn un' Ochs'n füttern, um se in die Tzivilisation und uns aussen Füß'n zu schaff'n. Also ich persönlich hab nie 'ne enge Bindung zu 'nem Ochs'n gehabt.«
»Wißt Ihr, das geht mir ganz ähnlich«, gestand Darral. »Meiner Ansicht nach gehört ein Ochse in die Suppenschüssel.«
»Da stimm ich voll un' ganz mit Euch überein.«
Darral nahm am nächsten Morgen sein Werkzeug mit in den Steinbruch und begann Steinblöcke aus dem Fels zu schlagen, als habe er sein Leben lang nichts anderes getan. Die Frauen nahmen Alara und mich mit ans andere Ende der einzigen Dorfstraße und zeigte uns ein leerstehendes, sehr vernachlässigtes Haus.
»Wem gehört es?« fragte ich eine dicke Dame mit Namen Elna.
»Na, wahrscheinlich dem, der einzieht und das Dach repariert«, versetzte Elna. »Die ganze Familie, der es gehörte, starb vor zehn Jahren an den Pocken, und seitdem steht es leer.«
»Es gibt wirklich keinen Besitzer, Pol«, versicherte mir eine andere Matrone. »Ich wohne zwei Häuser weiter, und das Gebäude ist ein Schandfleck für das ganze Dorf. Wir haben unsere Männer schon gebeten, es abzureißen, aber Ihr wißt ja, wie die Männer sind. Das Höchste, was wir aus ihnen rausbekommen haben, war ein ›wir kümmern uns drum – irgendwann‹. Also ich halte nicht gerade die Luft an.«
»Aber wir können doch nicht einfach einziehen«, wand Alara ein.
»Warum nicht?« meinte Elna. »Ihr braucht ein Haus, und wir brauchen Nachbarn. Die Antwort steht vor uns und setzt Moos an.« Sie sah reihum die anderen Damen an. Ich gewann den nachhaltigen Eindruck, daß sie hier stets für die anderen Damen sprach. »Warum reden wir nicht alle heute abend mit unseren Männern, meine Damen? Wenn unsere Alara hier eine förmliche Erlaubnis braucht, um einzuziehen, bitten wir einfach unsere Männer, die Entscheidung zu treffen – und lassen
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