Polgara die Zauberin
uns schließlich auf einen reichen Pelzhändler mit Namen Gallak. Er war reich genug, um über die nötigen Beziehungen zu verfügen und nicht in einem Loch zu wohnen. Wie die meisten Nadraker war er ein hagerer Mann mit scharfen Augen. Das einzige Problem, das wir mit ihm hatten, bestand darin, daß er weit mehr an Geld als an den schönen Dingen des Lebens interessiert war – Frauen eingeschlossen. Aufgrund seiner Engstirnigkeit kostete es uns mehr Mühe als erwartet, ihm einige Erinnerungen einzupflanzen, aber Mutter und ich umgingen das, indem wir seine Habgier reizten. Wir rieben ihm die verlockende Vorstellung unter die Nase, welchen Gewinn er erzielen würde, wenn er mich erfolgreich weiterverkaufte. Das brachte den Durchbruch.
Spät eines Nachts schlich ich mich in sein Haus, während er schlief, verstreute ein paar meiner Habseligkeiten im Haus und konzentrierte mich auf einen seiner leerstehenden Räume, damit es aussah wie mein persönliches Schlafzimmer. Dann, es dämmerte gerade, machte ich Feuer in seiner Küche und begann zu kochen. Als alles soweit war, ging ich in sein Schlafzimmer und rüttelte ihn wach. »Dein Frühstück ist fertig, Gallak«, ließ ich ihn wissen. »Steh auf.«
Er reckte sich und gähnte. »Guten Morgen, Polanna«, sagte er ruhig. »Hast du gut geschlafen?« Er erinnerte sich glasklar daran, mich vor sechs Wochen in einer hinterwäldlerischen Schenke gekauft zu haben, und in seinen Erinnerungen war ich schon lange genug um ihn, daß er mich hatte kennenlernen können.
Er verschlang sein Frühstück und machte mir ein Kompliment über meine Kochkünste – was er seinen Erinnerungen zufolge stets tat, wenn ich für ihn gekocht hatte. Dann überprüfte er mein Halsband, um sich zu vergewissern, daß der Verschluß noch intakt war, und ging zur Arbeit. Soweit er wußte, war ich ein fester Bestandteil seines Lebens geworden. Er hatte keinerlei Möglichkeit herauszufinden, daß er mich an diesem Morgen das erstemal in seinem Leben gesehen hatte.
»Na also«, sagte Mutter, nachdem er gegangen war. »Jetzt wollen wir einen Mann namens Yarblek aufsuchen. Er wird später ziemlich wichtig werden. Wir sollten ihn also kennenlernen.«
»Meine Bewegungsfreiheit dürfte wohl ein bißchen eingeschränkt sein, Mutter«, rief ich ihr ins Gedächtnis.
»Wer hat dich auf die Idee gebracht?«
»Ich bin eine Sklavin, Mutter. Ich kann doch nicht einfach nach Lust und Laune in den Straßen umherwandern, oder?«
»Du übersiehst das Wichtigste, Pol. Gallak ist dein Besitzer, nicht dein Herr. Du bist sein Eigentum, nicht seine Sklavin.«
»Gibt es da einen Unterschied?«
»Eine ganze Welt von Unterschieden, Pol. Dein Halsband verschafft dir absolute Freiheit, und es zeigt jedem, daß Gallak ihn töten läßt, wenn er dich belästigt. Du hast hier größere Freiheiten als damals als Herzogin von Erat. Du kannst hingehen, wo du willst, und du mußt nichts tun, was du nicht willst. Nadrakische Frauen sind freier als alle anderen weiblichen Wesen auf dieser Welt ~ abgesehen von Wölfen natürlich.«
»Was für eine faszinierende Vorstellung.«
Trotz der Tatsache, daß Yarblek zum damaligen Zeitpunkt erst um die fünfzehn war, war er in Yar Nadrak bereits so etwas wie eine Berühmtheit. Aber berühmt oder nicht, Yarblek war ein wenig schwer zu finden, und meine Suche nach ihm führte mich in die Elendsviertel der Stadt. Offenbar hatte sich die Neuigkeit von dem Vorfall am Stadttor bereits herumgesprochen, denn alle möglichen übel aussehenden Schurken beeilten sich, mir aus dem Weg zu gehen. Scheinbar hatte eine Beschreibung meiner Person die Geschichten begleitet, so daß die Verbrecher von Yar Nadrak mich erkannten. Es ist allerdings schwer, Informationen zu sammeln, wenn niemand mit einem reden will, und so suchte ich mir einen schmuddeligen Kerl aus und zeigte mit dem Finger auf ihn. »Du«, befahl ich gebieterisch. »Komm her!«
»Ich habe doch gar nichts getan«, widersprach er.
»Das habe ich ja auch nicht behauptet. Komm her.«
»Muß ich?«
»Ja.« Ich zeigte auf die Straße vor mir. »Hierher«, kommandierte ich. »Jetzt.«
»Ja, Polanna. Sofort.« Er rannte fast über die Straße, und als er auf dem Fleck stehenblieb, auf den ich gezeigt hatte, nahm er vorsichtig die Hände auf den Rücken, um etwaigen Mißverständnissen vorzubeugen.
»Ich suche einen jungen Burschen namens Yarblek. Kennst du ihn?«
»Jeder kennt Yarblek, Polanna.«
»Gut. Wo finde ich ihn?«
»Er verbringt seine Zeit
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