Polgara die Zauberin
deine Arbeit, und dann kannst du dich vors Feuer setzen.«
Er seufzte und ging wieder nach draußen. Es gab ein paar Dinge im Haus, die ich mir wieder beschaffen mußte, und so legte ich Garion in eine Schublade, damit ich mich ungehindert auf die Suche begeben konnte. Eine offene Schublade ist ein ausgezeichneter Ablageort für ein Neugeborenes, wußtet ihr das schon?
Irgendwo im Haus fand ich eine Wiege und ein paar Kindersachen. Über die Jahre waren hier nicht wenige Kinder zur Welt gekommen, und ich werfe selten etwas weg, das ich später noch einmal brauchen könnte. Als Vater mit einem Eimer warmer Ziegenmilch zurückkehrte, war Garion schon angezogen und lag in einer achthundert Jahre alten Wiege. In der Hand hielt er eine Rassel, die vor Generationen angefertigt worden war.
»Ich glaube, hier unten ist es kälter als oben in den Bergen«, merkte Vater an, während er seine Hände über dem Herd rieb.
»Das scheint nur so, Vater. Konntest du Kontakt mit den Zwillingen aufnehmen?«
»Oh, ich habe sie erreicht, ja. Ich hoffe nur, sie haben verstanden, was ich ihnen sagen wollte, als ich meinte, wir würden sie im Rosengarten erwarten.«
»Dessen bin ich gewiß.«
»Ich bleibe trotzdem bis zu ihrem Eintreffen hier. Dann bringe ich Chamdar zur Strecke und begleiche diese Rechnung ein für allemal. Ich hätte ihn schon vor Jahren töten sollen.«
»Du hörst dich fast wie Onkel Beldin an.«
»Beldins Herangehensweise an Probleme mag simpel sein, Pol, hat aber den unerhörten Vorzug, daß sie endgültig ist.« Dann betrachtete er mich düster. »Hast du dich schon entschieden, wohin du den Kleinen bringen willst? Ich sollte den Namen der Stadt wissen.«
»Ich glaube nicht, daß ich in eine Stadt ziehen werde, Vater – diesmal nicht. Städte neigen dazu, Informationen schnell preiszugeben. Ich möchte nicht von der Gnade des geschwätzigsten alten Trunkenbolds in der Stadt abhängig sein. Ich glaube, diesmal probiere ich ein abgelegenes Gehöft aus und werde etwas ganz anderes tun.«
»So? Und das wäre?«
»Ich habe habe immer viel darum gegeben, dem in Frage stehenden jungen Mann zu erzählen, wer er wirklich ist, damit er die Notwendigkeit begreift, gewöhnlich zu sein.«
»Was ist falsch daran?«
»Einige von ihnen sind keine besonders guten Schauspieler gewesen. Manchmal lassen sie sich hinreißen – wahrscheinlich, weil sie mit dir verwandt sind.«
»Was soll das schon wieder heißen?«
»Du überspielst, Vater. Tut mir leid, aber so ist es. Du fällst immer gleich von einem Extrem in das andere. Ich biege es so hin, daß Garion nicht schauspielern muß. «
»Und wie willst du das hinbekommen?«
»Nichts leichter als das, Vater. Ich erzähle ihm einfach nicht, wer er ist. Ich lasse es ihn selbst herausfinden. Ich ziehe ihn wie einen ganz gewöhnlichen Bauernjungen groß, und er wird glauben, daß er ein ganz gewöhnlicher Bauernjunge ist. Schauspielerei wird also überflüssig. Er muß nur er selbst sein.«
»Das könnte meiner Meinung nach ziemlich gefährlich werden, Pol. Er wird irgendwann herausfinden, wer du bist. Du verrätst dich ein Dutzend Mal am Tag.«
»Dann werde ich wohl lernen müssen, mich besser in der Gewalt zu haben, nicht wahr?«
Er schüttelte stur den Kopf. »Es wird nicht gehen. Es gibt Dutzende von Büchern, die dich von Kopf bis Fuß beschreiben.«
»Sie werden ihm nicht viel sagen, wenn er nicht lesen kann, oder?«
»Pol! Er wird König sein! Du kannst doch nicht einen Analphabeten auf den Thron setzen!«
»Dras Stiernacken hat das auch geschafft, wenn ich mich recht entsinne.«
»Das war vor dreitausend Jahren, Pol. Die Welt hat sich verändert.«
»So sehr nun auch nicht, Vater. Wenn dir aber so viel daran liegt, darfst du ihm Lesen und Schreiben beibringen, sobald er auf dem Thron sitzt.«
» Ich? warum ich?«
Ich schenkte ihm ein selbstgefälliges kleines Lächeln, das Bände sprach, und ließ es dabei bewenden.
Die Zwillinge trafen am nächsten Morgen ein, um Vaters Wächterpflichten zu übernehmen, und mein rachsüchtiger Erzeuger machte sich auf die Suche nach Asharak dem Murgo.
Ich verbrachte den Rest jenes Winters mit Garion in der Küche – und mit demjenigen der Zwillinge, der gerade nicht Wache hielt. Ich hatte vor, abzureisen, sobald das Wetter umschlug, und sah deshalb nicht viel Sinn darin, das ganze Haus zu heizen. Aus diesem Grund hielt ich die Küchentüren stets geschlossen. Die Küche hatte einen großen Eisenherd, was mir sehr entgegenkam. Die anderen Räume
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