Polifazios Vermächtnis (German Edition)
um nicht noch weiter zu fluchen.
Im Raum war es kalt und stickig. Bei jedem Schritt auf der Staubschicht kam es ihm so vor, als würde er auf Sand gehen. Endlich erreichte er die andere Wand. Etwas links von ihm erkannte er eine große dunkle Stelle, wie er sie auch in dem Brunnen gesehen hatte. Himbi steuerte darauf zu und fühlte schon bald eine hölzerne Tür, die in die Wand eingelassen war. Vorsichtig tastete er das trockene, steinharte Holz nach einer Klinke ab und wurde auch schon nach kurzer Zeit fündig. Himbi versuchte angestrengt auch nur ein kleines bisschen zu sehen. Doch entweder war es auf der anderen Seite der Tür genauso dunkel wie in diesem Raum, oder die Tür war so perfekt in ihren Rahmen eingelassen, dass es kein Lichtstahl durch eine der Fugen schaffte. Leise drückte er die kalte Klinke der Tür herunter und zog sie dann gespannt auf. Himbi malte sich die schrecklichsten Geschöpfe aus, die dort hinter der Tür auf ihn warten könnten. Für einen Moment hielt er den Atem an. Mit einem gespenstischen Quietschen öffnete sich die Tür. Von einem Moment auf den anderen wurde es wieder hell um Himbi herum. Dutzende von Fackeln erhellten einen langen Gang, der von der Tür geradeaus ins Unbekannte führte. Wo der Gang endete, vermochte Himbi nicht zu sehen. Die Bauart des Ganges erinnerte ihn entfernt an die alten Minen unter Xandriat. Vorsichtig steckte Himbi seinen Kopf durch die Tür und guckte sich näher um. So wie es aussah, ging ein weiterer Gang in ziemlich weiter Entfernung nach rechts ab.
„Nun gut, jetzt heißt es erst einmal geradeaus!“, sagte er zu sich selbst und packte mit beiden Händen entschlossen seine Axt.
Leise und ganz langsam marschierte er los, immer wieder lauschend, ob ihm irgendetwas Merkwürdiges auffiel. Nach einigen Minuten erreichte er die Stelle, an der er sich entscheiden musste, wo er weitergehen wollte. Noch immer konnte er kein Ende des Ganges sehen, in dem er gerade wanderte. Aus der Ferne hörte er lediglich leises, hölzernes Geklapper. Aus diesem Grund entschied sich Himbi, nach rechts weiter zu gehen. Auf seinem Weg blickte er sich immer wieder nach hinten um, um nicht überrascht zu werden. Immer wieder musste er an Mugel denken. Er fragte sich, was bloß mit ihm geschehen war. Immer wieder stellte er sich vor, wie die Skelette ihn auf fürchterlichste Art umbrachten. Doch noch wollte er die Hoffnung für ihn nicht aufgeben. Aber erst einmal musste er einen Weg hier herausfinden. Nach einer halben Ewigkeit mündete sein Gang in einen Quer laufenden ein.
„Oh man! Wie soll man sich hier bloß entscheiden, bei den vielen Gängen?!“ fluchte er gestresst.
Mit einem dumpfen Knacken zerbarst der poröse Knochen im Schloss der Gefängnistür.
„ Mist!“, fluchte Mugel, dem nun langsam aber sicher die letzte Hoffnung schwand.
Ohne passendes Werkzeug würde er die Tür jedenfalls nicht aufbekommen, soviel stand fest. Enttäuscht ließ er sich auf den Boden fallen und stützte sich mit seinen Armen auf den Knien ab. Ein Blick nach hinten brachte keine neuen Erkenntnisse. Die merkwürdig gekleidete Frau lag noch immer regungslos auf ihrem Lager.
„Wer bist du und was ist bloß mit dir passiert?“, flüsterte Mugel.
Himbi bereute es nicht, wieder den rechten Weg eingeschlagen zu haben. Er konnte nicht erklären, warum, aber irgendetwas in ihm drängte, ihn dazu, sich wieder dafür zu entscheiden. Nach einigen Minuten endete der Gang und mündete in einem feuchten, stinkenden Raum ohne Tür. Schnell erkannte Himbi, dass er sich in dem Vorraum der Kerker befinden musste. Rechts und links vor ihm erstreckten sich viele kleine und große Zellen, die mit schweren Gittern versperrt waren. In einigen der Zellen lagen blanke Knochen. Himbi konnte nicht genau sagen, welchen Ursprungs sie waren. Schnell rannte er die Zellen von links nach rechts ab, in der Hoffnung seinen Kameraden zu finden. Und tatsächlich, in der letzten Zelle fand er Mugel verzweifelt am Boden sitzen. Erleichtert ging Himbi auf die Gitterstäbe der Zelle zu. Mugel saß mit dem Rücken zu ihm und hatte ihn nicht bemerkt. Gebannt starrte er die menschliche Frau an, die keinerlei Regung zeigte.
„Na, stellst du jetzt schon den menschlichen Frauen nach?“, spottete Himbi und klopfte mit dem Schaft seiner Axt gegen die Gitterstäbe.
Erschrocken drehte sich Mugel zu ihm um. Sofort keimte in ihm wieder neue Hoffnung auf, als er seinen Freund an der
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