Polifazios Vermächtnis (German Edition)
das nur einbildete, oder ob er wirklich geschrien hatte.
„Was ist denn jetzt mit der Fackel?“, hörte er plötzlich Himbi aus dem Brunnen rufen.
Aus seinen Gedanken gerissen drehte er sich wieder zum Brunnen um. Aus dem Augenwinkel schien es ihm, als hätte er die schemenhaften Umrisse von einigen gedungenen Gestalten gesehen. Doch als er genauer hinsah, war nichts mehr zu erkennen.
„Mugel. Die Fackel!“ kam es wieder aus dem Brunnen.
Zögerlich bückte sich Mugel und griff in die Tasche, die am Boden lag. Er griff eine der Fackel und richtete sich langsam wieder auf. Von allen Seiten her konnte er nun deutlich leises Knacken hören. Gerade als er die Fackel in den Brunnen werfen wollte, da sah er etwas Langes aus dem Nebel auf ihn zukommen. Noch bevor er auch nur annähernd reagieren konnte, wurde er von dem Gegenstand am Kopf getroffen. Dumpf und hart prallte er gegen seine Schläfe. Um ihn herum wurde es schlagartig dunkel. Himbi hörte einen dumpfen Schlag von oben. Besorgt blickte er hoch.
„Mugel? Alles in Ordnung da oben? Was ist mit der Fackel?“ rief er.
Doch das Einzige, was den Boden zu seinen Füßen erreichte, war das andere Ende des Seiles.
„Was zur …?“Fragte sich Himbi und starrte das Seil an. „Mugel?!“, schrie Himbi verzweifelt immer und immer wieder nach oben.
Doch dort war nun alles still. Panik kam in ihm auf, als er daran dachte, hier unten im Brunnen gefangen zu sein.
„Du wirst hier verhungern!“ schoss es ihm durch den Kopf.
Besessen von diesem Gedanken rannte er die Wand des Brunnens ab. Immer wieder hämmerte er, so stark er konnte, gegen die feuchten Steine. Schließlich ließ er sich resigniert auf den Boden sinken. Mit seinem Rücken lehnte er an der Wand.
„Denk nach!“, befahl er sich selbst.
Schließlich stand er wieder auf und sah sich noch einmal ganz genau in seinem runden Gefängnis um. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die andauernde Dunkelheit. Angestrengt blickte er die Wände nach oben. Plötzlich fiel ihm auf, dass es an einer Stelle der Wand, etwa einen halben Meter über ihm, ein kleines bisschen dunkler war, als anderswo. Himbi guckte sich die Stelle genauer an. Tatsächlich. Eine tiefschwarze Stelle, etwa handtellergroß, prangte in der Mauer über seinem Kopf. Himbi streckte sich so gut er konnte nach dem Fleck aus, erreichte ihn aber nicht. Schnell guckte er sich auf dem Boden des Brunnens um und fand schon nach kurzer Zeit das, wonach er gesucht hatte. Hier und dort langen vereinzelt Bruchstücke von dem porösen Mauerwerk des Brunnens. Hastig suchte er sich einige dickere Stücke zusammen und stapelte sie an der Wand unterhalb des Fleckes. Als der Steinhaufen groß genug war, stieg er den ihn hinauf. Wie vorhin reckte er sich dem Fleck entgegen. Und dieses Mal erreichte er ihn ohne größere Mühe. Himbi tastete nach dem Fleck und griff ins Leere.
„Ein Loch!“, sagte er erleichtert.
Sofort griff er einen der Steine vom Rand des Loches und rüttelte an ihm. Er ließ sich ohne große Kraft aus der Wand lösen. Immer schneller zog Himbi lose Steine aus dem Mauerwerk und warf sie auf den Boden des Brunnens. Nach etwa einer knappen Stunde im Inneren des Brunnens, hatte er es geschafft, das Loch in der Wand so zu vergrößern, dass er hindurchpasste. Himbi atmete kurz durch und zog sich dann mit beiden Händen hoch zu dem Loch. Als er es mit seinem Kopf erreichte, blickte er in noch tiefere Dunkelheit, als sie in dem Brunnen vorherrschte.
„Was bleibt mir anderes übrig?“, sagte sich Himbi und zog sich nun mit seinem ganzen Köper in das Loch.
Schließlich ließ er sich vornüber durch das Loch ins Ungewisse fallen. Sein Sturz war nicht besonders tief und er landete auf einem harten, extrem staubigen Boden. Sofort wirbelte eine dicke Staubwolke vom Boden auf und umspielte seine Nase. Es kostete Himbi enorme Kraft und Selbstbeherrschung, nicht laut loszuniesen. Er wusste noch immer nicht, wo er war, geschweige denn, was hier auf ihn lauern könnte. Und ehrlich gesagt wollte er, soweit es sich irgend vermeiden ließ, auch gar nicht herausfinden.
Als Mugel seine Augen wieder öffnete, da dröhnte ihm der Kopf vor Schmerzen. Zögerlich fasste er sich an seine Schläfe und spürte sofort die dicke Beule, die seinen halben Kopf zu umziehen schien. Langsam klärte sich sein verschwommener Blick wieder und er konnte nun klarer sehen. Erschrocken richtete er sich auf
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