Polizei-Geschichten
geschehen war,
öfters bis in die späte Nacht. Jeden Sonnabend Abend fuhr
er dann mit den verfertigten Möbeln zu den Händlern, um
ihnen seine Waaren zum schnellen Verkauf anzubieten.
Sonnabends war die Zeit, wo er durchaus Geld einneh-
men mußte . An diesem Tage erhielten die Gesellen ihren
Lohn, ohne den sie die Arbeit eingestellt haben würden,
und gleichzeitig mußten auch die Bretterhändler bezahlt
werden, da sie ebenfalls mit der Bezahlung nicht länger als
eine Woche warteten und Schenk ohne sie kein Material
zur Arbeit gefunden haben würde. So hatte er die doppelte
Sorge, einmal seine Waaren regelmäßig bis zum Ende der
Woche zu vollenden, und dann sie auch noch an den Mann
zu bringen. Die Möbelhändler, welche die Lage der klei-
nen Meister sehr wohl kennen, nahmen die Anerbietungen
Schenks gewöhnlich nicht sehr freundlich auf. Sie zeigten
ihm ihre reichgefüllten Magazine, klagten über schlechten
Absatz und Verdienst, und meinten, daß sie, ohne sich zu
ruiniren, nicht noch mehr Kapital in ihr Geschäft verwen-
den könnten. Zuletzt boten sie ihm auf seine Waare ei-
nen so geringen Preis, daß Schenk trotz der drängenden
Noth weiter ging. Aber je länger er umherzog, desto mehr
schwanden seine Hoffnungen. Die anderen Händler beob-
achteten dasselbe Verfahren, Manche boten ihm noch ge-
ringere Summen, und Schenk war zuletzt genöthigt, seine
Waare für einen Spottpreis wegzugeben. Bezahlte er dann
seine Gesellen und die Bretterhändler, so blieb ihm kaum
so viel, um das unumgänglich Nothwendige für die Wirth-
schaft zu beschaffen.
Auf diese Weise kam das Hauswesen immer mehr zu-
rück. Die Frau kränkelte und vermochte ihres Zustandes
wegen nicht mehr auf Ordnung zu sehen, die Gesellen
wurden laß oder arbeiteten wenigstens nicht wie früher
mit Eifer und Liebe, der Hausmann, Bäcker, Schuhmacher
und andere kleine Gläubiger drängten allmählig ernstli-
cher, und Schenk selbst verfiel durch all diesen Jammer
in düstere Stumpfheit. Seine Seele erlag nach dem kurzen
Traum des Glückes nur um so schneller dem Druck der
hoffnungslosen Armuth, es ward wüst und leer in ihm,
und selbst sein Aeußeres fiel ab in Elend.
In einer stillen Nacht kniete der Mann vor einem
ärmlichen Bett, und seine heißen Thränen rollten auf die
abgemagerte Hand seines bleichen Weibes. Neben ihr regte
es sich, und ein hinfälliges neugebornes Kind erwachte
eben aus seinem ersten Schlafe. Der Handwerker sah mit
einem starren Blick der Verzweiflung durch seine Thränen
auf das kleine welke Geschöpf.
„ Was wird dein Schicksal sein, du unschuldig Wesen!“
grollte er bitter in sich hinein. „Was hast du gethan, daß
du geschaffen werden mußtest? In Armuth geboren, in
Noth und Elend zu leben, in Sünde vielleicht zu sterben!
Was willst Du in der Welt? Wahrlich, es wäre besser, ich
tödtete Dich in Deinem friedlichen Schlummer, bevor ihn
das Bewußtsein Deines verfluchten Lebens zerstört!“ —
Als die Arbeit dergestalt zu erlahmen begann, daß Schenk
von dem Erlös kaum noch die Gesellen bezahlen konnte,
mußte er sich endlich dazu entschließen, einen derselben
zu entlassen. Es war dies der Anfang eines immer größeren
Verfalls. Die Arbeit wurde jetzt geringer und demgemäß
auch der Verdienst des Meisters schmäler. Die Kränklich-
keit der Wöchnerin, die stärkender Nahrung bedurfte, ver-
langte größere Ausgaben, und da Schenk Alles auf sie ver-
wendete, oft ohne daß sie das Opfer selbst bemerkte, so
mußten die übrigen Verpflichtungen zurückstehen. Demzu-
folge kündigte ihm zunächst der Hausmann, der seit länge-
rer Zeit keine Miethe erhalten hatte, die Wohnung auf, und
Schenk mußte noch zufrieden sein, daß ihm nicht sein klei-
nes Besitzthum an Zahlungs Statt zurückgehalten wurde.
Sie bezogen jetzt eine ärmlich kleine Wohnung. Schenk
arbeitete nur noch mit einem einzigen Gesellen und die
Werkstatt bildete zugleich Wohn- und Schlafstube. Die
kränkliche Frau und das hinfällige Kind litten indeß nicht
lange unter dem Geräusch der Arbeit, denn ein halbes Jahr
darauf stand dieselbe ganz still. Schenks Verdienst bei der
angestrengtesten Thätigkeit war jetzt so gering geworden,
daß er damit nicht einmal die nothwendigsten Existenz-
mittel bestreiten konnte. Einige Vorschüsse bei dem Bretter-
händler und der Rückstand des Gesellenlohnes setzten ihn
bald außer Brot.
Eine Zeitlang lief Schenk umher, um bei Andern
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