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Polt muss weinen

Polt muss weinen

Titel: Polt muss weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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Brunndorf jene Flaschen erlesensten Inhaltes herausgefunden, die zu spenden für einen frommen Menschen geradezu ein Bedürfnis war.
    Natürlich ließ sich Simon Polt ein dermaßen nahrhaftes Fest nach Möglichkeit nicht entgehen. An diesem Nachmittag hatte er gottlob Zeit, und so ließ er sich, vom irdischen Abglanz himmlischer Verheißungen hinreichend gesättigt und gelabt, ziellos durch die Menge treiben. Befriedigt stellte er fest, daß auch ein Vertreter der Lokalzeitung Notiz von diesem Ereignis nahm. Der Gendarm war schon neugierig auf die packende Situationsschilderung, die in der nächsten Ausgabe zu erwarten war. Vermutlich würde der Redakteur, stets bemüht, verbales Weltbürgertum zu demonstrieren, von einem »Event« schreiben und irgendwo auch noch »Flair« einfließen lassen. Dummerweise gab es auf diesem Pfarrfest kaum etwas, das »boomte« - oder doch, wenn man die Umsätze der Pfarrersköchin betrachtete?
    »Grüß dich, Simon, auch da?« Friedrich Kurzbacher war neben ihm stehengeblieben. »Du hältst dich an neue Freunde in letzter Zeit, wie?«
    »Welche neuen Freunde? Ach so…, du meinst die großartige Verkostung in Herrn Swobodas Keller, neulich? Mein lieber Friedrich, dir entgeht aber auch wirklich nichts.«
    »Wenig«, antwortete der Kurzbacher trocken. »Wie war’s denn so?«
    »Aufwendig und deprimierend«, brachte Polt die Sache auf den Punkt. »Hast du übrigens gewußt, daß der Swoboda eine Dunstwinde im Preßhaus stehen hat?«
    Kurzbacher schüttelte überrascht den Kopf. »Angeberei so was, mit seinen zwei kleinen Fässern. Da ist der Dunst in ein paar Tagen von selber weg. Aber so ist er halt, unser Herr Wiener.«
    »Etwas anderes…«, Polt senkte die Stimme, »wie geht’s denn mit deinem Prozeß weiter?«
    »Komm mit!« Kurzbacher ging tiefer in den Garten hinein, dem Wiesbachufer zu, wo es still und schattig war, und Polt folgte ihm. »Also, ich war bei der Frau Hahn, weil ich mit ihr reden wollte. Sie hat Bescheid gewußt, ohne daß ich viel erklären mußte. Herr Kurzbacher, hat sie gesagt, ich weiß, daß Sie das Geld zurückgegeben haben, und ich werde das vor Gericht auch aussagen. Damit ist die Sache wohl erledigt. Als ich mich bedanken wollte, ist sie fast grob geworden. Ich bin ihr herzlich egal, hat sie gesagt, wie alle anderen auch, denen ihr Mann geschadet hat. Aber sie will endlich ihre verdammte Ruhe haben.«
    Polt nickte nur, dachte eine Weile nach und brachte es nicht fertig, wirklich erleichtert zu sein. »Also alles bestens für dich, Friedrich«, sagte er dann und nahm ihn an beiden Oberarmen.
    »Ja, es hätte nicht besser kommen können«, sagte der alte Weinbauer und schaute dabei merkwürdig ernst drein. Dann stutzte er: »Um Himmels willen, da steuert die Aloisia auf uns zu!«
    Flucht war sinnlos, und Sekunden später hatte Frau Habesam ihre Beute gestellt. »Grüß Gott miteinander«, sagte sie triumphierend. »Männergeheimnisse, wie?«
    »Natürlich«, entgegnete Polt heiter. »Darum wird auch keine Menschenseele etwas davon erfahren.«
    »Abwarten.« Aloisias Elsternaugen funkelten. »Es kann eigentlich nur um den Albert Hahn gegangen sein. Um den geht es neuerdings immer, wenn es was zu tuscheln gibt. Also gut, behaltet euer dummes Geheimnis vorerst. Aber ich will Ihnen etwas zum Nachdenken geben, Herr Inspektor: So ungefähr alle zwei Wochen hat unser lieber Albert Hahn Besuch bekommen. Erst ist dieser Affe von Swoboda angerückt, und dann der feine Herr Architekt.
    Aber später, nachts, sind noch Leute hinzugekommen und wieder abgefahren, bevor es hell geworden ist. Nur die famosen Herren aus Wien sind erst gegen Mittag oder noch später gegangen - ziemlich blaß um die Nase.«
    »Und Sie haben ganz sicher nicht wild geträumt, Frau Habesam?« fragte Polt lächelnd.
    »Die Wirklichkeit ist viel ärger als meine begabtesten Träume«, entgegnete die wissende Kauffrau. »Übrigens könnt ihr mir den Buckel runterrutschen, alle beide, wenn ihr einer ehrsamen Person nicht glaubt!« Sie entfernte sich hocherhobenen Hauptes, und Polt vermeinte noch ein akzentuiert gemurmeltes »Kindsköpfe, sture« zu hören.
    Als die beiden sich wieder unter die Menge mischten, erblickten sie zu ihrem Erstaunen Martin Stelzer, den Wirt von Brunndorf. »Schaust dich um bei der himmlischen Konkurrenz?« fragte Kurzbacher.
    »Was bleibt mir anderes übrig, wenn alle meine Stammgäste hier sind.« Der Wirt seufzte. »Dem Pfarrer gönn ich ja das Geschäft; aber jeder

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