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Polt.

Polt.

Titel: Polt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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das tat ihm gut. Gegen sieben waren fast alle Gäste gegangen. Klar, dachte Polt, der hinter der Schänk stand und Gläser wusch, der Fernseher, der neue Herrgottswinkel, na ja, neu eigentlich auch nicht mehr. Sepp Räuschl und Friedrich Kurzbacher waren dageblieben. Bei ihnen saß schon geraume Zeit Norbert Sailer. Als Polt mit seiner Arbeit fertig war, setzte er sich dazu. Er gab dem Polizisten einen leichten Stoß. »Wie seh ich das? Ein treusorgender Ehemann Samstagabend im Wirtshaus …«
    Norbert Sailer grinste. »Von wegen Ehemann! Die Birgit hört sich mit den anderen Ortsbäuerinnen einen Vortrag an. Der Mann als notwendiges Übel oder so ähnlich. Früher war so was eine Frechheit gewesen. Heute sagt man Fortbildung dazu. Aber etwas anderes, Simon: Wie hast du dich denn mit dem Herrn Primi vertragen, vorigen Samstag?
    »Schlecht.«
    »Kann ich mir denken. Mir hat er natürlich nichts davon gesagt. Aber er ist ein guter Mann, glaub mir. Ich bin mir sogar sicher, dass er deine damalige Arbeit als Gendarm kennt und schätzt, Simon. Sonst würde er es nicht zulassen, dass du ihn wütend machst.«
    »Merkwürdiges Kompliment.«
    »Aber eines der wenigen, die wirklich ehrlich gemeint sind. Und hinterfotzig ist der Primi nicht.«
    »Jetzt sag nur noch, dass du ihn magst!«
    »Wären wir Schachspieler, würd ich meinen: ein starker Gegner, der mir Achtung abverlangt. Im Dienst spielen wir aber nicht, und schon gar nicht gegeneinander.«
    Sepp Räuschl leerte sein Glas und warf dem Polizisten einen missgünstigen Blick zu. »Ein Skandal ist das, was sich tut bei uns im Wiesbachtal in der letzten Zeit! Fingerabdrücke nehmen s’ den Leuten reihenweise ab, hochanständigen Menschen, sogar katholischen Frauenspersonen. Und dann kommt einer uneingeladen zu mir nach Haus und fragt mich, ob mir dieses Bild da in der Zeitung bekannt vorkommt. Mir! Als ob ich mich mit Fremden abgeben tät.«
    Sailer lachte. »Wie soll das ein Polizist wissen, der dich nicht kennt?«
    »Das ist es ja! Unsere guten, alten Gendarmen haben alle gekannt. Und die haben auch keine Fingerabdrücke gebraucht bei ihrer Arbeit. Hab ich recht, Simon?«
    »War eine andere Zeit, Sepp. Und was mich angeht, ich war schon damals ziemlich von gestern.«
    Friedrich Kurzbacher nickte langsam. »War aber kein Nachteil, was?«
    Norbert Sailer hatte sich zurückgelehnt. »Es ist so: Auf der Flasche, die der Simon entdeckt hat, waren Fingerabdrücke. Natürlich muss Bezirksinspektor Primi dieser Spur nachgehen. Ich weiß übrigens nicht, was dabei herausgekommen ist. Er hält mich von Informationen schon seit einiger Zeit nachdrücklich fern. Sein gutes Recht.«
    »Ja, ja.« Polt spürte Ärger in sich aufsteigen. »Und du bist rechtlos?«
    »Ganz und gar nicht. Aber die Ermittlungen führt der Primi, und ich bin nun einmal im Kreis der Verdächtigen.«
    »Ach was. Wird ja doch ein Selbstmord gewesen sein, oder?«
    »Also ich weiß nicht recht, Simon. Keine Ahnung, wie der Kollege Primi darüber denkt, aber wir haben ja eine vergleichbare Ausbildung hinter uns. Wenn du meine persönliche Meinung hören willst: Einem Fachmann kommt da einiges recht merkwürdig vor. Ich nenne nur ein Beispiel - und damit verrate ich keine Ermittlungsergebnisse. Also, nehmen wir einmal an, du, Sepp, möchtest dir die Pulsadern aufschneiden. Wie gehst du das an?«
    »Blöde Frage.« Räuschl machte eine schnelle Bewegung quer über das Handgelenk.
    »Da haben wir’s. Der typische Fehler eines Laien. Wer sich anatomisch auskennt, schneidet in der Längsrichtung, damit es schnell geht und der Tod sicher eintritt. Genau so eine Verletzung weist aber der Arm der Leiche auf. Ich glaube kaum, dass unser Unbekannter besondere Routine darin hatte, sich umzubringen. Und dann gibt es noch ein paar Kleinigkeiten, die nur unsereinem auffallen. Aber lassen wir das - fader Ermittlungsalltag, und doch eminent wichtig.«
    Simon Polt umkreiste mit dem Zeigefinger den Rand seines Weinglases. »Ja dann jetzt weiß ich nicht mehr, was ich denken soll.«
    »Eine Anregung, Simon: Stell dir einen Täter vor, der sein mörderisches Handwerk versteht. Der fixiert sein Opfer mit einem schnellen Griff, drückt ihm die Scherbe in die Hand und… ratsch. Dann Spuren verwischen, Spuren legen, das übliche Pflichtprogramm halt. War nur ein Denkmodell, eines von mehreren, die möglich sind.« Sailer warf einen Blick auf die Uhr. »Was, schon acht? Dann nichts wie los! Sonst erfahr ich ja nie, welche Auswirkungen

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