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Polt.

Polt.

Titel: Polt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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so viel Licht in die Sache kommen, dass dieser Primi gezwungen ist hinzuschauen. Ich hab mich heraushalten wollen, so gut es geht. Es geht aber nicht, ich bin’s dem Norbert und der Birgit ganz einfach schuldig zu helfen. Darf ich Sie um was bitten, Frau Aloisia?«
    »Wenn es nichts Ungehöriges ist.«
    »Gott bewahre. Denken Sie oder wer auch immer darüber nach, was herauskommen muss, damit wieder Ruhe ist im Wiesbachtal.«
    »Ziemlich viel verlangt. Aber recht hast schon, Simon. Wir werden ja sehen, was wir sehen werden.«
    »Danke, Frau Habesam.« Polt hielt ihr eine Gurke entgegen. »Die da ist aber schon mehr als nur weich.«
    »So? Dann darfst du sie essen. Belohnung muss sein.«
    Pünktlich um zwölf schloss Frau Habesam ihr Gewölbe. Im Kirchenwirt tat Sepp Räuschl Dienst, und Polt war entschlossen, seine freie Zeit zu nutzen. Außerdem konnte es nicht schaden, den Geschmack der aufdringlich moussierenden Salzgurke aus dem Mund zu bekommen - und dafür war ein Besuch bei Grete Hahn vermutlich wie geschaffen. Als ungebetener Mittagsgast wollte sich Polt aber dennoch nicht aufdrängen. Er begab sich in seine Wohnung, fütterte Czernohorsky, stellte einen Sessel ins Freie, nahm behäbig Platz, ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen und empfand es als durchaus angemessene Beschäftigung, nichts zu tun.
    Am frühen Nachmittag machte er sich auf den Weg nach Brunnndorf. Polt hatte Glück und traf Frau Hahn zu Hause an. Er stand ein wenig unsicher in der Küchentür, weil er an das Ende seines letzten Besuchs dachte. »Wollen Sie mich überhaupt sehen?«
    Grete Hahn umarmte ihren Besucher freundschaftlich und gab ihm einen spielerischen Klaps aufs Hinterteil. »Mein Gott, was können Männer blöd fragen! Es ist Jausenzeit. Soll es die bürgerliche Variante sein? Ich meine Kaffee und Apfelstrudel. Oder zieht der Herr die rustikale Sorte vor, Rotwein und Wurstbrot? Davon abgesehen gibt’s natürlich auch noch die lasterhafte Spielart, Dirndlschnaps und Kaviar.«
    »Sie überraschen mich immer wieder aufs Neue, Frau Hahn. Kaffee und Apfelstrudel bitte, wenn’s keine Umstände macht.«
    »Häferlkaffee oder Espresso?«
    »Häferl bitte. Der Blutdruck ist sowieso oben seit dem Gespräch mit diesem Herrn Primi heute Vormittag. Sind Sie übrigens auch befragt worden?«
    »Befragt? Verhört bin ich worden. Folterbank und Daumenschrauben waren aber noch nicht im Spiel.«
    »Und?«
    »Der Mann, der mich zum Reden bringt, wenn ich nicht reden will, muss erst geboren werden. Ja, und was uns zwei betrifft, ist etwas offen geblieben, letztes Mal… Nimmst das Du-Wort von mir an, Simon? Da redet es sich leichter.«
    »Freilich, Grete.«
    Sie bereitete schweigend den Kaffee zu, servierte, setzte sich an den Tisch und schaute auf ihre Hände. »Was mein Mann für einer war, weißt du. Und von Zeit zu Zeit hat es ja immer wieder diese sogenannten Feste gegeben, Sauferei bis zum Umfallen, dreckiger Sex, Sadismus, und ich willenlos und halb besinnungslos mittendrin - ich muss dir nichts erzählen.«
    »Nein, wirklich nicht. Ehrlich gesagt, ich hab damals gedacht, dass du einen Schaden fürs Leben hast.«
    »Hab ich den nicht? Wie auch immer, einmal war er dabei.«
    »Wer?«
    »Der auf dem Foto in der Zeitung. Er war dabei, hat aber nicht mitgetan. Als die anderen endlich nicht mehr viel wahrgenommen haben in ihrem Rausch, hat er mich heimlich ins Gästezimmer entführt, wo er untergebracht war. Er hat versucht, mich zu trösten, leise, geduldig, g’scheit und einfühlsam. Lang haben wir geredet, sehr lang, und irgend wann, es war fast schon hell, ist Zärtlichkeit daraus geworden, und er hat mit mir geschlafen wie noch kein Mann zuvor. Nachgekommen ist übrigens auch nichts Besseres.« Grete Hahn grinste flüchtig. »Ich hab ihn nie wieder gesehen, weiß nicht, wie er heißt und wer er ist. Er wird eben irgendwie mit meinem Mann in Kontakt gekommen sein. Der hat ja sehr einnehmend sein können, wenn er wollte. Was soll ich sagen, Simon, das war’s. Keine Ahnung, warum er wieder in die Gegend gekommen ist, und wie … das hat geschehen können.« Sie wandte sich ab, schwieg eine Weile und schaute Polt dann lächelnd ins Gesicht. »Ein Mensch gewordener Lichtblick. Kein Wunder, dass mich so einer um den Verstand bringt.«
    »Frau Hahn, ich mein: Grete!« Polt griff mitfühlend nach ihren Händen.
    »Hörst auf damit! Ein Lichtblick reicht.«
    »Wie du meinst. Weiß die Frau Habesam Bescheid?«
    »Von mir hat sie’s nicht.

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