Polterabend
drückte einen Knopf, damit Polt mithören konnte.
»Lassen S’ die blöden Komplimente, Herr Kollege, und sagen S’, was Sie wollen.«
»Also gut. Der Simon Polt hat so eine Zeichnung gefunden ..., ziemlich unanständig, und da steht ein Wort drauf. Soll ich buchstabieren?«
»Ja«
»Also: B wie Brigitte, I wie Ingrid, T wie... na, wie Tussi, S wie Susi, C wie Christa, H wie Hannerl, A wie Anni.«
»Komische Art zu buchstabieren.«
»Was soll ich machen, wenn mir dauernd Weiber einfallen.«
»Die jungen Leut! Also Bitscha. Ja, wenn’s falsch geschrieben ist, also so, wie man es hört, dann wär’s ein tschechisches Wort.«
»Und heißt was?«
»Mein Lieber! Naja, also, das bei den Frauen unten, was soll ich sagen, die Fut halt.«
»Schön sprechen, Herr Kollege!«
»Sie haben’s ja wissen wollen. Und ich geh jetzt Kaffee trinken.«
»Danke, jedenfalls, Herr Sedlacek.«
»Bitte.«
Polt hatte die Zeichnung an sich genommen. »Ich schreib mir gleich einmal die Nummer vom Sedlacek auf. Schaut so aus, also würden wir den noch öfter brauchen, in der nächsten Zeit.« Er blickte auf die große Wanduhr. »Um zehn bin ich bei der Kathi Stirbl eingeladen, eigentlich vorgeladen.«
»Deine Freundinnen werden immer älter, Simon.«
»Um so jünger komm ich mir vor.«
Um zehn betrat Simon Polt Frau Stirbls Haus in Brunndorf und wollte an der Küchentür klopfen.
»Falsch, Simon«, hörte er eine Stimme hinter seinem Rücken, »komm in die Stube.«
»Da schau her!« Verwundert drehte sich Polt um und folgte Frau Stirbl in einen Raum, den er noch nie betreten hatte. Es roch muffig hier, nach Bodenwachs, Mottenkugeln und Staub. Die Möbel waren aus massivem, dunkel gebeiztem Holz, hinter den Glasscheiben einer Kommode sah Polt altertümliches Porzellan. Um den großen Tisch herum waren fünf Mitglieder des Kühlhausvereins versammelt und schauten Polt stumm entgegen. Frau Stirbl schüttelte mißbilligend den Kopf. »Weil wir schon wieder einmal alles andere als vollzählig sind, vertage ich die außerordentliche Generalversammlung um fünfzehn Minuten. Dann sind wir beschlußfähig.«
Polt suchte sich einen freien Sessel. »War’s nett gestern abend?«
»Gefressen und gesoffen haben sie wie die Wilden. Und heute schauen S’ schon wieder so drein, als könnten sie was vertragen.«
Polt zeigte auf einen Teller, der auf dem großen Tisch stand. Prächtig grünende Weizenhalme umgaben eine weiße Kerze. »Was ist denn das, Frau Stirbl?«
»Der Lucia-Weizen, Simon. Steht normalerweise in der Küche auf einem sonnigen Platz. Aber für heute hab ich ihn hierher gestellt. Am 13. Dezember wird er ausgesät. Eine ganz Wichtige, die heilige Lucia! Hilft bei Augenleiden, Blutfluß, Feuersbrunst, Halsweh, Ruhr und gegen noch so allerhand.«
»Und für wen ist sie zuständig?«
»Da muß ich nachschauen.« Frau Stirbl stand mühsam auf und holte aus einer Lade ein verschlissenes Büchlein hervor. Sie blätterte. »Da haben wir’s schon. Also: Bauern, Blinde, reuige Dirnen, Glaser, Kutscher, Näherinnen, Sattler, Schneider, Schreiber und so weiter.«
»Also wieder nichts für Gendarmen.«
»Die kommen so und so in die Hölle.«
Schweigen machte sich breit. Dann war Frau Stirbls heisere Stimme zu hören. »Die fünfzehn Minuten sind um.
Polt schaute zweifelnd auf seine Uhr. »Jetzt schon?«
»Ja, weil es sonst fad wird. - Sind alle dafür, daß der Herr Inspektor erfährt, was wir so gesehen haben, in der Nacht?«
Schweigen ringsum.
»Na dann!« Frau Stirbl öffnete ein blaues Schulheft. »In der Nacht von Freitag auf Samstag ist gegen zehn ein Funkstreifenwagen vor dem Stelzer stehengeblieben. Ohne Blaulicht. Eineinhalb Stunden waren s’ drinnen, die zwei Gendarmen. Wird eine schwierige Amtshandlung gewesen sein.«
Polt betrachtete den Kunstdruck an der Wand gegenüber. Ein Schutzengel geleitete zwei Kinder über eine erschreckend baufällige Brücke. »Ja, wahrscheinlich.«
»Und später, so gegen elf, ist jemand aus dem Haus von der Karin Walter gekommen und hat ganz allein auf dem Schnee ein paar Walzerschritte gemacht, oder so was ähnliches. Also, ich möchte sagen, wenn’s nicht unmöglich wär, könnt es doch glatt der Simon Polt gewesen sein.«
Polt schaute Frau Stirbl ins Gesicht, grinste und schwieg.
»Ja, und kurz nach elf sind der Sepp Räuschl und der Friedrich Kurzbacher aus dem Gasthaus gekommen und haben sich Witze erzählt. Also, solche Schweinderln, ich muß schon sagen! Willst
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