Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
Vom Netzwerk:
Séance-Mitglieder rannten in Panik den Gang auf und ab und redeten wirr vor sich hin. Ein ätzender Rauch und der Geruch des chemischen Schaums aus dem Feuerlöscher durchfluteten den Flur. Es war auf einmal eiskalt. Mir hing noch immer der andere Geruch in der Nase – der Gestank, der auch in Marks Appartement gewesen war. Der widerwärtige Geruch des Poltergeists.

    Als ich mich umdrehte, sah ich den heißen Wirbel von Celia in sich zusammenbrechen. Sie verschwand wie Wasser, das einen Abfluss hinabläuft, und ließ nur noch schwache, abgerissene Fäden zurück – ihr Spinnennetz, das die Teilnehmer miteinander verband. Ich schüttelte mich entsetzt. Wir hatten es mit einer Kraft zu tun, die eine gewaltige Zerstörungswut in sich barg. Ihr Geruch und die Atmosphäre, die sie ausstrahlte, bestätigten nur das, was mich schon eine ganze Weile über beunruhigte. Nun war ich mir sicher: Ich war gerade durch das Wesen hindurchgegangen, das Mark Lupoldi auf dem Gewissen hatte.
    Der Mord und der Séancezirkel standen eindeutig miteinander in Verbindung. Einer der Teilnehmer oder auch mehrere hatten einen Geist erschaffen, der ein Mörder war. Das wusste ich jetzt ohne jeden Zweifel. Solis würde meine Erklärung bestimmt nicht gefallen. Er bevorzugte garantiert eine schlichtere Lösung. Vielleicht war es meine Aufgabe, ihn zumindest auf die richtige Spur zu bringen. Niemand sonst konnte das tun, denn niemand sonst war dazu in der Lage …
    Ich lehnte mich gegen die Wand und holte tief Luft. Die Gruppe hatte sich um mich herum versammelt. Nur Ken fehlte noch. Tuckman und Terry waren ebenfalls mit Quinton aus der verrauchten Beobachtungskabine getreten. Zu meiner Überraschung sah ich, wie Cara Dale sogar erlaubte, sie ein wenig zu trösten. Blut drang durch ihren Verband, als sie sich an die Schulter ihres Mannes schmiegte. Wayne war wieder verschwunden, und Ana stand verloren neben Ian.
    Ich entdeckte Wayne, als er gerade aus dem Séanceraum kam. Ein Blick ins Zimmer zeigte mir Ken, der sich gegen die Wand vor der Beobachtungskabine lehnte. Er schüttelte
immer wieder den Kopf, als ob er weggetreten oder taub wäre. Fragend sah ich Wayne an.
    »Prellungen, aber zum Glück kein Bruch, glaube ich«, meinte er. »Er hat einen heftigen Schlag abbekommen. Wie wäre es, wenn Sie den Notarzt anrufen würden, während ich mich um die anderen kümmere?«
    »Wir müssen sie unbedingt beruhigen und sollten dafür sorgen, dass diesmal keiner abhaut«, sagte ich.
    »Verstehe. Am besten sprechen Sie mit Tuckman. Auf Sie hört er mehr als auf mich.«
    »Okay. Bin gleich zurück.« Ich warf einen letzten Blick auf Ken, der noch genauso dasaß wie zuvor. Sein Schild im Grau fehlte, aber mehr konnte ich nicht erkennen. Ich holte mein Handy heraus und wählte die Notrufnummer, während ich auf Tuckman zuging.
    Quinton fing mich ab. »Mir gefällt das nicht.«
    »Willkommen im Club. Was ist denn deiner Meinung nach schiefgelaufen?«
    Er sah mich ernst an. »Das wollte ich dich gerade fragen. Die Apparate haben so funktioniert, wie sie es sollten – bis die Spannungsentladung plötzlich alles zerschoss. Was allerdings die Entladung ausgelöst hat, kannst du wohl besser beantworten als ich.«
    »Leider weiß ich auch nicht mehr als du. Es muss irgendeine Art von übernatürlicher Energie gewesen sein, aber …«
    Er winkte ab. »Will ich gar nicht wissen. Magie und solches Zeug verursacht bei mir immer Kopfschmerzen. Allerdings hätte ich gerne etwas anderes gewusst. Glaubst du, dass wir gleich die Polizei hier haben?«
    Ich kaute auf meiner Unterlippe. »Vermutlich schon. Schließlich steht das Ganze eng mit einem Mordfall in Zusammenhang,
und ich vermute, dass der zuständige Kommissar einige unserer Teilnehmer im Visier haben dürfte.«
    »Dann gehe ich jetzt lieber. Ich rufe dich später an. Es gibt etwas, das ich herausfinden muss.«
    »Irgendetwas Beunruhigendes?«
    »Könnte sein. Aber ich will erst sichergehen, dass es stimmt. Ich habe ja deine Handynummer. Ich rufe dich an, sobald ich es weiß. Aber jetzt verdrücke ich mich lieber.«
    Ich schwieg zu seinem geheimnisvollen Verhalten und atmete tief durch. »Leider werde ich wohl noch etwas länger hier bleiben müssen, sonst hätte ich dich zum Pioneer Square mitgenommen. Kommst du auch so zurück?«
    Er lachte. »Ich komme überall hin, keine Sorge. Aber pass auf dich auf, Harper. Das Ganze hier ist mir wirklich nicht geheuer.«
    Ich warf ihm einen sarkastischen Blick zu.

Weitere Kostenlose Bücher