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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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verspürte. »Nur noch einen Moment. Du solltest dir noch etwas ansehen. Es ist nicht weit von hier.«
    Ich spürte seine Verärgerung, als er mir aus dem Gebäude zu Old Possum’s um die Ecke folgte. Er hinkte an diesem Abend. Je länger wir zusammen waren, desto stärker wurde sein Hinken. Er schien mir damit zeigen zu wollen, dass ihn das alles ziemlich nervte.
    »Ich habe noch eine allgemeinere Frage.«
    Als er nicht antwortete, sprach ich einfach weiter. »Ist Glas oder Spiegelglas etwas Besonderes? Ich meine natürlich in magischer Hinsicht?«
    Er warf mir einen Blick zu, in dem sich sowohl Neugier als auch Irritation zeigte. »Spiegel besitzen eine ungewöhnliche Tragfähigkeit für Resonanzen und Reflexionen. Glas hingegen verlangsamt die Spiegelung magischer Dinge. Sobald die Energie auf die silberne Schicht trifft, wird sie als Spannung im Metall festgehalten, bis sie sich auflöst oder am Rand des Glases entlädt.«
    »Also im Grunde wie eine Batterie?« »Eine solche Spannung besteht nicht ewig. Mit der Zeit lässt sie nach beziehungsweise verschwindet langsam durch das Glas. Auch die wissenschaftliche Verwendung von Glas kann der Magie dienen. Wenn es rein ist, reagiert es auf nichts und sammelt auch nichts. Aber es ist viel dichter, als man das zunächst vermuten würde, und seine normale Resonanz ist anders als die der Magie. Das hat zur Folge, dass Energien, die größer oder kleiner sind als diese Resonanz, nur mit Schwierigkeit das Glas durchdringen können. Sie suchen also nach anderen Möglichkeiten oder werden sehr viel langsamer als in einem gewöhnlichen Umfeld.«

    Ich dachte über diese Erklärung nach, bis wir das Antiquariat betraten.
    Der Mann mit den wilden Haaren, der hinter der Kasse stand und fröhlich zur Musik aus einem iPod hin- und herhüpfte, war mir bisher noch nicht begegnet. Carlos achtete nicht weiter auf ihn, sondern folgte mir in den Alkoven mit der Kaffeemaschine im hinteren Teil des Zimmers. Er sah sich finster um.
    »Und was soll dieser Ort nun mit deinem Problem zu tun haben?«
    »Ich glaube, dass der erste Vorfall hier passiert sein könnte. Mark – also das Mordopfer – stand hier …« Ich sah mich um und ging dann zu dem Regal, in dem sich die Biografien befanden. Dabei schaute ich in den Spiegel, um zu sehen, ob man von hier aus die Theke mit der Kasse im Visier hatte. »Er muss etwa hier gestanden und mit jemandem einen Streit gehabt haben, als plötzlich dieser Wasserspeier auf ihn zuflog.« Ich zeigte auf das Ungetüm, das auf dem Kaminsims aus Pappmaché stand.
    Carlos drehte langsam den Kopf und begutachtete zuerst den Kaminsims und dann den Wasserspeier. Er hob ihn hoch und musterte ihn von allen Seiten.
    »Mit diesem Wasserspeier also …« Im düsteren Licht des Ladens wirkte sein Gesicht eingefallen, während die Narben auf seiner Haut mehr hervorstachen. Sie sahen jetzt aus wie scharfe Felskanten an einem steinigen Strand.
    »Genau. In der Autopsie wurde ein Bluterguss auf Marks Schulter entdeckt, der von diesem Wasserspeier stammen könnte. Außerdem wies er eine alte Verletzung an der Brust auf, die von einem Buch herrührt, das angeblich auf ihn gefallen sein soll. Man hat mir erzählt, dass der Wasserspeier wohl plötzlich auf Mark zuflog, ohne dass ihn jemand berührt
hätte. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Person, mit der er einen Streit hatte, dieselbe gewesen sein muss, die ihm später dieses … dieses Wesen auf den Hals hetzte. Kannst du für mich herausfinden, ob ich recht habe?«
    Carlos sah mich missmutig an. »Hier ist nicht viel übrig geblieben, was aber auch nicht zu erwarten war. Keiner – kein Mörder – hat diesen Wasserspeier berührt. Es lässt sich also keine Todesspur an ihm entdecken – nur ein feiner Faden des Wesens. Er hat wieder denselben Geruch, aber mehr nicht.«
    »Dann glaubst du also nicht, dass der erste Vorfall hier stattgefunden haben könnte?«
    »Doch, durchaus möglich«, erwiderte er noch ungeduldiger. »Aber ich kann hier nichts mehr finden. Was hier passierte, ist noch länger her als der Mord. Es ist völlig sinnlos, mich umzusehen.«
    Seine Augen blitzten, und sein Zorn umgab ihn mit einem seltsam raubtierartigen Geruch, der mir in den Kopf stieg. Er stellte den Wasserspeier wieder auf seinen Platz zurück und trat auf mich zu. Mein Magen verkrampfte sich, und ich senkte den Blick.
    »Es wird allmählich spät, und ich werde hungrig. Das hier ermüdet mich, Blaine. Ein spannendes Rätsel kann

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