Poltergeist
Kannst du mir sagen, was ich tun soll?«
Er dachte nach. Zweifelsohne überlegte er, wie er die Situation zu seinem Vorteil nutzen konnte. »Wenn der Ort, an dem der Geist erschaffen wurde, auseinandergenommen wird, schwächt man ihn dadurch nur.«
»Besser als nichts.«
Er nickte langsam. »Dieses Wesen ist kein echter Geist, weshalb ich dir auch nicht direkt weiterhelfen kann. Solange der Meister es weiterhin mit Energie versorgt, wird
es weiterhin bestehen. Sogar in deiner Flasche. Solange er es nützlich findet, löst es sich nicht auf, selbst wenn die anderen ihm ihr Interesse entziehen. Es wird zwar ohne sie schwächer werden, aber um es ganz loszuwerden, muss man es aktiv zerstören. Seine wahre Existenz besteht im Grau, und deshalb muss es dort aufgelöst werden. Das ist deine Aufgabe.«
Ich lächelte ihn gequält an. »So etwas wollte ich eigentlich nicht hören.«
Er zuckte mit den Schultern, und ich konnte sehen, wie sich schwarze Wolken aus Kälte um ihn ballten.
»Der Typ, der den Geist kontrolliert, ist ein Psychopath. Er ist irgendwo in der Stadt und geilt sich an dem Gedanken auf, Rache zu nehmen, sobald er ihn wieder in seiner Hand hat. Ich weiß nicht einmal, ob ihm klar ist, dass er verschwunden ist …«
»Er ist nicht verschwunden. Er ist nur blockiert. Aber der Typ weiß es – genauso, wie du es wissen würdest, wenn all das hier« – er strich mit der Hand um meinen Kopf und sammelte dabei Fäden und Geisterfetzen aus dem Grau zusammen – »für dich verschwunden wäre.«
Er bemerkte meinen finsteren Blick und musste grinsen. Ich versuchte, mich nicht davon irritieren zu lassen. »Dann kann ich nur hoffen, dass er darauf wartet, bis der Geist zu ihm zurückkommt und sich nicht entschließt, ohne ihn weiterzumachen. Ich vermute nämlich, dass er seine Ex-Freundin heimlich beobachtet und ihr in der Nähe ihrer Wohnung auflauert. Sobald er eine Gelegenheit bekommt, wird er versuchen, sie umzubringen.«
»Dann ist es noch wichtiger, dieses Wesen so schnell wie möglich zu zerstören«, erwiderte Carlos. »Jedes Mal, wenn er es benutzt und seine Energie verwendet, lernt er etwas
dazu und erfährt auch Dinge aus dem Grau. Also – du musst Folgendes tun …«
Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und machte auf einem Blatt Papier Notizen, während er sprach. »Für den Moment hast du die Macht über das Wesen, und es wird sich nicht einmischen. Zuerst zerstörst du die Artefakte – alles, was mit ihm in Verbindung gestanden hat. Alles, was seine Erzeuger ihm zugeordnet haben. Mach alles kaputt, verbrenne es, zerstöre es auf irgendeine Weise. Wenn man es nicht zerstören kann, muss man es zumindest trennen. Nimm alles aus diesem Raum und verteile es so weit voneinander entfernt wie nur möglich.«
»Das habe ich morgen vor. Jemand wird mir dabei helfen.«
Er nickte, ohne aufzublicken. Im Grau spürte ich, wie angespannt er war. »Dann musst du das geschwächte Wesen im Grau isolieren, um es auseinandernehmen zu können. Sprich am besten mit deiner Hexenfreundin darüber. Sie soll dir einen Zauber liefern, um die Zeit einzufangen. Sie wird sicher wissen, wie so etwas geht. Damit baust du für den Geist eine Falle und entlässt ihn aus seinem Behältnis dort hinein. Während er sich darin aufhält, kannst du ihn zerstören. Diese Anweisungen hier werden dir helfen. Aber Vorsicht! Der Zauber hält nicht lange vor. Du wirst die Kreatur öffnen müssen und in ihr Inneres eindringen. Das wirkt vielleicht verwirrend, ist es aber nicht. Erst, wenn du dich in der Mitte des Geistes befindest, kannst du seine Struktur sehen. Dann musst du die Kontrollleitung finden, die alles zusammenhält. Wenn diese Kontrollleitung nicht mehr an ihrem Ort ist, löst sich der Geist unweigerlich auf.«
Carlos blickte hoch und sah mir in die Augen. Messerscharf durchfuhr mich ein arktischer Wind, und mein Magen
krampfte sich zusammen. »Du solltest die Kontrollleitung leicht erkennen. Sie sieht genauso aus wie deine Verbindung zur Energie. Während die Struktur offen liegt, wird das Wesen versuchen, mehr als nur Energie in sich aufzunehmen. Sei also sehr vorsichtig mit deiner Verbindung zu diesem Geist. Er wird sich von allem nähren, was in seine Nähe kommt, und du wirst dagegen ankämpfen müssen. Viel Zeit bleibt dir nicht. Der Zauber kann ihn nur eine Weile festhalten. Sei also schnell. Wenn du dich noch immer in seinem Inneren befindest, während der Zauber seine Macht verliert, wird die Struktur
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