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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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sich nun um Fantasie, Illusion oder Übernatürliches handelt – hinter dem meisten steckt, was man Gespenstern und Poltergeistern zuschreibt. Damals war seine Theorie ziemlich neu und aufregend, auch wenn Ideen wie sich selbst erfüllende Prophezeiungen inzwischen zum Standard in der Psychologie gehören.«
    Er fuchtelte mit der Hand in der Luft herum, als ob er eine unsichtbare Tafel sauber wischen wollte. »Das Experiment ging von der Idee aus, dass die Aktivitäten eines Poltergeists das Resultat menschlicher Vorstellungskraft sind. Keiner der Teilnehmer glaubte an Gespenster, und sie hatten ursprünglich auch nicht vor, eines zum Leben zu erwecken. Sie waren vielmehr davon überzeugt, dass Poltergeist-Phänomene im kleinen Rahmen von einem Einzelnen erzeugt werden können. Das bedeutete ihrer Meinung nach, dass eine Gruppe, die sich auf so etwas konzentrierte, wesentlich größere und genauere Wirkungen erzielen könnte.
    Sie nannten das Gruppen-Psychokinese. Dahinter steckt die Vorstellung, dass ein einzelner Mensch nicht dazu in der Lage sein kann, durch reine Willenskraft ein schweres Objekt zu bewegen. Für eine Gruppe von sechs Leuten sollte das aber ein Leichtes sein. Angeblich war es dieser Glaube daran, gemeinsam solche Phänomene erzeugen zu können, der es tatsächlich möglich machte.«

    »Dann taten sie also nur so, als ob ein Poltergeist dahintersteckt?«
    »Nein, eigentlich nicht. Das Experiment basierte auf den psychokinetischen Untersuchungen von zwei englischen Psychologen, Kenneth Batcheldor und Colin Brookes-Smith, die beide feststellten, dass psychokinetische Phänomene am wahrscheinlichsten auftraten, wenn die involvierten Parteien erwarteten, dass etwas passieren könnte, aber nicht aktiv versuchten, es so weit zu bringen. Die Erscheinungen nahmen ihrer Meinung nach an Stärke und Häufigkeit zu, wenn es eine Person gab, auf die man diese zurückführen konnte. Auf diese Weise betrachteten sich die Teilnehmer, die in Wahrheit diese Phänomene erzeugten, nicht als verantwortlich und führten die Bewegungen irgendwelcher Gegenstände oder auch plötzliches Tischklopfen auf jemanden zurück, der sich außerhalb von ihnen befand – auf einen Poltergeist. Das bedeutet im Grunde nur, dass es einfacher ist, solche Erscheinungen zu akzeptieren, wenn man sie auf ein übernatürliches Wesen zurückführen kann. Dann beginnt man nämlich zu erwarten, dass etwas geschehen kann und auch wird. So passieren häufig mehr Dinge als ursprünglich angenommen. Ein solches Verhalten funktioniert deshalb so gut, weil es sich selbst immer wieder bestätigt und dadurch verstärkt wird. Der große Unterschied zwischen den Beobachtungen von Batcheldore und Brookes-Smith und dem Philip-Projekt lag in der Tatsache, dass die Teilnehmer des kanadischen Experiments ihren Poltergeist schon im Vorhinein erschufen und bewusst – das heißt also in diesem Fall auch absichtlich – alle Verantwortung dieser erfundenen Persönlichkeit zuschoben.«
    Brian fuchtelte mit seinem Löffel in der Luft herum. Laut
lachend sah er den Tropfen von Tomatensuppe, die nun in der ganzen Küche verteilt wurden, hinterher. Dann gab er einen gehörigen Rülpser von sich, was ihn für einen Moment überraschte und kurz darauf noch heftiger lachen ließ.
    »Okay. Fütterung ist vorüber«, verkündete Ben und stand auf, um Brian aus seinem Kinderstuhl zu heben.
    Der Junge schleuderte daraufhin den Löffel von sich, patschte mit seinen Händen in die übrig gebliebene Tomatensuppe und schmierte sich zwei orangefarbene Streifen ins Gesicht. »Schmutzig, schmutzig, schmutzig!«, grölte er.
    »Du bist wirklich ein schmutziges Nashorn. Weißt du auch, was das bedeutet?« Ben klemmte sich den Kleinen wie einen besonders großen Football unter den Arm. »Auf zur Nashornwaschanlage mit dir!« Er warf mir einen entschuldigenden Blick zu und trug den zappelnden und kichernden Brian ins Badezimmer.
    Während das Wasser lief und ich lautes Plantschen aus dem Badezimmer hören konnte, nahm ich Brians Teller und stellte ihn in die Spüle. Bens Teller ließ ich stehen – er hatte sein Essen kaum angerührt. Die gemütliche Küche im Landhausstil wirkte nicht mehr so neu und makellos, wie das früher einmal der Fall gewesen war. Die ständige Jagd auf den Nashornjungen schien nicht nur seine Mitbewohner, sondern auch das Haus stark in Mitleidenschaft gezogen zu haben. Allesamt wirkten erschöpfter als gewöhnlich – außer Brian natürlich.
    Das Wasser

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