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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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wurde abgedreht, und kurz darauf rannte ein nasser Nashornjunge in Höchstgeschwindigkeit an der Küchentür vorbei. Sein feuchtes Haar war über der Stirn zu einem kleinen Horn geformt. Ben folgte ihm mit einem gro
ßen Handtuch, wobei seine Schritte so klangen, als ob eine ganze Herde Nashörner vorbeidonnern würde. Beide lachten, auch wenn Ben etwas außer Atem wirkte.
    Sobald Brian im Handtuch gefangen und abgetrocknet war, beruhigte ihn Ben mit einer zwanzigminütigen Fernsehsitzung, um schließlich den schläfrigen Burschen für ein Nickerchen ins Bett zu bringen.
    Hastig verschlang Ben sein Sandwich, während wir die Treppe hinauf zu seinem Arbeitszimmer unter dem Dach stiegen. Er leckte sich den Senf vom Daumen und durchsuchte dann die zahlreichen Papierstapel und Schachteln, die er in seinem Zimmer aufgebaut hatte. Schließlich entdeckte er ein schwarzes Buch, das er mir reichte.
    Die limettengrünen Lettern auf dem Buchrücken verrieten mir, dass es sich um Philips Beschwörung – ein psychokinetisches Abenteuer von Iris M. Owen und Margaret Sparrow handelte.
    »Das ist das Buch über das Philip-Experiment. Leider wurde es von Laien geschrieben, und keine der Autorinnen scheint es für nötig gehalten zu haben, die ursprünglichen Berichte oder technischen Daten anzuhängen. Das könnte auch der Grund dafür sein, warum es bisher keinem so recht gelungen ist, das Experiment zu wiederholen.«
    Ben ließ sich in den Stuhl hinter seinem Schreibtisch fallen und streckte alle viere von sich. Albert erschien auf einmal hinter ihm in einer Ecke.
    Ich drehte das Buch in meinen Händen hin und her, ohne es zu öffnen. »Ich verstehe Tuckmans Herangehensweise nicht«, sagte ich. »Er ist an Gespenstern nicht interessiert und glaubt auch nicht an sie. Er behauptet, herausfinden zu wollen, wie sich die Gruppe verhält, wenn sie mit angeblich unmöglichen Phänomenen konfrontiert wird. Irgendwie
scheint es ihm um Gruppendynamik und die dadurch entstehenden Fragen zu gehen. Er will wissen, wozu die Teilnehmer fähig sind, solange sie daran glauben, dass diese Dinge tatsächlich passieren.«
    Ben sah mich nachdenklich an. »Das ist keine uninteressante Herangehensweise. Die New-Horizons-Gruppe – also die ursprüngliche Testgruppe – wies immer wieder darauf hin, dass es unter ihnen zu ziemlichen Spannungen gekommen sei, einschließlich erotischer Natur. Die Gruppe war sehr gemischt. Es gab verheiratete und alleinstehende Leute, Paare und Einzelgänger und alle Altersgruppen von zwanzig bis etwa Mitte fünfzig. Je mehr Spannungen zwischen ihnen auftraten, desto mehr Erscheinungen zeigten sich. Im Buch wird zwar behauptet, dass die Gruppe meist ganz harmonisch funktionierte, aber selbst Owen und Sparrow mussten zugeben, dass die Sache deutlich aufregender wurde, wenn es ungelöste Probleme unter den Teilnehmern gab.«
    Ich runzelte die Stirn. Falls sich in Tuckmans Gruppe auch Spannungen zeigten – und ich hatte bei manchen der aufgezeichneten Sitzungen durchaus den Eindruck gewonnen -, war es doch nicht so unwahrscheinlich, dass es eine Verbindung zu Marks Tod gab. Doch für den Moment half mir das nicht weiter. Ich verdrängte den Gedanken und konzentrierte mich lieber darauf, Ben auszufragen, solange Brian noch schlief.
    »Wie steht es dann mit diesem Poltergeist? In den Akten, die mir Tuckman gab, findet sich eine sechsseitige Biografie dieses Geistes, der gar nicht existiert. Die Teilnehmer scheinen zu akzeptieren, dass es sich um eine echte Person handelt.«
    Ben wurde wieder munterer. »Ah, ja. In dieser Hinsicht
war die Owen-Gruppe zu jener Zeit einzigartig, was psychokinetische Untersuchungen betraf. Die Teilnehmer schufen zuerst eine Figur, der sie die Poltergeist-Aktivitäten zuschreiben konnten, anstatt die Erscheinungen irgendeinem Gespenst zuzuordnen, nachdem sie aufgetreten waren. Letzteres findet sich in fast allen klassischen Poltergeistfällen. Da es ihre Absicht war, das Wesen zu beherrschen, gaben sie ihm eine Biografie samt Fehlern, Erfindungen und historischen Irrtümern. Wenn dann während der Séancen die Antworten auf ihre Fragen zu dieser Biografie passten, war es klar, dass sie es mit der Erscheinung zu tun hatten, die sie selbst kreiert hatten, und nicht mit einem tatsächlichen Geist oder den übernatürlichen Fähigkeiten eines Menschen. Philip war ein kollektives Unternehmen und existierte nur durch die Gruppe. Interessanterweise änderten sich Philips Vorlieben und seine Antworten je

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