Ponyhof kleines Hufeisen - 02 - Max braucht ein Zuhause
verletzten Tieren, die auf den Laderampen zusammengebrochen waren. Sie litten große Qualen, bis sie endlich in einem Schlachthof ankamen und von ihren Leiden erlöst wurden. Sie bekamen weder Futter noch Wasser, fuhren tagelang dicht zusammengedrängt und gequält von Schmerzen und Angst durch halb Europa. Warum mußten diese Tiere so leiden? Und wie konnte es Menschen geben, die so etwas zuließen, die ihre Tiere einem solchen Schicksal auslieferten? Sabine verstand gar nichts mehr. Sie wußte nur eins: Sie mußten es einfach noch rechtzeitig schaffen! Max durfte nicht als Schlachtpferd abtransportiert werden! Der Gedanke daran trieb ihr Tränen des Zorns und des Mitleids in die Augen.
„Sabine!“ Stefan legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. „Noch ist es nicht zu spät. Und wer weiß, vielleicht hat ihn ja irgend jemand gekauft, der ihn retten wollte und dem er gefiel. Das gibt es, auch auf dem Pferdemarkt!“
Cornelia fuhr schweigend. Sonntagnachmittag war keine gute Zeit, um nach München zu fah-ren. Alle, die übers Wochenende fort gewesen waren, strömten nun wieder zurück in die Stadt. Am Irschenberg ging es quälend langsam vorwärts. Eine lange Autoschlange bewegte sich im Schritttempo voran. Cornelia schimpfte leise.
„Stell mal den Verkehrsfunk an!“ schlug Stefan vor.
Cornelia drehte das Radio an. Nach schriller Rockmusik kam endlich die Straßenübersicht: „Zähfließender Verkehr am Irschenberg in Richtung München“, hieß es. „Vor Weyarn fünf Kilometer Stau nach einem Auffahrunfall!“
„Ach du lieber Himmel!“ Cornelia steuerte auf die Ausfahrt zu. „Ausgerechnet heute! Wenn wir es einmal eilig haben, ist hier ein Stau!“
„Und jetzt?“ Sabines Stimme war ganz dünn. Würden sie Max noch rechtzeitig finden?
„Jetzt fahren wir Landstraße!“ verkündete Cornelia entschlossen. „Wir werden es schon schaffen. Ich kenne mich hier gut aus.“
Mit dem Anhänger konnte Cornelia natürlich nicht überholen, aber sie kamen doch recht zügig voran. Der Pferdemarkt! Sabine konnte an nichts anderes mehr denken. Sie war noch nie dort gewesen, aber sie hatte viele Geschichten vom Pferdemarkt gehört. Traurige Geschichten von alten Pferden, die dort verkauft wurden, von Pferdehändlern, die kranke Pferde anboten und die nur aufs Geld aus waren. Sie hatte sich das nie ansehen wollen, denn sie fürchtete sich davor, dem Ganzen nur zuzusehen und nicht helfen zu können. Vor dieser Hilflosigkeit hatte sie sich gefürchtet, aber nun mußten sie etwas tun! Sie würden nicht alle Pferde vor dem Schlachthof retten können, aber Max mußten sie da rausholen!
Als die großen Hallen dann vor ihnen auftauchten, wurde Sabine richtig schlecht. „Wie spät ist es?“ fragte sie mit zitternder Stimme.
„Halb fünf!“ Cornelia fand einen Parkplatz und stellte den Wagen ab.
Noch eine halbe Stunde! Sabine sprang aus dem Auto und rannte wie blind los. „Sabine!“ Cornelia holte sie ein. „Wir müssen zusammenbleiben. Ich will dich hier nicht aus den Augen verlieren. Der Markt ist groß, und hier treiben sich auch zwielichtige Gestalten rum. Ein junges Mädchen wie du sollte hier nicht allein sein!“ „Ihr bleibt zusammen, aber ich schaue mich mal um!“ rief Stefan. Obwohl es schon spät war, drängten sich die Leute doch noch durch den Eingang. Die Halle hatte keine Fenster; an den Enden waren große Tore, Neonleuchten erhellten die Gänge zwischen den langen Stangen, an denen die Pferde angebunden waren. Sabine hatte nur alte, müde und verbrauchte Pferde erwartet, aber jetzt war sie überrascht. Da standen gepflegte Reitpferde neben schweren Kaltblütern und hübschen Ponys. „So gute Pferde sind hier?“ fragte sie Cornelia.
„Manche Händler bringen auch gute Pferde hierher!“ erwiderte die junge Frau.
Sabine zeigte auf einen mageren Rappen, der auf drei Beinen stand. Das vierte schonte er, es war dick geschwollen. „Der arme Kerl!“ flüsterte Sabine. „Da müßte doch sofort ein Tierarzt her!“ „Ich weiß“, Cornelia nickte bedrückt. „Es gibt hier viel Leid und viele mißhandelte, vernachlässigte Tiere!“
„Können wir ihm denn nicht helfen?“
Cornelia schüttelte den Kopf. „Zuerst müssen wir Max finden“, sagte sie.
Max! Sabine ließ ihre Augen über die Reihen der Pferde gleiten. Hinten in der Halle war Stroh ausgelegt. Da umstand eine Gruppe von Menschen einen Schimmel. Nun trabte ein Mann das Pferd an der Hand die lange Seite entlang. Mit hochgerecktem
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