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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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erhalten. Als in China Staatsunternehmen oder zumindest Teile des Inventars, der Ländereien und Gebäude beinahe stillschweigend den Beschäftigten übergeben wurden, hatte das einen ähnlichen Effekt. Fast dieselbe Industriepolitik verfolgte Korea, wenn auch weniger verbrämt. Dadurch kann ein Circulus virtuosus in Gang kommen: Sichere und höhere Löhne geben den Arbeitern die finanziellen Mittel, den geistigen Freiraum und den notwendigen Optimismus, um in ihre Kinder zu investieren und mehr zu sparen. Mit diesen Ersparnissen und dem dank eines festen Jobs
leichteren Zugang zu Krediten wären die fähigsten von ihnen in der Lage, Unternehmen zu gründen, die groß genug wären, um auch anderen Menschen Arbeit zu geben.
     
    Gibt es die Milliarde barfüßiger Unternehmer, an die die Vertreter der Mikrofinanzinstitute und die sozial denkenden Wirtschaftsbosse zu glauben scheinen, nun wirklich? Oder handelt es sich um eine Wunschvorstellung, die einer unklaren Definition des Begriffs »Unternehmer« entsprungen ist? Wohl gibt es mehr als eine Milliarde Menschen, die Landwirtschaft betreiben oder ein Geschäft führen, aber die meisten von ihnen tun das nur, weil sie keine andere Wahl haben. Den meisten gelingt es ganz gut, damit über die Runden zu kommen, aber sie verfügen weder über das Talent noch die Fähigkeiten oder die Risikobereitschaft, die erforderlich sind, um aus einem solchen kleinen Geschäft ein erfolgreiches Wirtschaftsunternehmen zu machen. Auf jede Xu Aihua, die mit nichts außer einer einfachen Ausbildung und einer Menge Talent ein Bekleidungsimperium schuf, kommen Millionen von Ben Sedans, die wissen, dass der Weg aus der Armut nicht aus einem Stall mit ein paar Kühen darin besteht, sondern aus einem Sohn mit einem sicheren Job bei der Armee. Mikrokredite und andere Hilfen für kleine Geschäfte werden weiterhin im Leben der Armen eine wichtige Rolle spielen, weil diese Geschäfte für einige von ihnen auch in absehbarer Zukunft die einzige Möglichkeit zum Überleben darstellen. Aber wir machen uns etwas vor, wenn wir glauben, dass sie Heerscharen von Menschen einen Weg aus der Armut ebnen.

10 Politik im Großen und im Kleinen
    Sogar ausgesprochen gut gemeinte und gut durchdachte Maßnahmen verpuffen wirkungslos, wenn sie nicht richtig umgesetzt werden. Der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit kann leider ziemlich groß sein. Regierungsversagen wird oft als Grund genannt, weshalb gute Strategien am Ende doch nicht funktionieren. Und schwache Regierungen müssen auch bei manchen Entwicklungshilfekritikern immer wieder als Begründung herhalten, warum Entwicklungshilfe und andere Versuche, die sozialen Verhältnisse von außen zu beeinflussen, die Dinge in armen Ländern eher schlechter als besser machen. 1
    Die ugandische Regierung zahlt den Schulen pro Schüler einen Zuschuss, damit sie ihre Schulgebäude in Schuss halten, Bücher kaufen und zusätzliche Maßnahmen für ihre Schüler finanzieren können, die sie für sinnvoll halten (die Lehrergehälter werden direkt von der Regierung bezahlt). Ritva Reinikka und Jakob Svensson suchten 1996 eine Antwort auf die einfache Frage: Wie viel von dem Geld, das die Regierung für die Schulen bereitstellte, kam auch dort an? 2 Das war nicht schwer herauszufinden. Sie schickten Befragungsteams los, die ermitteln sollten, wie viel Geld die Schulen jeweils erhalten hatten. Dann verglichen sie die Zahlen mit den offiziellen Angaben, wie viel Geld für welche Schule auf den Weg gebracht worden war. Das Ergebnis verschlug ihnen den Atem: Nur 13 Prozent der Zuschüsse hatten ihr Ziel erreicht, über die Hälfte der Schulen hatte gar nichts erhalten. Nachforschungen ergaben, dass ein Gutteil des Geldes höchstwahrscheinlich in den Taschen von Distriktbeamten gelandet war.
    Angesichts solcher Ergebnisse (die von ähnlichen Studien in
mehreren anderen Ländern bestätigt wurden) könnte man leicht depressiv werden. Wir werden oft gefragt, warum wir das tun, was wir tun: »Was kümmert’s euch?« Das sind die »kleinen« Fragen. William Easterly, um nur ein Beispiel zu nennen, kritisierte die randomisierten kontrollierten Studien (RTCs) in seinem Blog mit folgenden Worten: »RTCs sind für viele der großen Fragen im Bereich Entwicklung, wie die gesamtwirtschaftlichen Effekte von guten Institutionen oder guter makroökonomischer Politik, nicht durchführbar.« Und dann meint er: »Die Verwendung von RCTs hat Entwicklungshilfeforscher dazu gebracht,

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