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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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zwischen den verschiedenen Ebenen der Politik nur gering: Verbesserungen können (und müssen) im Kleinen beginnen. Dieselbe Herangehensweise, für die wir im ganzen Buch geworben haben – auf die Details achten, ein Verständnis dafür entwickeln, wie Menschen Entscheidungen
treffen, sich auf Experimente einlassen –, kann man auf Politik genauso anwenden wie auf alles andere auch.
    Gegen politische Ökonomie
    Unter politischer Ökonomie versteht man die Auffassung (die, wie wir gesehen haben, von nicht wenigen Entwicklungsexperten vertreten wird), dass Politik das Primat über die Ökonomie hat: Institutionen definieren und begrenzen den Spielraum ökonomischen Handelns.
    Allerdings gibt es, wie wir gerade gezeigt haben, noch Spielraum für Verbesserungen im Bereich der Institutionen, selbst in einem relativ widrigen Umfeld. Natürlich können nicht alle Probleme auf diese Art gelöst werden. Die Tatsache, dass mächtige Personen befürchten müssen, durch die Reformen zu verlieren, schränkt diesen Spielraum ein, aber man kann trotzdem eine ganze Menge erreichen: Die brasilianischen Politiker, die befürchten mussten, durch die Überprüfungen bloßgestellt zu werden, konnten das Gesetz nicht verhindern, und die Zeitungen in Delhi schreckten nicht davor zurück, die Gerichtsakten der Parlamentarier zu veröffentlichen. Die autokratischen Regime in China und Indonesien beschlossen von sich aus, demokratische Verfahren zuzulassen. Das Wichtigste ist, jede sich bietende Gelegenheit beim Schopf zu packen. Dasselbe gilt für zu ergreifende Maßnahmen. Maßnahmen sind nicht immer komplett von der Politik vorgegeben: Gute können (manchmal) auch in einem schlechten politischen Umfeld umgesetzt werden, und, was gravierender ist, schlechte (oft) auch in einem ziemlich guten.
    Suhartos Indonesien ist ein Beispiel für das erste Szenario. Suharto war ein Diktator und bekanntermaßen ziemlich korrupt. Immer wenn er ernstlich erkrankte, fielen die Aktienkurse der Unternehmen, die seinen Verwandten gehörten, woraus man ableiten kann, dass Beziehungen zu ihm Geldwert besaßen. 33 Trotzdem wurde in Suhartos Indonesien, wie wir in Kapitel 4 gesehen
haben, Geld aus dem Ölverkauf in den Bau von Schulen gesteckt. Suharto glaubte, dass Bildung ein guter Weg sei, um seine Ideologie zu verbreiten, eine einheitliche Sprache durchzusetzen und ein Gefühl der Einheit im Land herzustellen. Diese politische Linie führte zu mehr Bildung und – für diejenigen, die davon profitieren konnten – zu höheren Löhnen. Die Bildungsoffensive wurde begleitet von einem massiven Programm zur Verbesserung der Ernährung von Kindern, unter anderem wurde eine Million Freiwilliger ausgebildet, die ihr Wissen in ihre Dörfer tragen sollten. Möglicherweise ist es dieser Maßnahme zu verdanken, dass die Mangelernährung von Kindern in der Zeit von 1973 bis 1993 in Indonesien um die Hälfte zurückging. Natürlich geht es hier nicht darum zu behaupten, dass Suhartos Regime gut für die Armen war. Der Punkt ist vielmehr, dass die Motive der politischen Eliten so komplex sind, dass es durchaus in ihrem Interesse liegen kann, gelegentlich Maßnahmen zu ergreifen, die rein zufällig gut für die Armen sind.
     
    Und, noch einmal, dasselbe gilt auch umgekehrt. Gute Absichten sind ein unverzichtbarer Bestandteil guter Maßnahmen, aber mehr auch nicht. Selbst sehr schlechte Maßnahmen sind manchmal das Ergebnis bester Absichten, wenn etwa das eigentliche Problem verkannt wurde: Das staatliche Schulsystem versagt bei der Mehrheit, weil alle glauben, dass nur die Elite die Fähigkeit hat zu lernen. Krankenschwestern kommen nicht zur Arbeit, weil niemand vorher abgeklärt hat, ob sie gebraucht werden, und weil zu hohe Erwartungen an sie gestellt werden. Arme haben keine sichere Möglichkeit zur Geldanlage, weil die bürokratischen Hürden, die der Staat den Institutionen vorschreibt, die ihre Einlagen entgegennehmen dürfen, aberwitzig hoch sind.
    Ein Teil des Problems ist, dass, selbst wenn es eine Regierung gut meint, ihre Vorhaben grundsätzlich schwer zu verwirklichen sind. Regierungen existieren vor allem dafür, Probleme zu lösen, die die Märkte nicht lösen konnten – wir haben viele Beispiele dafür gesehen, dass eine staatliche Intervention genau dann notwendig
wird, wenn der freie Markt – aus welchem Grund auch immer – die Aufgabe nicht erfüllen kann. Beispielsweise wenn Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen oder ihnen die Medikamente

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