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Poppenspael

Poppenspael

Titel: Poppenspael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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macht mehr Druck als Colditz. Hier ist
natürlich weit und breit kein Mensch in
…«
    »Ich wollte nur
wissen, wo ich dich aufgabeln kann«, unterbricht Mielke
genervt. »Wenn du in fünf Minuten am Kuhsteig stehst,
kannst du bei mir zusteigen!«
    Er beendet das
Gespräch, ohne die Bestätigung abzuwarten, steckt das
Handy in die Jackentasche zurück. Die Zusammenarbeit mit
Kollege Jacobsen weckt nicht gerade Begeisterungsstürme in
ihm. Sein silbergrauer Twingo steht noch auf dem Parkplatz am
Schlosspark. Jemand hat Absperrband an seinem Außenspiegel
befestigt, und er braucht einige Zeit, um den Knoten
aufzutütteln.
    Fünf Minuten
später fischt er Jacobsen neben der Videothek am Kuhsteig auf.
In der Süderstraße sind alle Parkplätze belegt, und
Mielke kurvt mit dem Wagen durch die schmalen Gassen, bis er in der
Ludwig-Nissen-Straße endlich einen findet. Die beiden
Kriminalisten gehen schweigend den Klostergang hinauf. Für sie
unsichtbar, muss die Sonne aufgegangen sein, einige Wolken
schimmern im rötlichen Licht.
    »Mächtige
Muskeln angesetzt«, bemerkt Jacobsen unvermittelt und fasst
dem Kollegen an den Oberarm. »Krafttraining oder
Fitnessstudio?«
    »Keins von
beiden«, knurrt Mielke miesepetrig.
    »Nun sag schon,
jeder in der Inspektion munkelt bereits hinter vorgehaltener Hand.
Ist schließlich nicht zu übersehn.«
    »Das Privatleben
der Kollegen ist tabu!«
    »Wer hat dir das
erzählt? Jetzt mach bloß kein Fass auf,
Stephan!«
    »Es bleibt aber
unter uns, Rudolf, Ehrenwort! Ich will hinterher nicht hören
müssen, wie zivilisiert Leichtathletik ist. Trainiere
nämlich seit ’nem halben Jahr im Box-Club
Itzehoe.«
    »Was, du boxt?
Wirklich?«
    »Dachte, ich
muss mich endlich fit halten und außerdem kann es auch im
Dienst nützlich sein.«
    »Ich hab auch
mal geboxt, in meiner Jugend, vor endloser Zeit!«
    »Du hast
geboxt?«
    »TSV Husum, als
hier noch die Hochburg im Boxen war!«
    »Und das mit
deiner Nase kommt aus der Zeit?«
    »Trainingsunfall!«,
bestätigt Jacobsen und fasst an seinen schiefen
Nasenrücken. »Nach meinem gebrochenen Nasenbein ging der
Tatendrang schlagartig auf null. Ich war kein wirklicher Puncher,
damals, wie die meisten im TSV.«
    »Richtige
Kämpfe interessieren mich nicht«, erklärt Mielke,
»mir geht’s mehr um die mentalen Fähigkeiten und
dass ich mich mal richtig auspowern kann.«
    »Das
hättest du bei richtigen Kämpfen auch, mein
Lieber.«
    »Mag
sein«, würgt Mielke ab und bleibt vor dem Haus in der
Süderstraße 66 stehen, »aber viel wichtiger ist
jetzt, wie wir in die Wohnung der Lechner kommen.«
    »Den Hausmeister
rausklingeln!«
    »Und wo wohnt
der?«
    »Irgendwo
klingeln und uns durchfragen«, meint Jacobsen trocken und
drückt lang anhaltend auf den erstbesten
Klingelknopf.
    Mielke sieht auf seine
Armbanduhr, es ist gerade erst 7.20 Uhr. Er hält seinem
Kollegen das Zifferblatt unter die Nase, doch der zuckt nur mit der
Schulter und drückt ein zweites Mal auf die Klingel. Ein
Fenster im ersten Stock geht auf, und eine verschlafene ältere
Frau mit zerzausten Haaren schaut herunter.
    »Kriminalpolizei«,
ruft Jacobsen hinauf, bevor sie etwas sagen kann, »wir
möchten zum Hausmeister!«
    »Da müssen
Sie bei Fiedler klingeln und nicht bei mir!«, schimpft die
Frau und knallt das Fenster zu, nicht ohne vorher noch ein
zischendes »Unverschämt«
auszustoßen.
    Es dauert etliche
Minuten, bis der vermeintliche Hausmeister den Türsummer
betätigt, und weitere 20 Minuten, bis Jacobsen alles
erklärt hat, der Mann angezogen im Hausflur erscheint und mit
einem Schlüssel die Tür zur Wohnung von Hanna Lechner
öffnet.
    »Die arme Frau
Lechner«, stöhnt er leise in einem fort vor sich hin.
»Ermordet, schrecklich, so eine freundliche
Frau.«
    »Alles, was Sie
von uns gehört haben, ist natürlich vertraulich, Herr
Fiedler«, unterbricht Mielke ihn. »So lange unsere
Ermittlungen dauern, erzählen Sie nichts davon in der Gegend
herum, verstanden!«
    »Auch nichts zu
meiner Frau?«
    »Wenn
irgendwelche Gerüchte in die Welt gesetzt werden, kommen Sie
persönlich in Teufels Küche«, droht Mielke mit
Nachdruck, nimmt dem Mann den Schlüssel aus der Hand,
schließt auf und lässt ihn allein vor der
Wohnungstür zurück.
    »Wonach suchen
wir eigentlich?«, fragt Jacobsen mehr sich selbst, geht
zielstrebig in die Küche und zieht alle Schubladen auf. Mielke
steht tatenlos daneben und sieht dem Treiben des Kollegen mit
gemischten Gefühlen zu. Das Durchwühlen der

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