Populaermusik Aus Vittula
Lulea, andere in den Vororten von Stockholm, ein paar in Växjö.
Kristianstad, in Frankfurt, Missouri und Neuseeland. Nur ein Einziger wohnte immer noch in Pajala, und das war Niilas Vater. Und alle kamen sie zur Beerdigung, sogar ihre beiden verstorbenen Söhne, das bezeugten die hellseherischen Tanten später der Versammlung. Sie hatten sich gewundert, was das für Knaben waren, die bereits beim Eingangspsalm am Sarg standen und sich verbeugten, bis man bemerkte, dass sie einen leichten Lichterkranz um sich hatten und dass die Füße einen Fingerbreit über dem Boden schwebten.
Dann waren da noch die Enkelkinder und die Urenkel, aufgewachsen in der ganzen Welt, merkwürdig gut gekleidete Wesen, die in allen möglichen Dialekten redeten. Das Enkelkind aus Frankfurt radebrechte auf Deutsch, während die Amerikaner und Neuseeländer ein Schwenglisch sprachen. Die Einzigen aus der jüngsten Generation, die immer noch das Tornedalfinnisch beherrschten, waren Niila und seine Geschwister, aber die schwiegen die meiste Zeit. Das war ein Durcheinander an Sprachen und Kulturen, da in der Kirche von Pajala, eine äußerst beeindruckende Zusammenfassung dessen, was eine fruchtbare tornedalsche Gebärmutter so alles produzieren kann.
Die Lobreden am Sarg waren zahlreich und ausführlich. Man bezeugte, wie schwer die Dahingeschiedene im Schweiße ihres Angesichts gearbeitet hatte, in Gebet und Versagung. Sie hatte geschleppt und gestemmt, gestemmt und geschleppt, Kühe und Kinder gefüttert, Heu emsiger zusammengerecht als drei von Pferden gezogene Mähdrescher es könnten, vierzigtausend Eimer Wasser aus dem Hofbrunnen hochgezogen, Holz gehackt, das mindestens einem anständigen Kahlschlag im Gebiet von Käymäjärvi entspricht, einen Jupukkaberg an Schmutzkleidern gewaschen, die Abtritttonnen aus dem Plumpsklo gerollt, ohne sich je zu beklagen und Kartoffeln gesetzt, dass es wie ein Maschinengewehr auf einem Blechdach gescheppert hat. Um nur einiges zu nennen.
In den letzten Jahren, in denen sie bettlägerig war, las sie die Bibel von vorn bis hinten, eins ums andere Mal, natürlich die alte finnische Übersetzung, unbefleckt von den Atheisten in den modernen Bibelkommissionen. Natürlich war das Geschriebene Wort nichts gegen das Lebendige, das mit zweischneidigem Schwert während der Gebetsstunden geschwungen wurde, aber wenn man nun mal die Zeit hatte.
Wie üblich bei Tornedalschen Heldenbegräbnissen redeten die Prediger vor allem von der Hölle. Sie malten diesen ewig glühenden Kohlenmeiler genauestens aus, in dem die Sünder und Scheinheiligen auf der glühend heißen Bratpfanne des Teufels schmoren mussten wie Speck auf dem Teer, während der Teufel sie mit seinem Dreizack pikste, dass der Saft nur so herauslief. In den Kirchenbänken erschauerten die Leute, und besonders die Töchter der Oma ließen viele Krokodilstränen laufen, wie sie da mit ihren Dauerwellfrisuren und modischen Kleidern saßen, während die angeheirateten Männer mit versteinerten Herzen auf der Bank hin und her rutschten. Aber hier bot sich die Gelegenheit, den Samen der Reue und der Buße fast über die ganze Weltkugel zu verstreuen, und es wäre unverzeihlich gewesen, diese Möglichkeit ungenutzt verstreichen zu lassen. Außerdem hatte die Oma ein ganzes Schreibheft vollgeschrieben mit ihren Vorstellungen, wie ihre Beerdigung vonstatten gehen sollte, und so war in der Predigt viel von Recht die Rede und nur wenig vom Evangelium. Nichts da vom schnellen Verzeihen hier und da und überall.
Aber als sich dann endlich zum Schluss die Himmelstore öffneten, als die Engelschöre in den süßen Tönen der Gnade in Pajalas Kirche ertönten und die Erde erbebte und die Oma zum Himmlischen Vater geleitet wurde, da erbebten die Frauen vor Schauder, schluchzten, seufzten und umarmten einander im Namen des Herrn, in Jesu Namen und Blut, und die Emporen und Gänge dufteten nach frisch geschnittenem Gras, und das Kirchengebäude wurde um einen halben Zentimeter von seinen
Grundfesten angehoben, um sogleich wieder mit einem gewaltigen, brüllenden Dröhnen herunterzufallen. Und die Rechtgläubigen sahen auch das Licht, das Licht des Paradieses, als wenn man in einer lautlosen Sommernacht mitten im Schlaf ganz kurz seine Augen öffnet, man öffnet die Augen zum Fenster hin und sieht den milden Widerschein der Sommernachtssonne am Nachthimmel, nur für einen Augenblick im Traum, bevor man sie wieder schließt. Und am Morgen, wenn man aufwacht, ist nur
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